# taz.de -- FDP will neues Fortpflanzungsgesetz: Die Freiheit der Entscheidung | |
> Die FDP-Abgeordnete Ulrike Flach möchte ein "Fortpflanzungsmedizingesetz" | |
> auf den Weg bringen. Darin soll unter anderem die Eizellspende erlaubt | |
> werden. | |
Bild: Ethische Fragen: Sind Eizellspenden erlaubt? Oder Samenspenden von Versto… | |
BERLIN taz | Die Politik muss die Regeln der umstrittenen | |
Fortpflanzungsmedizin wieder selbst bestimmen. Das fordert die | |
Ethikexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Flach. "Es kann nicht | |
sein, dass zunehmend in Gerichten entschieden wird, wofür wir Politiker die | |
Verantwortung tragen müssen", sagt Flach in einem Gespräch mit der taz. | |
Als Reaktion auf die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs in | |
Luxemburg zu den Grenzen der Stammzellenforschung und des Europäischen | |
Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg zur Eizellspende kündigt Flach | |
an, noch in dieser Legislaturperiode eine parlamentarische, nicht an | |
Fraktionsgrenzen gebundene Mehrheit im Bundestag für ein neues | |
Fortpflanzungsmedizingesetz organisieren zu wollen. | |
"Ich führe dieser Tage im Parlament mit Kollegen aus allen Fraktionen | |
Gespräche", sagt Flach. Anschließend müsse es "eine Entscheidung der | |
Fraktionsspitzen geben, dass man diese Entscheidung freigibt". Flach, die | |
zugleich Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium ist, betont, sie | |
betreibe diesen Vorstoß einzig in ihrer Funktion als FDP-Abgeordnete. "In | |
der Koalition selbst glaube ich nicht, dass wir insbesondere mit den | |
Kollegen von der CSU auf einen gemeinsamen Nenner kommen." Weil es sich "um | |
ein hoch ethisches Thema" handele, müsse bei der Entscheidung über ein | |
Fortpflanzungsmedizingesetz in jedem Fall der Fraktionszwang aufgehoben | |
werden. Mit einem gezielten Affront gegen die Union habe das nichts zu tun. | |
Flach sagt, sie habe die jüngsten Gerichtsurteile von Mitte Oktober und | |
Anfang November "mit hoher Irritation und Erstaunen" zur Kenntnis genommen. | |
Mit ihnen war sowohl dem Patentieren von wissenschaftlichen Verfahren, die | |
menschliche embryonale Stammzellen nutzen, als auch der Legalisierung der | |
Eizellspende in verschiedenen europäischen Ländern eine Absage erteilt | |
worden. | |
## FDP will mehr erlauben | |
Flach und viele FDP-Kollegen sprechen sich hingegen in einem | |
Positionspapier dafür aus, in einem Fortpflanzungsmedizingesetz folgende | |
Bereiche künftig bündeln und verbindlich regeln zu wollen: Die | |
Eizellspende, bislang nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland | |
verboten, soll erlaubt werden. Ebenso die Samenspende von Verstorbenen, | |
außerdem die Leihmutterschaft sowie die Anwendung von | |
reproduktionsmedizinischen Verfahren auch bei Nichtverheirateten, bei | |
eingetragenen Lebenspartnerschaften und Alleinstehenden. | |
Den Streit um die Auslegung der so genannten "Dreierregel" im | |
Embryonenschutzgesetz von 1990, wonach bei einer Befruchtung im Reagenzglas | |
eigentlich alle befruchteten Eizellen - maximal drei - in den Mutterleib | |
eingepflanzt werden müssen, will Flach zugunsten der Regel-Kritiker | |
beenden: Weder steigere diese Behandlung nach heutigem Kenntnisstand die | |
Erfolgsrate, noch berücksichtige sie das erhebliche Risiko von | |
Drillingsgeburten angemessen. | |
Stattdessen erlauben will die FDP den sogenannten elektiven | |
Single-Embryo-Transfer, um Mehrlingsschwangerschaften nach künstlicher | |
Befruchtung und den damit verbundenen Risiken für Mutter und Kinder zu | |
reduzieren. Damit ist ein Verfahren gemeint, bei dem nach | |
In-vitro-Fertilisation (IVF) mehrere Embryonen einige Tage kultiviert | |
werden - mit dem Ziel, nur einen einzigen, den "besten" Embryo auszuwählen, | |
der dann in die Gebärmutter eingesetzt wird. | |
Grundlage dieser Auswahl ist keine genetische Untersuchung wie bei der | |
Präimplantationsdiagnostik, sondern eine morphologische Analyse, also die | |
Betrachtung des Embryos unter dem Mikroskop. Nach Angaben von | |
Reproduktionsmedizinern geht es nicht darum, bestimmte Eigenschaften zu | |
vermeiden, sondern die allgemeine Entwicklungsfähigkeit des Embryos zu | |
ermitteln. | |
Flach zeigt sich optimistisch, dass ihre Initiative gelingen könnte. | |
Bereits im Streit um die gesetzliche Regelung der | |
Präimplantationsdiagnostik (PID) hat die FDP-Politikerin in diesem Sommer | |
als eine der führenden Kräfte gegen den Widerstand großer Teile der | |
Koalition erfolgreich eine vergleichsweise liberale gesetzgebende | |
parlamentarische Mehrheit organisiert. | |
22 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
## TAGS | |
Gentest | |
künstliche Befruchtung | |
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