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# taz.de -- Ticker zur Walpurgisnacht: "Die Stadt als Beute?"
> In Hamburg und Berlin haben tausende Menschen gegen Gentrifizierung
> demonstriert. In beiden Städten gab es bis zum späten Abend kleinere
> Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Bild: Von viel Polizei und Demonstranten umstellt: Rote Flora in Hamburg.
Zusammenfassung:
Es ist Walpurgisnacht, in Berlin findet das übliche Katz-und-Maus Spiel
rund um den Wismarplatz statt. Mehrere Festnahmen, knallende Böller,
brennende Papierhaufen und fliegende Flaschen. Ein unruhiger Abschluss,
eines eigentlich ruhigen Einstiegs ins Berliner Mai-Wochenende.
Am Tag gab es auf dem Wismarplatz die Antikapitalistische Walpurgisnacht.
Ein Festival mit fünf Bands. Zeitgleich demonstrierten im Prenzlauer Berg
rund 700 Menschen gegen Gentrifizierung. Unter der alten Hausbesetzerparole
"Wir bleiben alle" skandierten sie: "Den Häusern denen, die drin' wohnen".
Eine Rednerin sagt mit Blick auf den anstehenden Berliner Wahlkampf: "Von
euch erwarten wir gar nichts. Wir werden uns die Wohnräume selbst
erkämpfen."
Auch in Hamburg wurde gegen die Aufwertung von Wohnvierteln demonstriert.
Die Demo stand unter dem Motto: "Stadt selber machen - gegen
Gentrifizierung und kapitalistische Stadtentwicklung" Die Polizei schätzte,
dass 4000 Menschen auf die Straße gingen. Während der Veranstaltung kam es
immer wieder zu kleineren Auseinandersetzungen. Laut Polizei gibt es
mehrere verletzte Polizisten. Auch unter den Demonstranten soll es
Verletzte geben. Eine genaue Zahl ist nicht bekannt. Vierzig wurden
allerdings in Gewahrsam genommen.
Gegen Abend verlagerten sich die Proteste in das Schanzenviertel. Dort
zeigte die Polizei massive Präsenz. Die innenpolitische Sprecherin der GAL,
Antje Möller, zieht eine durchmischte Bilanz: "Es ist natürlich gut, dass
bislang alles weitgehend friedlich verlaufen ist. Bauchschmerzen bereitet
mir aber das extreme rigide Vorgehen im Gefahrenabwehrgebiet. Ich habe
einige Situationen erlebt in denen Menschen ohne Verdacht rüde angegangen
wurden, obwohl es gar nicht nötig war."
Das schien auch spät in der Nacht so zu bleiben: Dann räumten die
Polizisten den Bereich vor der Roten Flora für den Verkehr. (Rasmus Cloes)
1.48 Uhr: Hamburg, Altonaer Straße
Erfolgsmeldung von der Polizei an der Altonaer Straße: hier fließt wieder
der Verkehr. Die Polizeispaliere beobachten noch, ob die Situation locker
bleibt, aber das sieht ganz so aus. Die behelmten Beamten haben erfolgreich
das Gros der Demonstranten von der Roten Flora verscheucht. Zeit für
Feierabendbier, zumindest für all jene, die nicht in Uniform im Dienst
sind.
Und damit verabschieden sich auch die taz-Redakteure. Morgen um 11 Uhr geht
es live weiter.
01.35 Uhr: Ecke Schulterblatt/Altonaer Straße
Die Polizei beginnt die Kreuzung zu räumen, wer im Weg steht, wird
weggeschubst - ohne Vorwarnung. Jugendliche, die auf der Kreuzung sitzen,
werden hochgezerrt und weitergeschubst. Einzelne Beamte beginnen jetzt auf
Menschen einzuschlagen, hierbei benutzen sie auch einen Schlagstock. Eine
Person wird fest genommen. Insgesamt sind um die 40 Personen in Gewahrsam
genommen worden, davon sind 13 vorläufig festgenommen.
01.22 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/Altonaer Straße
Die Ambiente der Straßenkreuzung ähnelt einem Großausflug der Polizei.
Wasserwerfer haben ihre Strahler ausgefahren und senden mit ihrem Blaulicht
ein adäquates Signal in die Nacht. Dutzende Polizisten bilden jetz ein
Spalier entlang dem Schulterblatt. Die zweitgrößte Gruppe dürften die
Journalisten sein. Einige Demonstranten stehen noch herum, doch dominant
sind die Uniformierten.
01.13 Uhr: Hamburg, Schulterblatt
Drückt und schiebt die Polizei jeden Passanten richtung
Max-Brauer-Allee/Altonaer Straße. An der Ecke sprechen Einsatzleiter wie
sie weiter vorgehen sollen. Ein Einsatzleiter ermahnt die anderen Beamten:
"Nur beobachten, nicht groß einschreiten." Diese lächeln süffisant.
01.12 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Zwei taz Journalisten sind von Polizisten unsanft aus dem Bereich Rote
Flora verwiesen worden, mit ihnen auch Journalisten anderer Medien.
01.07 Uhr: Hamburg, Schulterblatt
Die Polizei beginnt mit der Räumung der Straße. Polizisten marschieren vor,
geschützt von Wasserwerfern im Hintergrund und drängen die Versammelten
Richtung Eimsbüttel ab. Gleichzeitig werden die Versammelten in der
Juliusstraße aufgefordert den Bereich zu verlassen. Dabei kommt es zu
heftigen Rangeleien.
01.05 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Vor der Roten Flora sind eiligst mehrere Beamte zusammen gezogen worden und
auch ein zweiter Wasserwerfer hat angedroht, sofort gegen die Passanten
vorzugehen. Diese skandieren "Haut ab!". Polizisten sind außerdem in den
Flora Park gestürmt.
01.00 Uhr: Hamburg, Schulterblatt
Die Polizei setzt nach langer Zeit wieder Wasserwerfer gegen die auf dem
Schulterblatt versammelten Leute ein, weil sie angeblich mit Flaschen
beworfen wurde. Über Lautsprecher wird bekannt gegeben, dass weiterhin ohne
Vorwarnung vom Wasserwerfereinsatz gebrauch gemacht wird, wenn Gegenstände
auf Polizeikräfte geworfen wird.
00.45: Hamburg, Rote Flora
Die Polizei hat über Lautsprecher angekündigt, dass sie die Straße für den
Verkehr freimachen will. Sie bittet die Passanten, die Straße zu räumen.
Schon zweimal kam diese überraschende Ansage über den Lautsprecher des
Wasserwerfers. Freiwillig geht niemand von der Straße.
00.37 Uhr: Hamburg
Nach Angaben der Polizei sind die Glasscheiben an dem Ensemble
"Riverkasematten" beschädigt worden, die auch dem Besitzer des Gebäudes der
Roten Flora, Klausmartin Kretzschmar, gehören. Mit einem Gullydeckelwurf
seien Scheiben zertrümmert zerbrochen worden. Dabei wurde außerdem das
Mobiliar beschädigt und Angestellte leicht verletzt. Außerdem sind am
Bezirksamt Eimsbüttel 35 Scheiben beschädigt worden.
00.25 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Hinter einem Wasserwerfer direkt vor der Roten Flora liegt ein Mann am
Boden, Polizisten knien über ihm, viele stehen drum herum und er schreit
laut. Einige Kamerateams filmen die Szene. Eine Bierflasche fliegt in die
Gruppe der Polizisten. Die Polizeikräfte schirmen den Mann ab, verdrehen
dabei seinen Kopf und schauen skeptisch zu den Passanten gegenüber -
offensichtlich besorgt, dass noch etwas passieren könnte. Den Betroffenen
haben sie nun an den Füßen hochgehoben und tragen ihn über die Straße.
Prompt kommt es zu kleinen Rangeleien und Pöbeleien zwischen Passanten und
Polizisten.
00.15 Hamburg, Rote Flora
"Früher war ich ja noch voll so auf Krawall", sagt der Mann, der Cuba Libre
mixt . "Guck mal, ein paar Bars haben längst zu gemacht, aber jetzt steh
ich hier davor." Der Typ mit der Schirmmütze vertickt Cuba Libre für fünf
Euro. Er wohnt hier ums Eck und Walpurgisnacht ist immer erträglich. Nur
dieses Jahr läuft das Geschäft nicht so richtig: "Voll die Kontrollzone
hier, mit den Bullen. Seltsam, dieses Jahr gucken alle nur noch zu."
23.52 Uhr: Berlin, Boxhagener Straße
Das war's dann wohl. Kleine Gruppen von Polizisten ziehen durch die Menge.
Ab und an ruft ein einzelner Demonstrant, dass ganz Berlin die Polizei
hasse. Hier fragt noch jemand nach Tabak, dort geht der Flaschensammler
seiner Aufgabe nach. Die übrigen brechen nach und nach heimwärts auf. In
der Gärtnerstraße wird ein alter Zeichentrickfilm auf die Jalousien eines
gegenüberliegenden Ladens projiziert.
23.46 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Christiane Schneider von der Fraktion der Linken in der Hamburger
Bürgerschaft sagte, "Die Polizei hat quasi den gesamten Stadtteil besetzt.
Systematisch haben die Beamten ganz gezielt Jugendliche angesprochen, bevor
diese den Stadtteil betreten konnten und ihnen Platzverweise und sogar
Aufenthaltsverbote ausgesprochen." Auf einem Zettel, der den Jugendlichen
mitgegeben wurde, steht sinngemäß: Ihr Verhalten an einem öffentlichen Ort
habe zu dieser Maßnahme geführt.
23.43 Uhr: Berlin, Boxhagener Straße
Die Lage lässt sich als angespannte Unruhe bezeichnen. Mehrere Hundert
Menschen, etwa die Hälfte Polizisten, befinden sich auf der Boxhagener
Straße zwischen Wismarplatz und Gärtnerstraße. Es gibt vereinzelte
Flaschenwürfe und ein paar Festnahmen.
23.35 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Es ist das Phänomen des Krach-Tourismus: Zwei Raketen, ein Böller und der
Platz ist wieder voll. Gerade noch war der Platz vor der Roten Flora fast
leer, dann wurden die kleinen Leuchtraketen gezündet und der Wasserwerfer
spritze kurz zurück. Das brauchte es um wieder Leben auf die Piaza zu
bringen. Sofort stürmen rund 200 Leute unter Jubelschreien herbei. Tun
wollen sie wohl nichts, aber sehen, was hier los ist. So einfach
funktioniert das Spiel mit dem Feuer.
23.28 Uhr: Berlin, Boxhagener Straße
Kaum ist die Musikkapelle verschwunden, rückt die Polizei wieder vor und
das eigentlich auf dem Plan stehende Katz-und-Maus Spiel beginnt - mit
einer halben Stunde verspätung. Mehrere Festnahmen, laute Detonationen,
fliegende Flaschen und zunehmendes und aufgeregter werdendes Publikum.
23.22 Uhr: Hamburg, Neuer Pferdemarkt
Hier stehen Polizisten und sprechen gezielt Jugendliche an und wollen ihre
Personalien feststellen. Vier Jungs und drei Mädchen bekommen prompt einen
Platzverweis. Einer der Jugendlichen erzählt: "Wir wollten eigentlich nur
Party machen. Als der Polizist sah, dass wir nicht aus Hamburg sind, sagte
er uns, das ist Sperrgebiet und sprach uns allen einen Platzverweis aus."
23.20 Uhr: Berlin, Wismarplatz
Die Blaskapelle auf dem Wismarplatz heißt "Band'a Joe" und kommt aus Paris.
Die Musiker sind gerade auf Europatournee und nur durch Zufall in Berlin.
Sie wollten heute Abend eigentlich nur etwas Musik machen und sind auf gut
Glück losgezogen. Richtung Friedrichshain, weil man ihnen sagte, dort sei
viel los. Von der Walpurgisnacht wussten sie nichts. Sie begannen in dem
Augenblick zu spielen, als die ersten Krawalle begannen und die Menschen
fingen zu tanzen an. Ihr letzter Song war "Don't stop me now!" von Queen.
Jetzt sind sie fertig. Nun beginnen wieder die ersten Scharmützel zwischen
Demonstranten und Poizei.
23.10 Uhr: Hamburg, Susannenstraße
Ein Polizist in voller Kampfmontur mit weißem Helm auf dem Kopf steht
gelassen in der Susannestraße. Seine Kollegen führen Personenkontrollen
durch, er ist entspannt: "Wir waren heute vorher hier. Das hat den
Unterschied gemacht." Wer feiern wolle, gehe jetzt woanders hin.
Tatsächlich: Mit ihrer enormen Präsenz hat die Polizei im Schanzenviertel
am Abend wenig Spielraum für Protest gelassen. Noch immer stehen Hunderte
Menschen hier im Viertel herum. Die Mehrheit aber hat längst den Heimweg
angetreten oder gehen woanders feiern.
An der Ecke Schanzenstraße geht eine kleine Gruppe Punks mit Bier in der
Hand an einer Gruppe Polizisten vorbei. Einer von den Punks sagt zu den
Beamten "Also wenn ihr jetzt nichts startet, dann hauen wir einfach ab."
23.05 Uhr: Hamburg, Susannenstraße
Eine Gruppe Punker steht an der Susannenstraße und regt sich auf. Ein
29-Jähriger mit blond gefärbten Spikes hat die Schnauze voll. "Wir wollen
entspannt feiern, aber die Bullen stehen hier über all rum. Heute Abend hab
ich mal wieder Bock auf Randale. Einfach nur so zum Spaß." -"Ey Alter.
Morgen brennen Autos, alter", ruft ein anderer ihm zu. Ja, morgen
vielleicht. Hier an der der Roten Flora sieht es im Moment nichts danach
aus.
23.00 Uhr: Berlin, Wismarplatz
Nach Schätzungen der taz sind auf dem Areal, abzüglich Polizei und
Journalisten, etwa 300 Menschen. Auf der "Krawallhälfte" des Platzes gab es
weitere Festnahmen, dann beruhigte sich die Situation. Die größte
Attraktion ist die Blaskapelle. Über den Menschen knattert ein
Polizeihubschrauber.
22.45 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Die innenpolitische Sprecherin der GAL, Antje Möller, zieht eine
durchmischte Bilanz: "Ich bin froh, dass trotz der Zwischenfälle auf der
Demo, die große Mehrheit der Beteiligten eine friedliche und eindrucksvolle
Demo veranstaltet hat. Es waren wesentlich mehr Menschen da, als erwartet
wurden."
Zum Einsatz im Schanzenviertel sagt sie: "Es ist natürlich gut, dass
bislang alles weitgehend friedlich verlaufen ist. Bauchschmerzen bereitet
mir aber das extreme rigide Vorgehen im Gefahrenabwehrgebiet. Ich habe
einige situationen erlebt in denen Menschen ohne Verdacht rüde angegangen
wurden, obwohl es gar nicht nötig war."
22.43 Uhr: Berlin, Wismarplatz
Die Polizei hat das Feuer schnell gelöscht. Ein oder zwei Personen werden
festgenommen und unter Flaschenwürfen und kräftigen Knallern aus der Menge
gebracht. Eine freundliche Polizistinnenstimme ertönt, klärt die Leute auf,
dass die Veranstalter das Fest beendet hätten, es sei zu "heftigen
Straftaten" gekommen, sie bitte "Unbeteiligte" die Arbeit der Polizei nicht
zu behindern.
Die Menge grölt.
22.30 Uhr: Berlin-Friedichshain, Wismarplatz
Die Stimmung ist zweigeteilt. Auf der einen Seite der Polizeikette tanzen
Hunderte um die zehnköpfige Blaskapelle. Auf der anderen Seite fährt der
Bühnen-LKW vom Platz, dahinter wird ein brennender Papierhaufen in der
Menge sichtbar. Rund zwanzig Fotografen umkreisen das Feuer und beginnen
Fotos zu schießen. Schnell wird das feuer wieder gelöscht.
22.30 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Einer hat zumindest Spaß: Ein Demonstrant hat sich einen Polizeihelm
besorgt - woher er ihn hat, ist nicht zu erkennen. Die Polizisten stehen
mit Helmen gleichen Modells in Reih und Glied, während er entspannt Bier
schlürft und mit seinem Kopfschutz posiert. Vor der Roten Flora ist die
Lage wieder etwas ruhiger.
22.20 Uhr: Berlin-Friedichshain, Wismarplatz
Das Konzert ist vorbei. Die Hip-Hopper von Conexion Musical spielten den
letzten Song. Danach kommt ein Moderator auf die Bühne, er kündigte einen
'Berliner Chanson' an und rief in die Menge: "Ganz Berlin". Das Publikum
erwidert: "hasst die Polizei!"
In den Vorjahren hatte es nach der "Antikapitalistischen Walpurgisnacht"
geknallt. Diesmal will Polizei die Besucher offenbar nur nach Osten
abrücken lassen. Weg vom Boxhagener Platz, dem Ort der Auseinandersetzungen
der letzten Jahre. Die Stimmung ist gespannt. Plötzlich hört man auf der
Boxhagenerstraße aus dem Nichts eine Blaskapelle.
22.19 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/Juliusstraße
Die Polizei hat an verschiedenen Punkten Wasserwerfer platziert und droht
sofort vorzugehen, wenn es zu Flaschenwürfen kommen sollte. Sie fordert so
genannte "Unbeteiligte" auf, das Gebiet zu verlassen. Ansonsten hat sich
die Lage wieder etwas entschärft.
22.15 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Die Person, die hinter der Roten Flora festgenommen wurde, wird nun in
einer Seitenstraße auf den Boden gedrückt. Zweidutzend Polizisten stehen
umher und sichern die Festnahme ab.
22.14 Uhr: Hambur, Rote Flora
Nachdem die Polizei in den Park hinter der Roten Flora gestürmt ist,
liefert sie sich dort Scharmützel mit einigen Menschen und drängt sie aus
dem Park. Eine Frauenstimme schreit leidend "Ich möchte doch nur meinen
Rucksack haben". Eine Person wurde festgenommen.
22.11 Uhr: Hamburg, Schulterblatt
Die Polizei geht mit Wasserwerfern gegen Demonstranten auf der Straße vor.
Viele Teilnehmer flüchten in den Flora Park.
22.08 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Aus den paar pöbelnden Punks sind ein paar Dutzend geworden. Als sich einge
der Polizei nähern fliegt eine Flasche. Die Polizei geht mit Wasserwerfern
auf die Gruppe los. Sie warnt "Herumstehende und Schaustige" sich zu
entfernen. Es könnte der Moment sein, in dem die Stimmung kippt. Ein
Wasserwerfer spritzt los. Und hört auf.
Einige Dutzend Quadratmeter hatte ein Mann mit Buttons belegt. Jetzt räumt
er eilig zusammen, denn der Wasserwerfer neben ihm macht keine
vertrauenserweckenden Eindruck. Ein Polizist warnt erneut die
Umherstehenden.
22.06 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Vor der Roten Flora formiert sich eine Art Kundgebung und es wird
skandiert: "Ganz Hamburg hasst die Polizei". Vereinzelt fliegen auch
Böller. Die Polizei fährt sofort mit Wasserwerfern auf und warnt die
Demonstranten vor einen Einsatz.
22.05 Uhr: Hamburg, Rote Flora
"Die Lage ist derzeit ruhig in Hamburg", sagt ein Polizeisprecher der taz.
Nach einem turbulenten Demo-Nachmittag mit "äußerst gereizter stimmung",
geht die Polizei nun davon aus, dass sich noch rund 500 gewaltbereite
Menschen in Hamburg aufhalten. Am Nachmittag will die Polizei 1000 gezählt
haben. "Es ist noch zu früh um entwarnung zu geben. Jetzt müssen wir
warten, was bis Mitternacht passiert", sagte der Sprecher.
22.00 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Im gesamten Schanzenviertel können die Partygäste und Szenegänger auf den
Straßen flanieren. Der gesamte Verkehr ist hier zum Erliegen gekommen.
Einzelnen Polizeigruppen wird schon entgegen gerufen "Haut ab!" Vor allem
rund um die Flora verdichten sich sowohl Passanten als auch die Polizisten.
Es wurden scheinbar willkürlich Platzverweise gegen Jugendliche
ausgesprochen.
21.45 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Die Kneipen füllen sich. Auf den Bierbänken sitzen mehr und mehr Menschen.
Ein Knaller wird gezündet, sonst ist es ruhig. Die Polizei steht etwas
verloren zwischen Passanten, Szenegängern und Partyvolk.
21.35 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/Susannenstraße
"Nur Wasserwerfer machen wacher" steht süffisant auf einer Werbetafel für
ein Colagetränk. Tatsache, denn die Stimmung ist ein wenig
schläfrig-entspannt, mehrere Hundert Menschen stehen auf dem Platz vor der
Roten Flora. Ab und zu knallt ein Böller.
Stolz zeigt die Polizei ihren neuen Wachmacher: Ein blau-funkelnder
Wasserwerfer mit schönem, großem Fahreraum. Von hier aus hat sie einen
guten Überblick über den Platz. Entlang der Straße stehen weitere
Wasserwerfer. Ob sie wacher machen, wird der Abend zeigen.
21.20 Uhr: Berlin-Friedichshain, Wismarplatz
"Ey", ruft der Moderator von der Bühne ins Publikum, "wir stehen hier
nicht, um mit Flaschen beworfen zu werden". Viel mehr ist gerade nicht los.
Nach wie vor sind rund 500 Leute auf dem Platz. Vorhin ist mal ein
betrunkener Punk zusammengebrochen. Die Demo-Sanis haben ihn kurz
verarztet, dann hat er weitergetanzt. Die Polizei hat die Straße mit ihren
Scheinwerfern ausgeleuchtet, sodass niemand im Dunklen stehen muss. Und
dann fängt auch endlich die letzte Band an: Zur Abwechslung gibt es
Hip-Hop.
21.09 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Die Polizei beginnt rund um die Rote Flora mit umfangreichen
Personalienfeststellungen. Besonders Jugendliche, die türkischstämmig
aussehen, scheinen im Visier der Uniformierten zu sein. Die Daten werden
nicht nur geprüft sondern auch aufgenommen. "Dann haben wir schon mal ihre
Personalien", so ein Einsatzleiter wörtlich.
20.58 Uhr: Hamburg, Schulterblatt
Es sind zwei Wasserwerfer vorgefahren. Warum ist nicht ersichtlich.
Mittlerweile sind aber auch viele Demonstranten im Viertel angekommen. Sie
haben die Wasserwerfer mit Applaus begrüßt.
20.40 Uhr: Hamburg, Flora-Park
Im Flora-Park haben sich mehrere Jugendliche und junge Erwachsene
versammelt. Viele scheinen sich vom Tag zu erholen, packen Essen aus und
trinken etwas. Im gesamten Viertel stehen demonstrativ an Häuserecken
Polizeigruppen.
20.30 Uhr: Berlin-Friedrichshain, Wismarplatz
"Jetzt wird geprügelt", ruft der Sänger von Frei Schnauze. "Kein Aufruf zur
Gewalt, ein Aufruf zum Zusammenhalt", erklärt er noch. Dann könnte es
losgehen. Schnell. Heftig. Punkig spielt die Band. Aber nicht laut. Der
Sound ist ein Brei. Der Funke springt nicht über. Nur in den ersten zwei
Reihen wird Pogo getanzt. Der Rest steht weiter rum. Es wird ganz schön
schnell kühl, seit die Sonne weg ist.
20.25 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Mit Blaulicht fahren weitere Polizeiautos vor die Rote Flora. Die Beamten
behelmen sich und bleiben in kleineren Gruppen demonstrativ auf dem Platz
stehen. In einem Restaurant sitzen zwei Frauen am Tisch, schütteln den
Kopf. Eine meint: "Was soll das denn? Da hat man ja mehr Angst vor der
Polizei."
20.20 Uhr: Hamburg, Max-Brauer-Allee
An Wasserwerfern mangelt es in Hamburg nicht. Immer wieder bewegt die
Polizei die wuchtigen Autos durch das Stadtgebiet. Drei von ihnen rasen
jetzt, begleitet von Dutzenden Polizeiautos, die Max-Brauer-Allee in
Richtung Sternschanze.
20.16 Uhr: Hamburg, Chemnitzstraße
Es stinkt und qualmt in der Chemnitzstraße. Hier löscht die Feuerwehr zwei
Papiercontainer, die in Flammen stehen.
20.12 Uhr: Hamburg, Große Bergstraße
Laut Polizei gibt es zwei verletzte Polizisten. Einer wurde vermutlich
durch einen Böller, der andere in einer Rangelei verletzt. Auch unter den
Demonstranten soll es Verletzte geben. Die Polizei hat auch davon gehört,
kann die Gerüchte aber nicht bestätigen.
Vor Ort macht die Polizei einen desorganisierten Eindruck. Während ein
Polizist davon spricht, dass es zurück in Richtung Schanzenviertel geht,
stehen noch einige Beamte herum und Polizeiautos fahren hin und her.
20.10 Uhr: Hamburg, Max-Brauer-Allee/Goetheallee
Die Polizei zieht massiv Kräfte zusammen. Sie Sperren den Eingang zum
Bahnhof Hamburg Altona ab. Zahlreiche Personen befinden sich währenddessen
auf dem Weg in Richtung Schanzenviertel. Möglicherweise will die Polizei
durch die Blockade des Bahnhofs diesen Zulauf verlangsamen.
20.05 Uhr: Hamburg, Schulterblatt
Auch hier haben sich behelmte Polizeibeamte in Stellung gebracht. Vor der
Flora hängt ein selbst bemaltes Plakat. Darauf steht: "Krawalltouristen
ausmisten! Denn nur mit Sinn können wir gewinnen." Einzelne Geschäfte. Vor
allem Ketten haben nun auch Holzspanplatten vor ihre Fenster gebaut.
20.00 Uhr: Hamburg, Goethestraße
"Haut sie kaputt!" schreit ein Mann einem anderen zu. Dabei ist hier schon
einiges kaputt. Die Goethestraße ist ruhig, aber auf der Straße liegen noch
die Zeugnisse eine verherigen Auseinandersetzung: Umgeworfene
Straßenschilder, zersplitterte Farbflaschen und Baustellenzäune.
19.53 Uhr: Hamburg, Neue Große Bergstraße
Die Demonstration ist aufgelöst. Die Leitung versucht den hinteren Teil der
Demo zu überzeugen, sich ebenfalls aufzulösen.
19.50 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Polizeieinheiten beginnen das Gelände zu observieren. Sie schauen im
Flora-Park, was sich dort bewegt. Am Eingang der Flora, etwa 20 Schritte
davon entfernt, haben sich bereits behelmte Beamte in Position gebracht.
Anders als die Jahre zuvor ist aber im Schanzenviertel nicht so viel
Partyvolk unterwegs. Die Bierbänke und Tische vor den Restaurants und Cafés
sind kaum besetzt.
19.50 Uhr: Hamburg, Goethestraße
In der Straße steht zwischen Wasserwerfern ein Polizeiwagen. Er ist
verbeult und seine Scheiben sind eingeschlagen.
19.45 Uhr: Hamburg, Große Bergstraße
Die Demonstranten ziehen ab und die Polizei bildet eine Kette. Hunderte
Demonstranten stehen friedlich herum. Vom Schwarzen Block ist nicht mehr
viel zu sehen.
19.40 Uhr: Berlin-Friedichshain, Wismarplatz
Auf der Walpurgisnachtbühne erfreuen die "Knattertons" die vielleicht 500
Menschen auf dem Platz. In einer Seitenstraße parken 25 Fahrzeuge der
Bundespolizei in der tiefstehenden Sonne. Ein Polizist erklärt einem
Dutzend seiner Kollegen gerade, dass die Veranstaltung bis 22 Uhr
angemeldet sei. Danach kämen die "Krawallbrüder". Ums Eck hat die Polizei
bereits einen ihrer mobilen Flutlichtmasten vorgefahren.
19.35 Uhr: Hamburg, Große Bergstraße
Am hinteren Ende der Demo: Demonstranten sind auf ein Baugerüst geklettert.
Sie haben ein Transparent mit den Lettern "Wir bleiben alle" entrollt. Sie
schießen Raketen in die Luft. Einige Demonstranten jubeln ihnen frenetisch
zu. Auch an anderen Stellen des Gerüsts sitzen Demonstranten.
19.33 Uhr: Hamburg, Große Bergstraße
Die Polizei setzt Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein, weil sie mit
Böllern beworfen wurde. Sie zerstreut den vordern Teil der Demo hinter dem
Lautsprecherwagen und treiben die Teilnehmer in die Seitenstraße. Den
hinteren Teil der Demo haben sie abgetrennt.
19.30 Uhr: Hamburg, Große Bergstraße
An der Ikea-Baustelle fliegen mehrfach Raketen in die Luft, einige fallen
direkt in die Menge. Die Polizei ist mit Wasserwerfern aufgefahrern. An
einer Stelle qualmt es stark. Die Polizei läuft in den Demozug rein. Es
fliegen Steine, Flaschen und weitere Böller. Die Menschen drängen panisch
durcheinander.
19.15 Uhr: Berlin, Mauerpark
Auch im Mauerpark wird gefeiert. Mit Politik hat das schon lange nichts
mehr zu tun. Das Motto lautet: "Friedvolle Walpurgisnacht". Vor dem Eingang
zum Park kontrollieren Polizisten die Rucksäcke. Es dürfen keine
Glasflaschen hineingebracht werden. Neben dem Eingang füllen zwei Männer an
einem Tisch das Bier in Plastikbecher um. Drinnen ist der Park bisher nur
leicht besucht. Die Hänge sind mit Band abgesperrt und werden von
Polizisten bewacht. Drinnen spielen Menschen Schach und liegen in der
Sonne. Eine in rot gekleidete Pantomimin tanzt auf einem großen Koffer.
19.10 Uhr: Hamburg, Holstenstraße/Königstraße
Die Demonstration zieht weiter zum Endpunkt nach Hamburg-Altona. Dort soll
an einer Ikea-Baustelle die Abschlusskundgebung stattfinden.
19.08 Uhr: Hamburg, Reeperbahn
Es ist ein skurriles Ambiente: "Paradise-Point of Sex" steht in leuchtenden
rosa Buchstaben über dem Eingang eines "Erotic-Palace", auf einem anderen
Schild steht "Dollhouse". Gleich neben den verlockenden Versprechen von
"Susis-Showbar" in der Großen Freiheit Nr. 7. Einige Meter weiter stehen
die vielen Demonstranten bei einer Zwischenkundgebung. Die Rednerin wettert
gegen den Stadtumbau. Die Pornoläden meint sie wohl nicht.
19 Uhr: Hamburg, Reeperbahn/Holstenstraße
Die Demo stoppt erneut zu einer Zwischenkundgebung. Es geht um die
Gentrifizierung in St. Georg. "Der Stadtteil befindet sich seit 1990 in
einem ständigen Prozess der Aufwertung, wo ökonomische Gesichtspunkte im
Mittelpunkt stehen", sagt eine Rednerin. Sie verweist auf die Pläne des
Bezirks Mitte, den Straßenstrich rund um den Hansaplatz nach
Rothenburgsort, einem Industriegebiet, verbannen zu wollen.
18.45 Uhr: Hamburg, Bernhard-Nocht-Straße
Bei den ehemals besetzten Häuser der St.Pauli-Hafenstraße werden die
Teilnehmer mit einem riesigen Konfetti-Regen begrüßt. Der Brand am
Bundeswehr-Kombi ist inzwischen gelöscht, er schmort und kokelt noch leicht
vor sich hin. Der linke Blinker leuchtet weiter.
18.40 Uhr: Hamburg, Bernhard-Nocht-Straße
Es brennt ein Bundeswehrauto, hinten sind die Scheiben eingeschlagen, vorne
schlagen die Flammen hoch heraus.
18.37 Uhr: Berlin, U-Bahnhof Eberswalder Straße
Die Demo ist offiziell beendet. Trommler trommeln noch. "Friedlich und
schnell" resümiert ein Vierzigjähriger im Karo-Hemd. "Ich glaube unsere
Botschaft ist angekommen." Auch Peter Schrott von der
Demobeobachtungsgruppe ist zufrieden. Er lobt die defensiven
Einsatzbeamten. "Die Polizei hat sich der entspannten Demostimmung
angepasst", so Schrott.
18.35 Uhr: Hamburg, Reeperbahn/Zirkusweg
Immer wieder werden Böller in die Baustelle des Neubauprojektes "Tanzende
Türme" geworfen. Bevor sich der Lautsprecherwagen von der Demo trennt - die
Straße ist hier zu eng - kommt noch einmal die Durchsage, dass das Werfen
von Feuerwerkskörpern laut Polizei ein Straftatbestand ist. An der Ecke
Bernhard-Nocht-Straße fliegen am Astraturm kurz Farbflaschen, Steine,
Böller und Farbeimer.
18.30 Uhr: Hamburg, Reeperbahn
"Männerabend" steht in goldenen Buchstaben auf der Rückseite ihrer
schwarzen T-Shirts, sie tragen große Bierkrüge in ihren Händen. Eine Gruppe
angetrunkener Männer steht heiter am Rand der Demonstration und bestaunt
den politischen Aufzug. Die Jungs dürften andere Pläne haben. Sie sehen
nach den üblichen Gästen der Hamburger Partymeile aus.
18.25 Uhr: Berlin, U-Bahnhof Eberswalderstraße
"Prenzl-Berg, wir sind da. Wir nehmen uns unseren Kiez zurück" ruft ein
Redner. Davor sprach Herbert, ein Umzugshelfer: "Ich bin richtig angekotzt,
dass hier nur noch Yuppies herziehen." Viele Touristen stehen umher und
betrachten das Spektakel.
18.20 Uhr: Hamburg, Reeperbahn
Die Demonstration ist in die Reeperbahn eingebogen, weil sie die Davidwache
umgehen musste, wo eigentlich eine Zwischenkundgebung geplant war. An der
Davidwache wollten die Demonstranten über die Gentrifizierung des
Stadtteils St. Georg berichten. Die Stadt Hamburg will in diesem
Zusammenhang den Straßenstrich in die Peripherie verlegen will. Dagegen
wehren sich die Prostituierten energisch, weil sie in dem vorgesehenen
Industriegebiet schutzlos ihren Freiern ausgeliefert wären.
Nach taz-Zählung nehmen inzwischen 3.800 Menschen an der Demo teil.
18.15 Uhr: Berlin-Friedichshain, Wismarplatz
"Komm zu uns in den Friedrichshain. In den Stadtbezirk, in dem die Sonne
scheint", singen "Die Wallerts" bei der Antikapitalistischen
Walpurgisnacht. Die Menge vor der Bühne tanzt ausgelassen. Ein nicht mehr
ganz so junger Herr trägt seinen Sonntagsiro. Eine noch recht junge Dame
hat einen Kranz aus gelben Blumen ins Haar geflochten. Jemand hat mit
Kreide "All you need is love" auf die Straße geschrieben. Junge Typen
präsentieren sich mit hochtoupierter Haartolle, Glatzköpfe tragen "Skins
gegen Nazis"-Shirts. "Und jetzt ein Song für die kleinen grünen Männchen
hinter uns", ruft der Sänger: "Reißt euch die Kleider vom Leib und rennt
nackt durch die City."
18.10 Uhr: Hamburg, Neuer Pferdemarkt
Sie standen zu nah dran: Nachdem erneut ein Knaller zwischen den Polizisten
gezündet wurde, halten sich teilweise Demonstranten ihr Ohr. Einige weinen.
Die Veranstalter geben durch: "Es gab zwei Verletzte aufgrund von
Feuerwerkskörpern."
18.05 Uhr: Berlin, Kollwitzplatz
Die Leute am kürzlich sanierten Kollwitzplatz schauen bangen Blickes auf
die Demonstration gegen Gentrifizierung - zumal sich die Polizei sehr
zurückhält und den Zug nur locker vorne und hinten begleitet. Doch außer
Sprechchören fliegen nur Knöpfe (!!!) in Richtung der Zuschauer. In der
Schönhäuser Allee grüßt ein schwarzes Transparent an einem Haus die
Hamburger: "Flora Bleibt - ACAB". Auf der Demonstration mit inzwischen gut
1.000 Teilnehmern herrscht entspannte Stimmung.
17.59 Uhr: Hamburg, Neuer Pferdemarkt
Knallige Stimmung: Die Polizei hatte die Demo auch deshalb aufgehalten,
weil immer wieder Böller gezündet werden. Nun läuft die Demo wieder und es
geht mit den Knallern wieder munter weiter. Immer wieder fliegen vereinzelt
Böller auch in die Luft. Der Schwarze Block ist in Stimmung und ruft eine
Parole nach der anderen.
17.50 Uhr: Hamburg, Neuer Pferdemarkt/Neuer Kamp
Das war ein lustiges Lautsprecherpingpong: Nachdem ein offenbar gut
gelaunter Polizeisprecher die Demonstranten aufforderte, ihre Vermummung
abzunehmen, konterten diese lautstark und zur allgemeinen Belustigung, es
sei doch niemand vermummt. Der Protest war erfolgreich: Die Polizei hat
ihre Wasserwerfer zurückgefahren und den Weg freigegeben. Jetzt bewegt sich
die Demo wieder.
17.50 Uhr: Hamburg, Schanzenviertel
Hier in dem Viertel, wo am Samstagabend sonst nie Parkplätze zu bekommen
sind, sind viele Straßen wie leer gefegt. An Biertischen gegenüber der
Roten Flora sitzen zwei ältere Herren. Der eine ist Geschäftsführer eines
mittelständischen Unternehmens und fragt seinen Tischnachbarn: "Na, wann
geht es heute wohl Abend los?"
17.44 Uhr: Hamburg, Neuer Pferdemarkt
Die Polizei hat die Demonstration gestoppt. Ihrer Ansicht nach ist eine zu
große Anzahl der Teilnehmer vermummt. Über Lautsprecher hat die Polizei die
Demonstranten aufgefordert, die Vermummung abzulegen, ansonsten werde sie
einschreiten.
17.40 Uhr: Hamburg, Neuer Kamp
Schöne kleine Pause. Der Demonstrationszug macht einen Zwischenstopp.
Irgendjemand hält eine Rede, aber die meisten können nichts verstehen.
Laute Musik dröhnt aus den Boxen und die Menschen stehen zum Plausch umher.
An der Spitze des Demozuges stehen Dutzende behelmte Polizisten und vier
Wasserwerfer.
17.35 Uhr: Berlin-Friedichshain, Wismarplatz
Die Polizei hat den Kiez rund um die Antikapitalistische Walpurgisnacht
weiträumig abgesperrt - auch zu Gunsten der Besucher. Denn die sitzen nun
auf der für Autos und Straßenbahn gesperrten Boxhagener Straße. Mehrere
hundert schwarz-bunt gekleidetet Menschen lauschen aktuell dem Redebeitrag
gegen die bevorstehende Volkszählung. Alle sind sehr entspannt. Man wartet
auf die nächste Band.
Auch der hundert Meter entfernt liegende Boxhagener Platz ist von der
Polizei abgeriegelt, aber aus einem anderen Grund. Zwar sind die Straßen am
Platz frei, aber der Park ist vergittert. Vor dem am Platzrand liegenden
Hausprojekt Zielona Gora hat die Polizei eine Extraportion Gitter
abgeladen. "Ich werde hier keine Versammlung dulden", erklärt ein Polizist
mit drei Sternen auf der Schulter ein paar Hausbewohnern, die die Gatter
vor der Tür nicht mögen. In den Vorjahren hatte die Walpurgisnacht genau
hier stattgefunden. Anschließend war es stets zu mehr oder weniger heftigen
Ausschreitungen gekommen.
17.30 Uhr: Hamburg, Feldstraße
Polizeisprecher Mirko Streiber spricht von 3.000 Demo-Teilnehmern. Darunter
seien 500 "schwarz Gekleidete".
17.30 Uhr: Hamburg, Neuer Pferdemarkt
Die Demonstration stoppt für eine Zwischenkundgebung vor der ehemaligen
Rinderschlachthalle. Die Halle steht seit dem Auszug eines Supermarktes vor
mehr als einem Jahr leer. Ursprünglich wollte die Stadt dort eine
Konzerthalle errichten, ist aber inzwischen aufgrund des Widerstands der
Anwohner von diesem Plan abgerückt. Eine Anwohnerinitiative Names "Unser
Areal" versucht inzwischen durch eine Anwohnerbefragung Vorschläge für eine
Nutzung zu erarbeiten.
17.25 Uhr: Hamburg, Ludwigstraße/Sternstraße
Lautstarke Sprechchöre: "Miete Verweigern, Kündigung ins Klo, Häuser
besetzen sowieso."
17.13 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/Susannenstraße
Das hat nicht lange gedauert: Das gerade noch jungfrauliche Grau der
verammelten Hamburger Sparkasse ist jetzt verziert. "Flora bleibt!" hat
jemand mit schwarzem Edding an die Wand geschrieben. Erfahrungsgemäß wird
dieser Schriftzug nicht der letzte an diesem Abend sein.
17.15 Uhr: Berlin, Rosenthaler Platz/Linienstr.
Unter der alten Hausbesetzerparole. "Wir bleiben alle" setzt sich auch am
Berliner Rosenthaler Platz die Demo in Bewegung. Knapp 700 Menschen sind
dabei und skandieren: "Den Häusern denen, die drin' wohnen". Eine Rednerin
sagt mit Blick auf den anstehenden Berliner Wahlkampf: "Von euch erwarten
wir gar nichts. Wir werden uns die Wohnräume selbst erkämpfen."
17.10 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/Susannenstraße
Die Demonstration hat sich in Bewegung gesetzt. Angeführt von einem
Transparent: "Die Rote Flora bleibt!"
17.05 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Ganz schönes Gedränge. Hunderte von roten Flyern flattern von der Roten
Flora über die Menschenmenge, die sich jetzt als Demonstrationszug in
Bewegung setzt. Es ist so eng, dass man kaum stehen kann. Wie viele es
sind, lässt sich schwer sagen. Eine Rakete geht aus der Menge los. Die
Polizei spricht von etwa 2.500 Teilnehmern.
17 Uhr: Hamburg, Schulterblatt/Susannenenstr.
Geld abheben gegen den Kapitalismus. An den drei Geldautomaten der
Hamburger Sparkasse heben Anwohner und Demonstranten vorsorglich Geld ab.
Niemand weiß, wie lange das noch geht. Der Rest der Sparkasse ist komplett
verrammelt. In den letzten Jahren war die Bankfiliale bevorzugtes
Angriffsziel der nächtlichen Auseinandersetzungen gewesen. Auf dem Dach des
Eckhauses gegenüber entzünden Autonome Bengalische Feuer. Ansonsten ist die
Stimmung volksfestartig. Viele Demonstranten sind verkleidet und gut
gelaunt.
16.50 Uhr: Berlin, Rosenthaler Platz
Jetzt setzt sich auch hier der erste Demozug in Bewegung. Knapp 400 Leute
sammeln sich am Rosenthaler Platz um mit einer Demo gegen Gentrifizierung
durch den Kiez zu ziehen. Viele sind schwarz gekleidet. Ein kleiner
schwarzer Block formiert sich an der Spitze mit Transparenten wie "Die
Stadt als Beute?". Direkt daneben sitzen Berliner und Touristen in der
Sonne in den Cafés bei Latte Macchiato und Weißwein.
16.30 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Die Demoteilnehmer sammeln sich vor der Roten Flora. Nach taz-Schätzungen
sind etwa 1.000 Menschen vor Ort. Mittlerweile sind auch viele
Demonstranten aus Bremen eingetroffen.
16.25 Uhr: Berlin-Friedrichshain, Boxhagener Platz
Rund 100 Meter von der Bühne der Antikapitalistischen Walpurgisnacht macht
ein türkischer Eckladen gute Umsätze. Zwar hängt gut sichtbar in der Tür
die Auflage der Polizei, dass er auch hier keine Flaschen verkaufen darf.
Aber die Kundschaft stellt sich geduldig gleich zweimal an. Erst an der
Kasse, dann zum Umfüllen an dem Tischchen mit den Plastikbechern, mit denen
man an den Polizeiposten draußen vor der Tür vorbei darf.
16.15 Uhr: Berlin-Friedrichshain, Wismarplatz
Und noch ein Redebeitrag: "Der SPD-Linke-Senat hatte jahrelang Zeit für
...", sagt der Redner bei der Antikapitalistischen Walpurgisnacht, stockt,
fängt nochmal an und konkretisiert: "Der rot-rote Senat hat nichts
gemacht!" Es geht wieder um steigende Mieten, Umbau von Wohnungen zu
Hostels usw..
Auf die anderen Parteien könne man auch nicht bauen, bedauert der Redner.
Auf die CDu sowieso nicht und auf die Grünen auch nicht. "Die treten zwar
mit dem Slogan ,Berlin für alle an', müssten aber ehrlicher hinzufügen
,Berlin für alle mit Geld'". Das sehe man doch schon an der "fetten Kralle"
Joschka Fischer. "Ich hoffe, ihr bleibt alle wie der frühe Joschka Fischer
und werdet nicht Außenminister", ruft er noch. Dann spielt sich die erste
Band warm. Es gibt Ska.
16 Uhr: Hamburg, Schanzenviertel
Die Polizei hält sich bereit, an vielen Kreuzungen stehen Hundertschaften.
Auch die Haspa-Bank und die Deutsche Bank werden geschütz.
15.50 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Hier werden die Wagen für die Demo unter dem Motto "Stadt selber machen -
gegen Gentrifizierung und kapitalistische Stadtentwicklung" in Stellung
gebracht. Ab 16 Uhr soll über St. Pauli nach Altona marschiert werden. Die
Veranstalter rechnen mit 2.000 Teilnehmern. Mit dabei sein werden auch
zahlreiche Initiativen aus dem Netzwerk "Recht auf Stadt".
15.40 Uhr: Berlin-Friedrichshain, Wismarplatz
Der kleine dreickige Platz hat sich leidlich gefüllt. 200 bis 300 Menschen
lauschen den politischen Erklärungen gegen Gentrifizierung und für den
Erhalt linker Projekte. Ein Sprecher der anarchosyndikalistischen
Gewerkschaft FAU hofft auf das Ende der Lohnarbeit. Und die Nazis aus dem
Nachbarbezirk Lichtenberg bekommenauch noch ihr Fett ab. Eine handvoll der
Zuhörer rafft sich auf zu applaudieren. Die Redebeiträge sind auch deshalb
so zahlreich, weil die Polizei darauf bestanden hat. Sonst hätte sie das
Fest nicht als politische Veranstaltung genehmigen wollen, erklärt der
Moderator auf der Bühne.
Die Polizei streift derweil durch die Menge und drängt auf die Einhaltung
des Flaschenverbots auf dem Platz. Die Sonne scheint. Der Spielplatz
gegenüber ist mit Polizeigattern abgesperrt.
15.11 Uhr: Hamburg, Rote Flora
Bei der Roten Flora kommt langsam Stimmung auf. An den Straßenecken sammeln
sich erste Grüppchen, die hier um 16 Uhr zur Demo wollen. Ein Polizeiwagen
steht in der Straße. Aus den Boxen der Veranstalter schallt laut die Musik.
14.30 Uhr: Berlin-Friedrichshain, Wismarplatz
Die Hauptstadt steigt langsam in das Mai-Wochenende ein. Seit 14 Uhr läuft
hier auf dem Wismarplatz offiziell die Antikapitalistische Walpurgisnacht.
Fünfs Bands sind angekündigt. Viel los ist aber noch nicht. Auf dem Platz
sitzen 46 Menschen in der Sonne. Ein paar Meter weiter wird auf einem LKW
die Bühne eingerichtet. Die Polizei ist da schon weiter. Allein im
unmittelbaren Umfeld des Platzes sind etwa 20 Mannschaftswagen postiert.
Deutlich mehr los ist auf dem Boxhagener Platz, wo die Veranstaltungen in
den letzten Jahren stattfand. Aber da ist dieses Jahr Wochenmarkt.
In der Online-Redaktion: Carl Ziegner, Rasmus Cloes, Lalon Sander, Ariane
Lemme
Redakteure vor Ort: Andreas Speit, Christian Jakob, Martin Kaul, Gereon
Asmuth, Konrad Litschko, Annika Stenzel, Lena Kaiser, Kai von Appen, Lea
Zierott, Daniel Kummetz, Svenja Bergt, Plutonia Plarre, Jörn Alexander
30 Apr 2011
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Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
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