# taz.de -- Kommentar Polizei am 1. Mai: Gepfefferter Schönheitsfehler | |
> Bei allem Lob für den Polizeieinsatz am 1. Mai in Berlin. Die heftige | |
> Pfeffersprayeinsatz am Kottbusser Tor kann nur als Provokation verstanden | |
> werden. | |
Bild: Hier wird noch nur geredet: Polizist und Punker am 1. Mai am Berliner Kot… | |
Unbenommen, dieser 1. Mai war ein Erfolg. Es gab wenig Sachschaden, | |
Verletzte und Festnahmen. Von stundenlangen Straßenschlachten keine Spur. | |
Das ist auch ein Verdienst der Polizei. Ihre Strategie der weitestmöglichen | |
Deeskalation hat sie selbst nach heftigen Scharmützeln während der | |
18-Uhr-Demo nicht aufgegeben. Davor kann man nur den Hut ziehen. | |
Wer nun aber eine Jubelarie auf die Polizei einstimmt, hat entweder nicht | |
genau hingeschaut - oder den Ort des Geschehens vor 22 Uhr verlassen. | |
Ab dann verfolgte die Polizei eine Strategie, die nur als pure Provokation | |
verstanden werden konnte. Zwanzigertrupps zogen stundenlang wie | |
Pac-Man-Figuren im Zickzack durch die anfangs ruhige Menge am Kottbusser | |
Tor, wahllos mit Fäusten nach allen Seiten austeilend. So entstand die | |
Unruhe, die die Polizei zum Anlass für zahlreiche Festnahmen und heftigen | |
Pfeffersprayeinsatz nahm. | |
Gegen Mitternacht wurden gar Sanitäter, die sich vor Ort um teils unter | |
Schock stehende Verletzte kümmerten, von den Beamten bedrängt. Wenn am Ende | |
eines angeblich friedlichen Abends 150 durch Polizeispray Verletzte stehen, | |
kann die Gesamtstrategie kein Erfolg gewesen sein. | |
Wie sich eine aufgewühlte Menge beruhigen lässt, hatte in der | |
Walpurgisnacht eine zufällig vorbeikommende Bläsercombo gezeigt: mit Musik. | |
Bevor die Polizeiführung noch mal ihre Spraytrupps auf die Menschen | |
loslässt, sollte sie lieber über den Wiederaufbau des Polizeiorchesters | |
nachdenken. Das könnte tatsächlich eine Jubelarie spielen - sogar am 1. | |
Mai. | |
2 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
## TAGS | |
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin | |
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