# taz.de -- +++ Ticker zum 1. Mai +++: Friedliche Feste, wenige Randale | |
> In Berlin und Hamburg demonstrierten tausende Menschen am 1. Mai-Abend | |
> auf den Straßen. Bis auf wenige Randale blieb es friedlich. In Hamburg | |
> wurde das Schanzenviertel abgeriegelt. | |
Bild: In Hamburg setzte die Polizei Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein | |
In Berlin und Hamburg klingt das 1.-Mai-Wochenende aus. Auf dem Kreuzberger | |
Mariannenplatz in Berlin dominierte bis in den späten Abend hinein das | |
friedliche "Myfest" mit tausenden Teilnehmern. Auf 18 Bühnen wurde von Jazz | |
bis Punk praktisch jeder Musikgeschmack bedient. Daneben boten Stände | |
kulinarische Köstlichkeiten aller Länder an. | |
Die für 18 Uhr angesetzte "Revolutionäre 1. Mai-Demo" machte dem grünen | |
Bezirksbürgermeister Franz Schulz vor Beginn keine Sorgen. "Ich habe | |
grundsätzlich kein Problem mit der Demo. Solange sie friedlich bleibt, | |
können die Autonomen demonstrieren“, sagte er. Ganz friedlich blieb sie | |
dann aber nicht. | |
Nach einer taz-Zählung nahmen knapp 10.000 Menschen an der Demo vom | |
Kottbusser Tor Richtung Südstern teil. Immer wieder explodierten Böller und | |
die Menge skandierte "Splitterbombe, Splitterbombe, hey, hey!" als | |
Anspielung auf eine vermeintliche Splitterbombe, die im letzten Jahr auf | |
einer Demo explodiert sein soll. | |
Auf der Werbellinstraße kam es zu kurzen aber heftigen Zusammenstößen | |
zwischen Polizisten und Demonstranten. Zwei Hundertschaften der Polizei | |
gerieten kurzzeitig in einen Hinterhalt und wurden heftig bedrängt. Kurze | |
Zeit später vermeldete die Polizei: "Die Demo ist offiziell aufgelöst." | |
Laut Polizei zog sich der Veranstalter zurück, weil er die Situation nicht | |
mehr im Griff hätte. Das Ende der Demo wurde auf den Hermannplatz verlegt. | |
Dort kam es zu weiteren Ausschreitungen. Die Menge verlief sich aber mit | |
der Zeit und sammelte sich am späten Sonntagabend rund um das Kottbusser | |
Tor. | |
Dort war die Stimmung relativ ruhig und geprägt von Schaulustigen. Nach den | |
Konflikten am frühen Abend, bei denen vor allem der Schwarze Block äußerst | |
aggressiv gegen Polizisten vorging, war hier jetzt die Polizei der | |
Provokateur. Laut Aussagen eines Sanitäters wurden am Kottbusser Tor bis | |
Mitternacht hunderte Menschen behandelt, weil sie Pfefferspray abbekommen | |
hatten. Gegen ein Uhr fing die Polizei dann an, den Platz am Kottbusser Tor | |
massiv zu räumen. | |
Auch in Hamburg gab es in der Nacht kurze Krawalle. Nach einer Mai-Demo von | |
der Roten Flora zum Altonaer Bahnhof kam es in der Schanzenstraße zu | |
Rangeleien, Flaschenwürfen und gezündeten Böllern. Die Polizei setzte | |
kurzzeitig Wasserwerfer ein. Das Konzept der Polizei, das gesamte | |
Schanzenviertel als Sperrgebiet zu bezeichnen, ging auf. Viele Gastwirte | |
beklagten sich jedoch am Abend, da sie keine Gäste bekamen. Viele | |
Jugendliche mussten an den Grenzen des Sperrgebiets ihre Personalien | |
vorzeigen und wurden fast allesamt mit der Begründung abgewiesen, sie | |
"sähen eben so aus". | |
Damit geht ein Wochenende zu Ende, dass in Hamburg und Berlin weit hinter | |
den Befürchtungen zurückblieb. | |
****** | |
1.17 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor/Skalitzer Str. | |
Die Polizei schiebt weiter die verbliebenen Demonstranten auf dem Platz am | |
Kottbusser Tor gen Osten in die Skalitzer Straße. Der Großteil der Menschen | |
ist aber schon nach Hause gegangen. Auch auf dem Myfest ist | |
Feierabendstimmung. | |
1 Uhr: Berlin, Oranienstraße | |
Die Straßen leeren sich. Es bleiben Berge von Pappbechern, leere Flaschen | |
und Essensreste. Sie werden in großen Haufen vor den Bühnen | |
zusammengekehrt. Die Musik ist aus. Nur vor dem "Lucia" fordern | |
Hartgesottene eine Zugabe. Es gibt langsam wieder Platz auf den Straßen. | |
Auch die Hells Angels sitzen auf ein Feierabendbier im Jodelkeller. | |
0.47 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor/Skalitzer Str. | |
Die Polizei drängt jetzt die Demonstranten in Richtung Skalitzer Straße ab. | |
Ein Demonstrant schubst einen Polizisten leicht, der reagiert erneut sofort | |
mit Pfefferspray. Doch diesmal trifft er daneben. Der Demonstrant läuft | |
fort, aber ein Polizeikollege hat die Ladung Pfefferspray ins Gesicht | |
bekommen. Er krümmt sich und wird von seinem Kollegen weggebracht. | |
0.41 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Das provisorisch eingerichtete Sanitätszentrum muss jetzt abgebaut werden. | |
Die Sanitäter stützen Verletzte und bringen sie fort. Anscheinend hat die | |
Polizei gedroht, das Areal hier gleich zu räumen. | |
Mitten in der unübersichtlichen Lage fahren jetzt Polizeiwannen in die | |
Menschenmenge. Was sie bezwecken wollen, ist nicht abzusehen. Wiederholt | |
werden Böller gezündet. | |
0.38 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Auch im Sanitätszentrum wird die Situation unübersichtlich. In einer | |
ruhigen Ecke haben Sanitäter eine Verletztenversorgung eingerichtet. Jetzt | |
stürmt die Polizei auch hier durch die Gruppe der Verletzten und Sanitäter. | |
Ein Sanitäter regt sich auf: "Bei jeder dieser Augenverletzungen durch | |
Pfefferspray handelt es sich um eine akute Verletzung der Hornhaut, die | |
bleibende Schäden hinterlassen kann. Das ist vielen häufig gar nicht | |
bewusst, weil es meist nicht so dargestellt wird. Hier geht die Polizei | |
ganz schön lässig mit dem Gewaltmonopol um." Er geht davon aus, dass die | |
Sanitäter hier rund 60 Menschen pro Stunde, die vom Pfefferspray getroffen | |
wurden, behandelt haben. Und die ersten Opfer kamen schon vor vielen | |
Stunden. | |
0.31 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Es sieht so aus, als hätte die Polizei jetzt ihre Strategie geändert. Sie | |
hat eine breite Polizeikette gebildet und drängt die Demonstranten jetzt | |
sehr aggressiv unter der U-Bahn-Unterführung weg. Dabei geht sie massiv mit | |
Pfefferspray gegen alle vor, die ihr im Weg stehen. Weitere dutzende | |
Menschen müssen behandelt werden. Einige Verletzte bluten aus der Nase. | |
Teilweise reagieren die Demonstranten mit Flaschenwürfen. Anscheindend hat | |
die Polizei damit ihre Schlendertaktik aufgegeben. | |
0.26 Uhr: Berlin, Mariannenplatz | |
Nach der gefühlten 20. Zugabe hat sich auch hier die Skaband von der Bühne | |
verabschiedet. Die Menschen geben noch ihre leeren, mit Antifa-Logo | |
bedruckten Becher ab. Es gibt schließlich einen Euro Pfand. | |
0.15 Uhr: Hamburg, Rote Flora | |
Im Schanzenviertel ist ungewohnte Stille. Die Polizei zieht ab. | |
00.05 Uhr: Hamburg, Rote Flora | |
Die gesamte Straße ist fast menschenleer. Das Konzept der Polizei, das | |
gesamte Viertel als Sperrgebiet zu bezeichnen, ist aufgegangen. Viele | |
Gastwirte haben sich am Abend beschwert, dass keine Gäste kommen konnten. | |
Viele Jugendliche mussten an den Grenzen sofort ihre Personalien angeben. | |
Als Begründung wurde oft angeführt: "Sie sehen eben so aus". Nach den | |
kurzen, aber heftigen Auseinandersetzungen beruhigte es sich auch in den | |
Nebenstraßen, die etwas entfernt vom S-Bahnhof Sternschanze liegen. Einige | |
vermeintliche Randalierer nahm die Polizei fest. ging dabei aber nicht | |
gerade zimperlich vor. | |
23.59 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Laut Aussagen eines Sanitäters wurden bislang allein am Kottbusser Tor mehr | |
als 150 Menschen behandelt, weil sie Pfefferspray abbekommen haben. | |
23.47 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Unterhält sich ein älterer Punk mit rotem Iro mit einem der Polizisten. | |
"Sag mal, was ist denn hier eigentlich los?", fragt der Punk. "Siehst du | |
doch", sagt der Polizist und deutet auf die Menge. "Aber ich versteh nicht, | |
was hier abgeht", fragt der Punk wieder. "Wes ick och nich", berlinert der | |
Polizist zurück. Darauf der Punk: "Ist doch so. Da nehmt ihr einen fest, | |
dann rempelt ihr wieder und so weiter. Das ist doch ein Scheißspiel, oder?" | |
"Ja, kann man so sagen", antwortet der Polizist. Dann legt der Punk seinen | |
Arm auf die Schulter des Beamten und ein Kumpel macht Erinnerungsfotos. | |
23.37 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Es ist ein elendiges Bild. Immer wieder geht die Polizei massiv mit | |
Pfefferspray gegen Umherstehende vor. Immer wieder spritzt sie das Spray in | |
die Augen. Es sind längst Dutzende, die von Sanitätern behandelt werden | |
müssen. Doch oft ist unklar, ob es die Richtigen trifft. | |
23.30 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
"Hier ist Feierabend", ruft der Türsteher vor dem Festsaal Kreuzberg, | |
einige hundert Meter vom Kottbusser Tor entfernt. Er will keinen mehr rein | |
lassen. Auf dem Gelände läuft Techno und bunte Lichter erhellen die | |
Szenerie. Auf dem Bordstein mischen sich Konfetti und Scherben. | |
23.25 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/S-Bahnhof Sternschanze | |
Die Straßensperre an der Sternschanze wurde aufgehoben. Die Situation | |
scheint sich zu beruhigen. | |
23.20 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Die Polizei setzt ihre seltsame Strategie am Kottbusser Tor fort. Scheinbar | |
planlos geht sie durch die Menge, versprüht Pfefferspray und schubst | |
Menschen aus dem Weg. Westlich des U-Bahn-Eingangs werden gerade ein halbes | |
Dutzend Menschen von Sanitätern behandelt, sie wurden schwerstens vom | |
Pfefferspray getroffen. Gerade wird ein älterer Mann vorbeigetragen, der | |
sich kaum noch auf den Beinen halten kann. | |
23.15 Uhr: Berlin, Oranienstraße | |
Dass die müden Anwohner, die den ganzen Tag ein gutes Geschäft mit | |
Getränken und selbstgemachtem Essen gemacht haben, jetzt nach Hause gehen | |
wollen, zeigt sich daran, dass die Preise an den Ständen purzeln. Das Bier | |
ist billiger geworden und den Obstsalat gibt es im Sonderangebot. Zuvor | |
hatte eine Portion noch 3 Euro gekostet. Jetzt gibt es zwei Portionen für | |
2,50 Euro. Aber die Ananas schmeckt auch oll. | |
23.09 Uhr: Berlin, Oranienstraße | |
Hier ist noch immer Volksfeststimmung. In vielen Pavillons und auf | |
Ladeflächen von Lkws spielen Bands für die Anwohner im Kiez. Es überlagern | |
sich die Rhythmen: Dort Hip-Hop, hier Punk, weiter hinten spielt eine | |
Reggeaband. Tausende feiern. | |
23.05 Uhr: Berlin, Mariannenplatz | |
Auf der Antifa-Bühne wird internationaler Ska gespielt. Mehrere hundert | |
Leute sind noch da, viele tanzen. Neben der Bühne sitzen die Leute auf | |
allen Etagen eines Baugerüstes und schauen zu. | |
23 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/S-Bahnhof Sternschanze | |
Die Polizei geht weiterhin mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten auf | |
der Straße vor. Zudem kommen immer mehr sogenannte Festnahmeeinheiten zum | |
Einsatz. Die Polizei setzt auch Hunde ein. | |
22.50 Uhr: Hamburg | |
Der Pressesprecher der Hamburger Polizei, Holger Vehren, gibt erste Zahlen | |
durch. Die revolutionäre Demo wurde um halb zehn Abends offiziell | |
aufgelöst. Es sollen noch 200 Demonstranten an der S-Bahn Sternschanze | |
sein. Bis 22 Uhr gab es 20 vorläufige Festnahmen, 20 Personen wurden in | |
Gewahrsam genommen und 100 Demonstranten bekamen Aufenthaltsverbote. | |
Trotzdem spricht die Polizei von einer weitgehend friedlichen | |
Demonstration. | |
22.49 Uhr: Hamburg, Schäferstraße | |
Etwa 100 Meter vom Schanzenviertel entfernt, versuchen schwarz Vermummte, | |
Barrikaden aufzubauen und anzuzünden. Teilweise ist die Straße bereits in | |
Rauchnebel verhüllt. Polizisten rennen eiligst durch die kleinen Straßen | |
und versuchen, die Gruppe zu kriegen. Ab und zu hört man es laut knallen. | |
22.45 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Nach einem konfliktreichen frühen Abend, an dem vor allem der Schwarze | |
Block äußerst aggressiv gegen Polizisten vorging, ist hier jetzt die | |
Polizei der Provokateur. Die Stimmung ist relativ ruhig, geprägt von | |
Schaulustigen. Doch Polizeieinheiten bieten eine gute Angriffsfläche. | |
Gerade greifen sie gezielt einen Demonstranten heraus, nehmen ihn fest. | |
Gegen alle Umherstehenden gehen sie mit Pfefferspray vor. Sofort explodiert | |
ein Böller. Sanitäter behandeln die Augen von Pfefferspray-Opfern. | |
22.40 Uhr: Hamburg, S-Bahnhof Sternschanze | |
Nachdem Polizisten gezielt eine Person herausgriffen, die auf dem Boden vor | |
den Wasserwerfern lag, flogen Gegenstände. Die Polizei hatte zuvor gewarnt, | |
dass wenn Gegenstände fliegen, die Wasserwerfer sofort eingesetzt werden. | |
Das machten sie auch und stürmten gleichzeitig auf die Demonstranten zu. Es | |
kam zu Handgemengen und Schubsereien. Die Polizei rückt weiter in der | |
Straße vor. | |
22.34 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Man könnte es eine Latenzphase nennen. Oder einfach "Die besoffene | |
Zentrale". Die meisten der vielen Menschen, die am Kottbusser Tor stehen, | |
haben schwer einen im Tee und picheln fröhlich weiter. So richtig politisch | |
sieht das nicht aus. Obwohl: Hier ist wohl auch das Saufen politisch. | |
22.30 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Was das Polizeikonzept am Kottbusser Tor ist, lässt sich schwer sagen. Wie | |
in einem Kreisverkehr laufen Hundertschaften umher. Sie drängen durch die | |
Menge und schubsen alle weg, die ihnen im Weg stehen. Doch der Ringelpiez | |
der Hundertschaften geht nicht nur in eine Richtung: Kreuz und quer stoßen | |
die Truppen durch die Menge. Die Masse reagiert aufgebracht. Vereinzelt | |
fliegen Flaschen. Es kommt zu Festnahmen und die Polizei setzt Pfefferspray | |
ein. | |
22.24 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Auch schön: Eigentlich ist das ja eine Treppe, die zur oberirdischen U-Bahn | |
hinaufführt. Jetzt ähnelt es eher einer Fantribühne. Schaulustige tummeln | |
sich auf der Treppe, weil sie hier einen guten Ausblick auf den Platz am | |
Kottbusser Tor haben. Hier warten sie auf spannende Szenen. Und sie | |
bekommen ihre Szene. Ein riesiger Böller explodiert inmitten einer | |
Polizeieinheit, die schon seit einiger Zeit in die Gruppe der Demonstranten | |
versucht vorzudringen. | |
22.20 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Drei schwarz gekleidete Typen mit grün-schwarzen Fahnen laufen durch die | |
Menge. Nicht nur die Polizisten gucken komisch. Sie seien von der | |
"Überpartei", die vor Kurzem mit der "Bergpartei" zur "Bergpartei, die | |
Überpartei" fusioniert seien. Es ginge um Ökoanarchismus. Sie wollen jetzt | |
noch einmal versuchen, eine Spontandemo hinzukriegen, stoßen aber auf | |
Unverständnis. | |
22.18 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
"Bundestag, du Hurensohn" steht auf einem Plakat, das ein offenbar | |
humorvoller Demonstrant schon seit langem hinter einer Polizeieinheit | |
herträgt, die wie eine von vielen am Kottbusser Tor Patrouille läuft. Wo | |
auch immer die Beamten hinlaufen, der Mann folgt ihnen. Ein paar Meter | |
weiter kommt es zu einer leichten Rangelei zwischen Demonstranten und | |
Polizisten, die miteinander diskutieren. Fotografen suchen nach Motiven. | |
22.14 Uhr: Berlin, Kottbusser Tor | |
Ein Trupp Polizisten geht durch die Menge. Ein Typ am Rand ruft "Ey, guckt | |
böse!" Die Polizisten gucken böse. Ein paar Meter weiter steht Franz | |
Schulz, der Grüne Bürgermeister von Friedrichshain/Kreuzberg. Er wundert | |
sich auch, wie friedlich es ist. Traut dem Braten aber noch nicht so recht. | |
22.07 Uhr: Hamburg, Schanzenstr./Bahnhof | |
Die Polizei gibt über Wasserwerferlautsprecher bekannt, dass sie nicht | |
gewillt sei, heute Menschen in das Schanzenviertel zu lassen. Anwohner | |
kommen mit Ausweis hinein. Sie begründen das mit der Verordnung, dass das | |
Schanzenviertel zum Gefahrengebiet erklärt worden ist. An der Sternschanze | |
ist mehrfach angedroht worden, die Wasserwerfer einzusetzen, wenn die | |
Anwesenden sich nicht entfernen. Und selbiges gilt für die Sperre in der | |
Lagerstraße. | |
22.04 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Die Brücke ist wieder frei passierbar. | |
22 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Zwischen Kottbusser Brücke und Hermannplatz ist nichts los, außer unzählige | |
Polizisten, die vollkommen entspannt Heißgetränke trinken und rauchen. Am | |
Imbiss nördlich der Kottbusser Brücke spielt eine türkische Band Folklore. | |
Eine junge Türkin mit hohen Stiefeln tanzt ausgelassen Bauchtanz auf einem | |
der Tische. | |
21.50 Uhr: Berlin, Reichenberger/Mariannenstr. | |
Im Spätkauf wird fleißig Bier verkauft. Aber wegen des Glasflaschenverbots | |
füllt der Besitzer das Bier in Plastikbecher um. An einem Imbiss hat die | |
Polizei eine Pinkelpause eingelegt. Kollegen bewachen den Zugang. Vom | |
Görlitzer Park dröhnt entfernt Elektromusik herüber. Dort ist eine große | |
Party. | |
21.46 Uhr: Berlin | |
Auf Nachfrage der taz sagt ein Pressesprecher der Polizei, dass sie noch | |
keine Zahlen zu Verletzten und Festnahmen haben. Auch für eine Einschätzung | |
der Situation im Verhältnis zu den Vorjahren sei es noch zu früh, so der | |
Sprecher. | |
21.40 Uhr: Hamburg, Schanzenstr/Kleiner Schäferkamp | |
Nachdem stundenlang versucht wurde, das Schanzenviertel abzuriegeln, sind | |
nun zwei Wasserwerfer von der Schanzenstraße abgezogen worden. Mit | |
Blaulicht sind sofort andere Einsatzkräfte hinterher gefahren. Viele | |
Demonstranten der aufgelösten Kundgebung kommen nun in das Schanzenviertel. | |
21.35 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Relativ Ruhig. Von Süden kommen zahlreiche Kleingruppen, die in Richtung | |
Kottbusser Tor laufen. | |
21.35 Uhr: Berlin, Paul-Lincke-Ufer/Ohlauer Straße | |
Der Rückweg zurück nach Kreuzberg wird für die Massen schwierig. | |
Offensichtlich war die Brücke vom Kottbusser Damm auf die Kottbusser Straße | |
gesperrt. Eine Brücke weiter an der Ohlauer Straße wird man nur nach | |
Personenkontrollen über den Kanal gelassen. | |
21.33 Uhr: Berlin, Hermannstraße | |
Die Polizei schätzt die Lage offensichtlich nicht mehr so schlimm ein: Zwei | |
Wasserwerfer und zwei Räumfahrzeuge fahren die Herrmannstraße in Richtung | |
Süden herunter, weg von den Demonstranten also. Die bewegen sich gerade auf | |
dem Kottbusser Damm in Richtung Kottbusser Tor. Im Vorbeifahren riecht es | |
nach Tränengas. Vielleicht sind die Wasserwerfer auch nur alle. | |
21.30 Uhr: Hamburg, Altonaer Str./Weidenallee | |
Nachdem die Polizei die Demo erneut gestoppt hat, soll die | |
Abschlusskundgebung vorverlegt werden. Nach der Kundgebung soll die Demo | |
aufgelöst werden. Schon jetzt wandern Menschen ab. | |
21.20 Uhr: Hamburg, S-Bahnhof Sternschanze | |
Auch hier stehen schon viele Polizeikräfte bereit. Zu hören ist auch schon | |
der Einsatzlärm gegen die Demonstration. Einer der wenigen Passanten, der | |
hier noch unterwegs ist, sagt: "So leer habe ich das Schanzenviertel seit | |
Jahren abends nicht mehr erlebt." | |
21.21 Uhr: Berlin, Graefekiez, Kottbusser Damm | |
Überall strömen Gruppen von Polizisten und Demonstranten in Richtung | |
Kottbusser Tor, der Verkehr liegt indes lahm. Der Kottbusser Damm ist | |
praktisch zur Hälfte mit Polizeifahrzeugen gefüllt. | |
21.20 Uhr: Berlin, Kottbusser Damm | |
Die eigentlich aufgelöste Demo ist noch immer in Bewegung. Die tausenden | |
Menschen, die über die Hasenheide, die Jahnstraße und dann die | |
Schönleinstraße die Polizeiabsperrungen am Herrmannsplatz umgangen sind, | |
befinden sich jetzt wieder auf dem Kottbusser Damm. Die riesige, fast nicht | |
überschaubare Menge ist jetzt auf dem Weg Richtung Kottbusser Tor bzw. | |
Kreuzberg. | |
21.15 Uhr: Hamburg, Altonaer Str./Weidenallee | |
Nach den zwei Festnahmen lässt die Polizei die Demonstration jetzt | |
weiterziehen. | |
21.15 Uhr: Hamburg, Altonaer Str. /Weidenallee | |
Die Polizei hat die revolutionäre Demo gestoppt und ist mit Eingreiftrupps | |
in den Demozug hineingegangen, um zwei mutmaßliche Böllerwerfer | |
festzunehmen. Dabei wurde teilweise Pfefferspray eingesetzt. | |
21.08 Uhr Berlin, Hasenheide/Jahnstraße | |
Viele Tausend Menschen sind vom Hermannplatz die Hasenheide entlang | |
weitergezogen und biegen nun in die Jahnstraße ein. Sie gehen Richtung | |
Graefekiez. Polizei-Hundertschaften begleiten die Menge. Ein Mann betritt | |
ein Baustellengelände mit einem Dixieklo. Doch es ist unklar, ob er sich am | |
Baustellenzaun vergreifen will oder nur pinkeln möchte. Sofort greift eine | |
Einheit zu und zieht ihn aus dem Areal. Eine nebenstehende Demonstrantin | |
spuckt einen Polizisten an. Der greift sie sofort an der Kehle. Die Straße | |
ist überfüllt mit Menschen. Pech hat nur ein ortsfremder Autofahrer, der | |
gemeinsam mit anderen Autos die Straße entlang fahren wollte. Der | |
ökologische Vorteil: Autofahren lohnt sich hier heute nicht mehr. Es geht | |
keinen Meter voran. | |
21.00 Uhr: Berlin, Mai-Demo | |
Diese Durchsage wirkt hilflos und mutig: Ein Polizeisprecher sagt über | |
einen Lautsprecher an, dass die Demo schon längst beendet sei und die | |
Straße bald für den Verkehr freigeben werden soll. Doch hier lassen sich | |
nicht mal Fahrräder schieben. Der Platz ist noch immer voll mit Tausenden | |
von Menschen. Doch immerhin eins hat sich beruhigt: Die Blockade, die hier | |
zuvor von der Karl-Marx-Straße bestand ist, aufgelöst. Südlich des | |
Hermannplatzes kann man sich jetzt in alle Richtungen bewegen. Allein der | |
Hermannplatz selbst, und damit der Zugang in Richtung Kreuzberg ist weiter | |
abgesperrt. | |
21.00 Uhr: Hamburg, Schulterblatt / Rote Flora | |
Das Schulterblatt ist selten so leer wie an diesem Abend. In vielen der | |
Restaurants und Kneipen sind nur vereinzelt Gäste. Die Präsenz der Polizei | |
dominiert das Straßenbild. In einem Bus der HVV sitzen Jugendliche, die von | |
der Polizei aus dem Viertel heraus eskortiert werden sollen. Sind vorgeher | |
an der Roten Flora festgenommen worden. | |
20.55 Uhr: Berlin, Mai-Demo | |
Heftiger Übergriff. Eine Gruppe behelmter Polizisten steht in der Menge am | |
Straßenrand in der Karl-Marx-Straße. An einer Häuserwand stehen ein paar | |
Menschen. Hier im unmittelbaren Umfeld hat sich nichts ereignet. Plötzlich | |
zeigt ein Polizist auf einen Mann in einem weißen Kapuzenpullover, der an | |
einer Häuserwand lehnt. Die Eingriffstruppe stürmt auf ihn zu. Ein Polizist | |
schlägt ihm fünf Mal mit der Faust in den Magen. Der Mann krümmt sich, | |
fällt zu Boden. Dann wird er festgenommen und abgeführt. Was auch immer er | |
getan hat, verhältnismäßig können diese Schläge nicht gewesen sein. | |
20.58 Uhr: Hamburg, Altonaer Straße | |
Der Demozug setzt sich wieder in Richtung Sternschanze in Bewegung. | |
20.52 Uhr: Berlin, Mai-Demo | |
Die Polizei gibt bekannt, dass 9.000 Menschen an der Demo teilnehmen. Das | |
deckt sich fast mit der taz-Zählung. Wir haben vor einer Stunde 10.000 | |
Demonstranten gezählt. Über die genaue Zahl der bisherigen Festnahmen kann | |
die Polizei noch keine Auskunft geben. | |
20.46 Uhr: Berlin, Karl-Marx-Straße/Hobrechstraße | |
Die Polizei hat mit Hilfe eines Hand-Megaphons durchgegeben, dass der | |
Kessel jetzt langsam wieder geöffnet wird. | |
20.46 Uhr: Hamburg, Max-Brauer-Allee/Schulterblatt | |
Der Demozug hat erneut angehalten, zwei Wasserwerfer stehen parat. Die | |
Demoteilnehmer werden von der Polizei aufgefordert, die Vermummung | |
abzunehmen und keine Böller mehr zu zünden. | |
20.45 Uhr: Berlin, Hermannplatz/Karl-Marx-Straße | |
Die Polizei stößt in die Karl-Marx-Straße vor und treibt die Menge zurück. | |
Die Teilnehmer wollen sich jedoch nicht vertreiben lassen. Die Situation | |
ist jetzt sehr unübersichtlich. Es werden immer wieder Personen | |
herausgegriffen, manchmal in Folge einer direkten Auseinandersetzung, | |
manchmal auch dem Augenschein nach ohne einen konkreten Anlass. Immer | |
wieder bilden die Demonstranten Reihen und rücken wieder Richtung | |
Hermannplatz vor. | |
20.41 Uhr: Berlin, Hermannplatz | |
Demonstranten haben bengalische Feuer entzündet. Die Polizei geht scharf | |
gegen sie vor und setzt dabei auch Pfefferspray ein. Einige Demonstranten | |
ziehen sich zurück, weil ihre Augen tränen oder die Nase blutet. Mindestens | |
eine Person wird festgenommen. | |
20.37 Uhr: Berlin, Hermannplatz | |
Tausend Demonstranten stehen am Hermannplatz. Hier geht es für sie nicht | |
weiter. Es ist eine Sackgasse. Die Polizei hat den Ort hermetisch | |
abgeriegelt und drei Wasserwerfer in Stellung gebracht. Demonstranten | |
werfen mit Flaschen und haben einen stark qualmenden Gegenstand in Richtung | |
der Polizei geworfen. | |
20.30 Uhr: Berlin, Karl-Marx-Straße | |
Der neue Demoleiter und die Polizei haben sich darauf geeinigt, dass die | |
Demo jetzt bis zur Hasenheide gehen soll. Der neue Demoleiter erklärt, ihm | |
gehe es vor allem darum, dass die Leute sicher nach Hause kommen und nicht | |
in der Gefangenensammelstelle landen. Dafür müsse man schon mit der Polizei | |
reden und Absprachen treffen, auch wenn es ihnen eigentlich nicht passe. | |
Der Herrmannplatz ist rappelvoll mit Polizeiwagen. Es ist fraglich, wie die | |
Demo da vorbeikommen soll. | |
20.24 Uhr: Berlin, U-Bahnhof Rathaus Neukölln | |
Die Demo ist offiziell aufgelöst. Laut Polizei hat sich der Veranstalter | |
zurückgezogen, weil man die Situation nicht mehr im Griff habe. Mit einem | |
offensichtlich spontan hinzu gekommenen Ersatzsprecher der Demo, wurde | |
offenbar vereinbart, dass der Zug nun am Hermannplatz enden solle. | |
20.20 Uhr: Berlin, U-Bahnhof Rathaus Neukölln | |
Die Veranstalter wollen offenbar die Demostrecke verkürzen. Es laufen | |
gerade Verhandlungen mit den Kontaktbeamten, ob der Hermannplatz als | |
Endpunkt infrage käme. Der Beamte sagt, er frage nach, betont aber | |
zugleich, dass nach Vorgesprächen der Hermannplatz als Abschlusspunkt | |
definitiv ausgeschlossen worden sei. | |
20.18 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/Max-Brauer-Allee | |
Die Polizei hat zwei weitere Wasserwerfer direkt hier vorfahren lassen. | |
Viele Einsatzkräfte stehen bereit. Jugendliche und junge Erwachsene werden | |
sowohl hier am Schulterblatt als auch am Schulterblatt/Am Grünen Jäger | |
gezielt angesprochen und ihre Personalien sofort festgestellt. Ein Mädchen | |
sagt lächelnd: "Ich bin ja auch extrem gefährlich." Sie schwenkt ihre | |
Handtasche und meint, da müssen wir wohl woanders Party machen, denn die | |
Polizei weist sie ab. | |
20.16 Uhr: Berlin, U-Bahnhof Rathaus Neukölln | |
Blasmusik. Schon wieder Blasmusik. Eine fünfköpfige Kombo mit Trompete, | |
Tuba und Trommeln spielt "A las Barricadas". Die Demonstranten lächeln. | |
Direkt daneben stürmt die Polizei in die Demonstration und nimmt Menschen | |
fest. | |
20.11 Uhr: Berlin, Rathaus Neukölln | |
Die Demo läuft wieder. Die Polizei hat allerdings ihre Strategie der | |
vollkommenen Zurückhaltung aufgegegben. In den Seitenstraßen ist Blaulicht | |
zu sehen, Eingreiftrupps sind deutlich präsenter. Der Schwarze Block wird | |
links und rechts von Polizeiketten begleitet. Vom Lautsprecherwagen werden | |
die Demoteilnehmer aufgefordert, sich nicht von der Polizei provozieren zu | |
lassen: "Wir wollen den Abschlussplatz am Südstern erreichen." | |
20.09 Uhr: Berlin, Werbellinstr./Karl-Marx-Straße | |
Demo läuft wieder. Es gab mehrere Festnahmen. | |
20.07 Uhr: Hamburg, Max-Brauer-Allee | |
Die Demonstranten werden unglaublich eng von den bayerischen Polizisten | |
zusammengedrängt. Die Polizisten stehen in Fünferreihen und rücken langsam | |
vor. | |
20.01 Uhr: Berlin, Werbellinstr. | |
Die Polizei hat sich aus der Demo wieder zurückgezogen. Die Lage hat sich | |
etwas beruhigt und die Demonstration formiert sich neu. Die eingekesselten | |
Polizisten wurden inzwischen von ihren Kollegen befreit. | |
19.55 Uhr: Berlin, Werbellinstr./Karl-Marx-Straße | |
Die Demo wurde angehalten und läuft sogar rückwärts. Die Polizei steht auf | |
der Straße. Tränengas liegt in der Luft. Eine Bushaltestelle ist zerstört. | |
19.55 Uhr: Werbellinstr. | |
Jetzt stoßen die Polizisten in die Menge vor, um sich den Angriffen zu | |
widersetzen. Tausende aufgebrachte Demonstranten und zwei Hundertschaften | |
der Polizei stehen sich gegenüber. Die Polizisten werden noch immer scharf | |
attackiert mit heftigen Stein- und Flaschenwürfen. Jetzt rücken mehrere | |
Polizeihundertschaften der Demo entgegen, um ihren Kollegen zu helfen. Von | |
einer Demo lässt sich kaum noch sprechen. Viele Menschen versuchen | |
schockiert die Straße zu verlassen, schaffen das aber kaum. | |
19.51 Uhr: Berlin, Werbellinstr. / Hans-Schiftan-Straße | |
Hier sind zwei Hundertschaften der Polizei in einen Hinterhalt geraten. Die | |
Situation eskaliert: Die Polizisten werden sofort von allen Seiten umringt, | |
mit Steinen und Flaschen beworfen und Raketen auf sie abgefeuert. Die | |
Polizei ist völlig hilflos. Es verwundert, dass sie nicht abgezogen werden. | |
19.50 Uhr: Hamburg, Max-Brauer-Allee/Holstenstraße | |
Die Demonstration zieht jetzt weiter und erreicht das von der Polizei für | |
heute, 19-5 Uhr, ausgerufene Gefahrengebiet rund um das Schanzenviertel, | |
Karolinenviertel, St. Pauli und Teile von Altona. Nach Hamburger | |
Polizeirecht ist es dort für die Polizei möglich, verdachtsunabhängige | |
Personenkontrollen durchzuführen. Also Personalien zu überprüfen, in die | |
Taschen schauen oder Platzverweise aussprechen - ohne konkrete | |
Anhaltspunkte zu haben. Nach taz-Schätzungen liegt die Teilnehmerzahl bei | |
2.000 Menschen. | |
19.44 Uhr: Berlin, Hermannstraße | |
"Wem gehört die Stadt" steht auf einem Transparent, das ein Mann mit einer | |
blauen Perücke vom Balkon gelassen hat. Er schwenkt dazu eine schwarze | |
Fahne. Von einem anderen Balkon winken schwarz Vermummte. Auf ihrem | |
Transparent steht: "Neukölln gegen alle kapitalistischen Spielarten". 19.40 | |
Uhr: Hamburg, Rote Flora Vor der Flora sind bereits vier Wasserwerfer | |
aufgefahren. Direkt vor dem Haus hat die Polizei schon jetzt mindestens 15 | |
Jugendliche mit Migrationshintergrund festgesetzt. Ein Bearbeitungstrupp | |
der Polizei "kümmert" sich. | |
19.40 Uhr: Berlin, Sonnenallee/Fuldastraße | |
Der Demonstrationszug ist in die Fuldastraße eingebogen, Polizei ist nicht | |
zu sehen. Der schnelle Start hat sie wohl abgehängt, zumindest an der | |
Spitze. Jetzt geht es über die Sonnenallee in die Fuldastraße und dann | |
weiter in die Karl-Marx-Straße. | |
19.40 Uhr: Berlin, Flughafenstraße | |
Auf dem Balkon im vierten Stock eines Hauses in der Flughafenstraße stehen | |
Alt-Anarchos und verschaffen sich neue Freunde. Eine Piratenflagge weht auf | |
ihrem Balkon und sie lassen ein Feuerwerk steigen. Eine Rakete nach der | |
anderen werden von den Tausenden, die durch die Straße ziehen, bejubelt. | |
Ein paar Häuser weiter haben sich Demonstranten auf das Dach gestellt und | |
ein riesiges Banner entrollt mit dem Slogan: "Steigende Mieten stoppen". | |
Die Stimmung im Demozug ist teilweise sehr aggressiv. Menschen am | |
Straßenrand werden angepöbelt, manche grob beiseite geschubst. | |
19.40 Uhr: Hamburg: Max-Brauer-Allee | |
Die Demo wurde angehalten, weil die Polizei Vermummung einzelner Teilnehmer | |
erkannt haben will. Die Demo-Leitung fordert, den Weg wieder freizugeben. | |
Am Ende des Zuges läuft ein Demonstrant mit einem Plakat auf dem steht: | |
"Schluss mit dem plutokratischen, kapitalistischen Schweinesystem! | |
19.33 Uhr: Berlin, Karl-Marx-Straße/Fuldastraße | |
Hier kippt gerade die Stimmung: Eine Berliner Volksbank und eine | |
Commerzbank befinden sich an der Staßenecke. Doch die Scheiben der Berliner | |
Volksbank sind Vergangenheit. Autonome werfen mit Steinen in die Bank, | |
andere haben die Schaufenster der Commerzbank angegriffen. Auch die | |
Fassaden der Neukölln-Arkaden werden beschädigt. | |
19.30 Uhr: Berlin, Revolutionäre 1. Mai-Demo | |
Nach einer ersten taz-Zählung nehmen knapp 10.000 Menschen an der Demo vom | |
Kottbusser Tor zum Südstern teil. Die Demonstranten laufen sehr schnell. | |
Die Stimmung ist dynamisch. | |
19.30 Uhr: Berlin, Hermannplatz | |
Die Demo ist durch. Die Polizisten steigen in ihre Mannschaftswagen und | |
fahren ab. Auch die am Straßenrand postierten Zivilpolizisten fahren in | |
drei VW-Bussen davon. | |
19.30 Uhr: Berlin, Sonnenallee | |
Immer wieder explodieren Böller und dann setzen die hämischen Rufe ein: | |
"Splitterbombe, Splitterbombe, hey, hey!" Es ist eine Anspielung auf eine | |
vermeintliche Splitterbombe, die im letzten Jahr auf einer Demo explodierte | |
und einen Polizisten verletzte. Medien und Politiker hatten lange von einer | |
neuen Dimension linker Gewalt gesprochen, bis sich herausstellte, dass es | |
sich bei der sogenannten Splitterbombe "nur" um einen Böller handelte. Doch | |
wer die Knaller hier in der Menge explodieren hört weiß: Auch das kann ins | |
Auge gehen. | |
19.21 Uhr: Berlin, Sonnenallee | |
Die Polizei übt sich in Zurückhaltung. Entlang der Route ist kaum ein | |
Polizist zu sehen, das ist auch besser so. Denn alles andere könnte hier | |
unappetitlich werden. An der Ecke Kottbusser Damm/Sonnallee, wo einige | |
Dutzend Polizei-Wannen die Route abstecken, werden sofort Böller | |
geschmissen. Die Stimmung ist durchaus aggressiv. | |
19.16 Uhr: Berlin, Hermannplatz | |
Ah, da ist die Polizei! Der Platz ist komplett abgeriegelt. Auf mehreren | |
Hausdächern sind kleine Gruppen Beamter zu sehen. Aus einem Haus schaut | |
zwei Stockwerke unter den Polizisten ein Mann mit pinker Ski-Maske und | |
einem schwarzen und roten Puschel aus dem Fenster. | |
19.11 Uhr: Berlin, Hermannplatz | |
Hier stehen zwei Wasserwerfer. Die Türen sind offen, die Mannschaft beäugt | |
zwei Demonstranten, die daran vorbeilaufen. Sie rufen der Besatzung zu: | |
"Die setzt ihr doch heute sowieso nicht ein." Und laufen lachend davon. Der | |
Herrmannplatz Richtung Karstadt ist komplett abgeriegelt. "Achtung, Helm | |
auf", heißt es bei den Polizisten, denn die Demo vom Kottbusser Tor nähert | |
sich. | |
19.08 Uhr: Berlin, Kottbusser Damm | |
Äußerst zügig zieht die Revolutionäre 1. Mai-Demo jetzt den Kottbusser Damm | |
hinab - es sind riesige Massen, die jetzt in Bewegung sind, kaum zu zählen, | |
aber wohl mehrere tausend Menschen. Einzelne Teilnehmer sind durchaus | |
agressiv, schubsen Journalisten die auf Stromkösten stehen um die | |
Teilnehmer zu zählen. | |
19.07 Uhr: Hamburg: Max-Brauer-Allee/Goethestraße | |
Die "Revolutionäre 1. Mai-Demo" hat sich jetzt in Bewegung gesetzt mit dem | |
Schlachtruft: "Erster Mai, Straße frei, nieder mit der Polizei!" Der | |
Demozug wird begleitet an der Seite und vorn mit mehreren Hundert | |
Polizisten. Angeführt von einem Transparent "Klasse gegen Klasse. Gegen den | |
Standort Deutschland!" | |
19.16 Uhr: Berlin, Hermannplatz | |
Ah, da ist die Polizei! Der Platz ist komplett abgeriegelt. Auf mehreren | |
Hausdächern sind kleine Gruppen Beamter zu sehen. Aus einem Haus schaut | |
zwei Stockwerke unter den Polizisten ein Mann mit pinker Ski-Maske und | |
einem schwarzen und roten Puschel aus dem Fenster. | |
19.11 Uhr: Berlin, Kottbusser Damm Auf der Demo ist keine Polizei zu sehen. | |
Sie hält sich offensiv zurück. Auch in den Seitenstraße sind nur wenige | |
Beamte zu erkennen. | |
19.08 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
So schnell kann es gehen:Schon setzt sich der Demozug in Bewegung. | |
Schwunghaft schreitet der Schwarze Block mit antikapitalistischen Parolen | |
stramm voran, stets begleitet von einer Horde Fotografen. | |
19.05 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Rumstehen macht auch Spaß. Es stehen sich viele schon die Beine in den | |
Bauch, doch nichts sieht danach aus, als ob die Demo beginnen würde. Die | |
Frühabendsonne scheint den Demonstranten ins Gesicht. Viel mehr passiert | |
hier nicht. Scheint, als brauche die Revolution noch einen Schwung Anlauf. | |
18.56 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Tobias Berten, Pressesprecher der FDP-Fraktion im Berliner Senat, ist froh. | |
Ein paar Meter weiter hält eine Demonstrantengruppe Pappschilder nach oben. | |
"No CDU" steht darauf, "No SPD" oder "No Linke". Dann entdeckt Berten das | |
entscheidende Schild mit dem Schriftzug "No FDP"und reagiert erleichtert: | |
"Ah, schön, wir sind auch dabei." | |
18.53 Uhr: Hamburg, Max-Brauer-Allee/Bahnhof Altona | |
Die "Revolutionäre 1. Mai-Demo" von internationalen und | |
antikapitalistischen Gruppen steht kurz vor dem Aufbruch. An beiden Seiten | |
sind massive Polizeieinheiten aufmarschiert, die offensichtlich ein Spalier | |
bilden werden. | |
18.50 Uhr: Berlin, Kottbusser Straße | |
Eine Gruppe von Menschen, die sich für kreative Stadtverschönerung | |
einsetzen, halten knapp zwei Meter hohe Buchstaben mit dem Slogan "Free OZ" | |
in die Höhe und fordern die Freiheit für den Hamburger Sprayer OZ. Er soll | |
wegen seiner tausendfachen Graffitis ins Gefängnis gehen. | |
18.43 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Am Ende der Demo hat sich ein Block aus radikalen Stadtteil-Initiativen | |
gebildet. Sie wollen den 1. Mai wieder stärker politisieren. Sie haben das | |
Ziel, die Gentrifizierung zu bekämpfen und unterschiedliche Initiativen zu | |
vernetzen. | |
18.23 Uhr: Berlin, Oranienplatz | |
Eine Musikbühne am Oranienplatz. An ihr hängt ein Banner mit dem Spruch | |
"Sex macht Spaß Frau Künast!" Vor der Bühne stehen mehrere Leute der Hells | |
Angels. Sie sind als Sicherheitskräfte angestellt. Hinter der Bühne parken | |
Motorräder mit Brandenburger Kennzeichen und ein Auto aus Hannover. Der | |
verfassungsschutzpolitische Sprecher der SPD, Tom Schreiber bezeichnet das | |
als ausgesprochen merkwürdig. Bei den Hells Angels handle es sich um eine | |
halb-kriminelle Organisation, so Schreiber. Mit so einer dürfe der Bezirk | |
nicht zusammenarbeiten. Auf Landesebene würden die Grünen immer die "Law & | |
Order"-Leute spielen. "Das ist schon sehr merkwürdig" kritisiert Schreiber | |
die Regierung des Bezirks. | |
18.30 Uhr: Berlin, Kotbusser Brücke | |
"BürgerInnen zu den Waffen, heute heißt es Mehrtwert schaffen" steht auf | |
dem Schild, das ein Demonstrant in die Luft hält. Jetzt beginnen die Reden | |
auf dem Demo-Wagen. In 5 verschiedenen Sprachen werden die Revolutionäre | |
begrüßt, auf deutsch, türkisch, englisch, französisch, selbst auf spanisch | |
haben sie einen Satz zusammenbekommen. "Viva la Revolution!" | |
Hier steht auch ein Wagen der Heilsarmee, der Kaffee gegen Spende verkauft. | |
Die Mitarbeiter erzählen, sie würden schon seit mehr als zehn Jahren hier | |
zum ersten Mai auf der Brücke stehen. Sie glauben nicht, dass jetzt etwas | |
passiert, aber früher wurde ihr Wagen schon mal mit Steinen beworfen. | |
18.25 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Kommentar eines Reporters vor Ort: "Wie Gemein: Überall dieser wohlige | |
Duft, mal schwarzer Afghane, mal gutes Gras - nur die taz-Redakteure dürfen | |
nicht kiffen." | |
18.18 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Am Startplatz der Demo hält ein junger Mann eine Sprechblase aus Pappe | |
hoch. "Sprüche helfen hier nicht weiter...", steht darauf. Auf Nachfrage | |
erklärt er: "Helfen würde vielleicht ein Generalstreik. Für die Abschaffung | |
des Kapitalimus." | |
18.15 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Ganz gelassen steht Peter Elken mit seinem Krückstock auf der Brücke. Der | |
62-jährige Rechtsanwalt aus Straußberg ist der Anmelder der Revolutionären | |
1.Mai-Demo und glaubt, dass es heute friedlich bleibt. "Allen beteiligten | |
Gruppen ist an einer politischen Aussage unseres Protests gelegen." Hinter | |
ihm fährt der obligatorische rote Demo-LKW auf, an dessen Seite ein Banner | |
mit der Aufschrift "Klasse gegen Klasse" hängt. | |
18.08 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Am Demo-Treffpunkt der Revolutionäre treffen die ersten Exemplare der | |
Spezies Schwarzer Block ein und formieren sich an der Demo-Spitze. Sie | |
tragen bunte Transparente mit der Aufschrift: "Für die soziale Revolution | |
weltweit". Dutzende Fotografen fotografieren es. | |
18.05 Uhr: Hamburg, Alma-Wartenbergplatz | |
Die "Euromayday" ist aufgelöst. Vorher gab es auf dem Alma-Wartenbergplatz | |
noch die Abschlusskundgebung. Ein Teilnehmer meinte "Es ist alles sehr | |
entspannt." Jetzt würden sie gleich weiter zur revolutionären 1. Mai-Demo | |
am Altonaer Bahnhof ziehen. | |
18.03 Uhr: Berlin, Kottbusser Brücke | |
Hier sollte um 18 Uhr die Revolutionäre 1. Mai-Demonstration beginnen. Doch | |
noch herrscht großes Rumstehen. Ein paar Männer tragen rote Fahnen des | |
SDAJ, auf anderen Fahnen steht "Revolution". Auch die Heilsarmee ist da und | |
schenkt Kaffee aus. | |
In der Online-Redaktion: Carl Ziegner, Rasmus Cloes, Lalon Sander, Ariane | |
Lemme | |
Redakteure vor Ort: Andreas Speit, Christian Jakob, Martin Kaul, Gereon | |
Asmuth, Konrad Litschko, Annika Stenzel, Lena Kaiser, Kai von Appen, Lea | |
Zierott, Daniel Kummetz, Svenja Bergt, Plutonia Plarre, Jörn Alexander | |
1 May 2011 | |
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Schwerpunkt 1. Mai in Berlin | |
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