# taz.de -- taz-Serie: Grenzen des Wachstums: Die frühen Mahner | |
> Seit 40 Jahren warnen Dennis und Donella Meadows vor dem Kollaps, der bei | |
> anhaltendem Wachstum kommen muss. Und formulieren drastische Lösungen. | |
Bild: Wachstumsfixierung ist das eigentliche zentrale Problem der Menschheit, f… | |
BERLIN taz | Es ist eines der meistgelesenen Bücher der Welt: "Die Grenzen | |
des Wachstums" von Dennis und Donella Meadows. Seit seinem Erscheinen 1972 | |
wurde es in 29 Sprachen übersetzt und rund 30 Millionen Mal verkauft. Der | |
im Auftrag des Club of Rome erstellte Bericht beruht auf | |
Computersimulationen, die am Massachusetts Institute for Technology (MIT) | |
durchgeführt wurden. | |
Die Autoren setzen verschiedene Trends wie Bevölkerungswachstum, | |
fortschreitende Industrialisierung, Nahrungsmittelproduktion, | |
Umweltverschmutzung und Rohstoffverbrauch in unterschiedlichen Szenarien | |
miteinander ins Verhältnis. Deutlich wird dabei, dass sich die | |
Entwicklungen ohne massives Gegensteuern durch "positive Regelkreisläufe" | |
gegenseitig verstärken und schließlich zu exponentiellem Wachstum führen. | |
## Gefahr eines Zusammenbruchs | |
"Wenn man nichts unternimmt, geschieht tatsächlich doch sehr viel", | |
schreiben die Meadows. Jeder Tag treibe das Weltsystem näher an die Grenzen | |
des Wachstums und vergrößere die Gefahr eines Zusammenbruchs. Der sei zwar | |
nicht genau datierbar, betonen sie. Doch schon Anfang der 1970er Jahre | |
gingen sie davon aus, dass das System kaum ein weiteres Jahrhundert | |
durchhaltbar sei. | |
Von technischen Lösungen erwarten sie bestenfalls kurzzeitige Wirkungen, | |
längerfristig hilft nur ein Gleichgewicht zwischen Geburten- und | |
Sterberate, eine Nahrungsmittelproduktion, die auf Erhalt und Ausweitung | |
fruchtbarer Böden abzielt, und eine gerechtere Einkommensverteilung. | |
Etwa 20 Jahre später machten Donella und Dennis Meadows eine neuerliche | |
Bestandsaufnahme. Sie konstatieren, dass bei vielen Ressourcen und | |
Umweltgiften die Grenzen des langfristig Zuträglichen inzwischen | |
überschritten sind, wir uns also in einigen Bereichen bereits "jenseits der | |
Grenzen" befinden. | |
## Abschied von materiellem Wachstum | |
Erneut betonen sie, dass sie keine Vorhersagen machen, sondern warnen | |
wollen, um neuartige Perspektiven zu eröffnen. "Wir empfinden das | |
Zurücknehmen nicht länger durchhaltbarer ökonomischer Aktivitäten nicht als | |
ein Opfer, sondern im Gegenteil als eine Chance." Der Abschied von | |
materiellem Wachstum könne schließlich mit qualitativen Entwicklungen, | |
geistigem Wachstum und einer menschlicheren Gesellschaft einhergehen, die | |
von "Wahrhaftigkeit", Zuneigung und Solidarität geprägt ist. | |
Zugleich sind Donella und Dennis Meadows überzeugt, dass die Armut im | |
globalen Süden nur überwunden werden kann, wenn das gegenwärtige | |
Verschwendungssystem gebrochen wird. Auch 1991 hielten sie ein | |
"Überschwingen ohne Zusammenbruch" weiterhin für möglich - und entdeckten | |
in lokalen Gruppen vielfältige Keime für die nach Landwirtschaft und | |
Industrialisierung notwendige dritte große Revolution der Menschheit: die | |
Umweltrevolution. | |
Auch heute meldet sich der knapp 70-jährige Dennis Meadows immer wieder zu | |
Wort. Klimawandel und Welthunger sind für ihn nur Symptome der | |
Wachstumsfixierung, die das eigentlich zentrale Problem der Menschheit sei. | |
In einem Aufsatz 2008 formuliert er es drastisch: | |
Die Menschheit hat nur zwei Möglichkeiten, entweder sie sorgt selbst durch | |
Geburtenkontrolle und einen Umgang mit Umwelt und Ressourcen, der | |
langfristig stabil ist - oder sie überlässt das der Natur. "Die wird dann | |
die Sterberate massiv erhöhen und zugleich immer schneller Vermögenswerte | |
zerstören." | |
29 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Annette Jensen | |
Annette Jensen | |
## TAGS | |
Rohstoffe | |
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