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# taz.de -- Taz-Serie: Die Grenzen des Wachstums: Nach dem Vorbild der Natur
> Der Unternehmer Gunter Pauli plädiert für eine Wirtschaftsform, die
> ökologisch und auch billig ist. An zahlreichen Beispielen aus aller Welt
> zeigt er auf, wie das möglich sein kann.
Bild: "Ihre Grundbedürfnisse lassen sich nur durch Wachstum lösen", sagt Gunt…
Gunter Pauli ist sowohl Unternehmer als auch Professor – und entsprechend
wandelt er ständig zwischen Theorie und Praxis. "Das übliche ökonomische
Wachstum von heute ist schädlich", sagt der in Antwerpen geborene Erfinder
der "Blue Economy". Zugleich stellt er klar, dass die Befriedigung der
Grundbedürfnisse der Armen nur durch Wachstum zu befriedigen sein wird.
Da er Letzteres zum obersten Ziel einer sinnvollen Wirtschaft erklärt hat,
plädiert der 55-jährige in Südafrika lebende Unternehmer für einen
Wachstumsbegriff, der sich am Vorbild der Natur auf unserem blauen Planeten
orientiert; daher auch der Name seines Konzepts.
In Milliarden von Jahren ist es der Natur gelungen, aus dem immergleichen
Material eine ständig zunehmende Vielfalt hervorzubringen. Seit Beginn des
Lebens auf der Erde ist die Biosphäre in schier unvorstellbarem Ausmaß
gewachsen – ohne dass dabei Müll entstanden ist. Denn der Abfall des einen
Wesens war die Lebensgrundlage für andere. Auch das Wasser ist trotz
ständiger Nutzung stets sauber geblieben.
Vor allem Großtechnologien, weltweite Einheitsprodukte und auf ein
"Kerngeschäft" orientierte Betriebe haben dieses Gleichgewicht in den
vergangenen Jahrzehnten jedoch erheblich zerstört. Sie verbrauchen enorme
Mengen von Energie und Ressourcen, um neben ihren eigentlichen Produkten
riesige Mengen Abfall zu hinterlassen und Wasser, Boden und Luft zu
verseuchen. Damit zerstören sie das Wachstumskonzept der Natur.
Das Konzept des Kerngeschäfts habe "der Natur mehr geschadet als jede
Ölpest oder nukleare Katastrophe", schreibt Pauli in seinem Buch "Neues
Wachstum". Beispiel Agroindustrie: In der agroforstwirtschaftlichen
Produktion werden häufig nur 5 Prozent des Materials tatsächlich genutzt.
Wenn wir auf ein Wirtschaftssystem umstellen würden, in dem 95 oder sogar
100 Prozent genutzt werden, könnten wir zwanzigmal mehr materielle
Bedürfnisse befriedigen, ohne dass die Erde mehr produzieren müsste.
Dadurch entstünde gleichzeitig eine gigantische Jobmaschine.
Seine Schlussfolgerung: "Wir können ein starkes Wirtschaftswachstum
erreichen, ohne dabei die Ozonschicht zu schädigen, Ökosysteme zu schwächen
und das Klima zu verändern."
## Das Open-Source-Prinzip
Gunter Pauli plädiert dafür, die Kaskaden der Natur zu imitieren. Um solche
Beispiele zu finden und zu initiieren, reist Pauli, der sechs Sprachen
spricht und schon auf fast allen Kontinenten gelebt hat, ständig durch die
Welt. Dabei geht es ihm um Techniken, die fehlertolerant sind und auf eine
regional orientierte Versorgung abzielen.
Anders als die heute dominante Wirtschaft verzichtet die Blue Economy auf
Patente, damit möglichst viele Menschen die Beispiele auf die eigenen
Bedürfnisse und regionalen Gegebenheiten zuschneiden können. Das von Gunter
Pauli gegründete [1][Zeri-Netzwerk] veröffentlicht jede Woche eine
Geschäftsidee, die nach dem Open-Source-Prinzip von anderen nachgeahmt
werden kann und soll.
Das jüngste Beispiel ist eine Brauerei in Namibia, die nicht nur Bier
herstellt, sondern aus den dabei anfallenden Abfällen Brot und Pilze
produziert. Letztere werden zum Teil an Tiere verfüttert, die außer Fleisch
auch Mist liefern. Der wandert in eine Vergärungsanlage und produziert dort
zum einen Biogas für die Energieerzeugung, zum anderen eine Nährlösung, die
das Algenwachstum in einem nahe gelegenen See anregt und so eine Fischzucht
ermöglicht. So ist eine ganze Kaskade von Bioprodukten und grünen Jobs
entstanden.
10 Jan 2012
## LINKS
[1] http://www.zeri-germany.de
## AUTOREN
A. Jensen
U. Scheub
## TAGS
Plastiktüten
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