# taz.de -- Repolitisierung des Arbeiterkampftages: Autonome besetzen Stadtpoli… | |
> Mit dem Thema Stadtumbau gelingt dem 1. Mai wieder eine Repolitisierung. | |
> Forscher sehen Potenzial für eine längerfristige Entwicklung. | |
Bild: Die Wohnbedingungen für Mieter war eins der zentralen Themen bei den die… | |
BERLIN taz | Flaschenwürfe, brennende Müllcontainer, verletzte Polizisten | |
und Demonstranten – prägende Bilder des 1. Mai. In diesem Jahr waren das | |
nur Randaspekte. Nach Jahren ritualisierter Randale erlebte der | |
Arbeiterkampftag in diesem Jahr in Berlin und Hamburg eine kleine | |
Repolitisierung - dank vieler stadtpolitischer Inhalte. | |
Ein "stadtpolitischer Block" auf der Revolutionären 1. Mai-Demo in Berlin. | |
Ein Spontanaufzug für eine "Stadt für alle". Eine Vorabenddemo gegen | |
Gentrifizierung durch das hochsanierte Prenzlauer Berg, in die sich auch | |
Alternative einreihen. Das Thema Stadtaufwertung war am 1. Mai-Wochenende | |
in der Hauptstadt omnipräsent. | |
Ganz ähnliche Bilder in Hamburg. Dort standen nicht nur das vom Verkauf | |
bedrohte autonome Kulturzentrum "Rote Flora" sowie der räumungsbedrohte | |
Bauwagenplatz "Zomia" im Zentrum. Zahlreiche stadtpolitische Gruppen wie | |
das Netzwerk "Recht auf Stadt" hatten in der Hansestadt unter dem Slogan | |
"Stadt selber machen" zum Protest gerufen. | |
"Es ist wunderbar, zu sehen, dass es jetzt so viele sind, die kommen", | |
sagte die Juristin Christiane Hollander vom Hamburger Verein Mieter helfen | |
Mietern. In Hamburg kamen am Wochenende Tausende zusammen, in Berlin weit | |
über 10.000. | |
## Stadtpolitischde Bewegung | |
Von dem "Versuch einer Repolitisierung", spricht der Berliner | |
Protestforscher Dieter Rucht. Offenbar ziele die linksradikale Szene wieder | |
auf mehr tagespolitische "Bodenhaftung" und Anschlussfähigkeit über das | |
eigene Spektrum hinaus. Ihr Kampfbegriff "Gentrifizierung" bleibe bislang | |
aber eine "abstrakte Formel, hinter der sich viele, zersplitterte | |
Interessen verbergen". | |
Der Berliner Stadtforscher Andrej Holm konstatiert eine "stadtpolitische | |
Repolitisierung", deren Wurzeln schon vor dem 1. Mai liegen. Ein stärkeres | |
Interesse an Fragen zu Wohn- und Freiräumen zeige sich in letzter Zeit | |
nicht nur in Berlin und Hamburg, sondern auch in Düsseldorf, Köln und | |
München. | |
Schuld daran seien die angespannten Wohnungsmärkte und die verfehlte | |
Wohnungspolitik der Landesregierungen. Die Räumung oder Bedrohung von | |
Alternativobjekten wie der Hamburger Roten Flora oder der Berliner Liebig | |
14 bewirke auch wieder ein stärkeres Engagement der linken Szene, so Holm. | |
Gemeinsam mit bürgerlichen Kreisen gebe es damit das Potenzial für eine | |
breitere stadtpolitische Bewegung. | |
In Berlin wird sich das demnächst an wohnungspolitischen Kleinkonflikten | |
zeigen. Alternativprojekte wie das Kulturhaus "Schokoladen" kämpfen gegen | |
die Räumung, in einigen Bezirken vernetzen sich Mieter gegen | |
Mietsteigerungen. | |
Auch die Parteien, von der CDU bis zur Linken, haben das Thema Mieten für | |
den anstehenden Abgeordnetenhauswahlkampf entdeckt. Am 1. Mai wurde das | |
jedoch nicht gewürdigt. "Von euch erwarten wir nichts mehr", skandierte | |
eine Autonome an die Adresse der wahlkämpfenden Parteien. "Wir werden uns | |
kollektive Freiräume selbst erkämpfen." | |
2 May 2011 | |
## AUTOREN | |
K. Litschko | |
M. Kaul | |
## TAGS | |
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin | |
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