# taz.de -- Zweifelhafte Transplantation: Töchter bekommen Mamas Uterus | |
> Schwedische Chirurgen feiern die Oraganverpflanzung zweier Gebärmütter. | |
> „Ethisch grenzwertig“, findet die Deutsche Gesellschaft für | |
> Reproduktionsmedizin. | |
Bild: Dieses Ärzteteam hat die umstrittenen Operationen durchgeführt. | |
STOCKHOLM dpa/afp Zwei Frauen haben weltweit erstmals die Gebärmütter ihrer | |
Mütter eingepflanzt bekommen. Die Operationen seien am Wochenende ohne | |
Komplikationen gelungen, teilte die schwedische Universität Göteborg am | |
Dienstag mit. Ein deutscher Experte bremst die Euphorie. | |
Ohne Gebärmutter (Uterus) können Frauen keine Kinder bekommen. Eine der | |
beiden Empfängerinnen hatte ihre eigene Gebärmutter wegen | |
Gebärmutterhalskrebs verloren. Die andere Patientin war ohne Uterus auf die | |
Welt gekommen. Beide Frauen sind nach Angaben der Hochschule zwischen 30 | |
und 40 Jahre alt. | |
Die Eingriffe an der Sahlgrenska-Universitätsklinik seien die weltweit | |
ersten beiden derartigen Transplantationen von Mutter auf Tochter gewesen. | |
Nach Medienberichten soll es bereits Gebärmutter-Transplantationen gegeben | |
haben, bei denen es sich bei Spenderin und Empfängerin aber nicht um Mutter | |
und Tochter handelte. | |
Das Risiko, dass die Körper der beiden Frauen die neue Gebärmutter | |
abstoßen, liegt nach Einschätzung der Ärzte bei den bei Transplantationen | |
üblichen 20 Prozent. Um das Risiko zu minimieren, seien die Uteri der | |
jeweiligen Mütter verwendet worden. Die nahe Verwandtschaft bringe einen | |
„theoretischen Vorteil“ und außerdem sei die Funktionstüchtigkeit dieser | |
Gebärmütter schon bewiesen worden. | |
## Risiko kaum zu Kalkulieren | |
Die Transplantation sei in diesem Fall nur ein erster Schritt, warnt der | |
Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin, Christian | |
Thaler, der Nachrichtenagentur dpa. „Die prinzipielle Sorge ist, dass die | |
Gebärmutter im Verlauf der Schwangerschaft eine Vielfalt an Veränderungen | |
durchlaufen muss, die dann für das Wohlbefinden des Kindes von größter | |
Bedeutung sind. Ob und in welchem Ausmaß dies bei einem Transplantat | |
funktioniert, ist vorher kaum absehbar.“ | |
In einem Jahr sollen die Frauen durch eine sogenannte In-vitro-Fertilisaton | |
(IVF) künstlich befruchtet werden. Dabei sollen Eizellen der jungen Frauen, | |
die vor der Transplantation entnommen wurden, mit dem Sperma ihrer | |
jeweiligen Partner befruchtet und schließlich in der neuen Gebärmutter | |
platziert werden. | |
Erst im Jahr 2014, wenn die Kinder geboren werden sollten, wird sich | |
demnach der wirkliche Erfolg der Operationen zeigen. Wenn die | |
Schwangerschaft erstmal begonnen habe, sei das unumkehrbar, sagt Thaler. | |
„Das ist ein Experiment mit zwei Patienten - Mutter und Baby - das erfüllt | |
mich in hohem Maß mit Sorge.“ Bei allem Verständnis für den Kinderwunsch | |
einer Frau, halte er die gegenwärtigen Transplantationsversuche für | |
„ethisch absolut grenzwertig“. | |
Nach maximal zwei Kindern soll den beiden Frauen der Uterus wieder entfernt | |
werden, damit sie nicht länger die Medikamente nehmen müssen, die ein | |
Abstoßen der neuen Organe verhindern sollen. Die Leiter des seit 1999 | |
laufenden Projekts betonten, dass es nicht darum gehe, älteren Frauen zu | |
Kindern zu verhelfen. | |
In Schweden könnten zwischen 2.000 und 3.000 Frauen keine Kinder bekommen, | |
weil sie keinen Uterus haben. 2011 war in der Türkei erstmals eine | |
Gebärmutter erfolgreich transplantiert worden. | |
19 Sep 2012 | |
## TAGS | |
künstliche Befruchtung | |
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