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# taz.de -- taz-Serie: Die Grenzen des Wachstums: Die Untragik der Allmende
> Wird bei einer gemeinsamen Nutzung von Gütern wirtschaftliches Wachstum
> weniger wichtig? Das glaubt zumindest die Politikwissenschaftlerin Elinor
> Ostrom.
Bild: Weiß, wo Schluss ist: Elinor Ostrom.
Elinor Ostrom in einer Serie zur Postwachstumsgesellschaft? Gewiss steht
Wachstumskritik nicht im Mittelpunkt des Denkens der
Politikwissenschaftlerin aus Indiana, USA, die vor drei Jahren den
Wirtschaftsnobelpreis erhielt. Trotzdem trägt die 78-Jährige zu der
Diskussion, wie ein gutes Leben ohne Wachstum möglich sei, Interessantes
bei. Sie wollte wissen, unter welchen Bedingungen Menschen öffentliche
Güter gemeinschaftlich nutzen können.
Dass Kühe und Ziegen auf den Weiden nur zwischen den Grenzsteinen ihrer
jeweiligen Besitzer grasen dürfen, ist keineswegs so logisch, wie wir das
heute finden. Jahrhundertelang haben Bauern das Land in und um ihre Dörfer
als Allmenden genutzt, also gemeinsam. Indigene Völker in Asien oder
Lateinamerika bewirtschaften etwa den Regenwald noch heute auf diese Weise.
Es ist Ostroms Verdienst zu zeigen, dass das durchaus effektiv und
ressourcenschonend war und ist.
Allerdings hält Ostrom dafür bestimmte Voraussetzungen für notwendig: Vor
allem, dass die Menschen, die die Allmende gemeinsam nutzen, sich ständig
über diese Nutzung verständigen. Sie müssen sich auf Regeln einigen,
durchaus auch auf Zugangsregeln, sodass es nicht zur Übernutzung kommt:
Hier liegen die Grenzen des Wachstums. Dass eine gemeinsame Nutzung
bedeute, alle könnten sich bedienen, ist ein Missverständnis.
Längst hat sich weltweit, auch in Deutschland, eine große Fangemeinde
Ostroms gebildet, die die Idee der "Commons" – so der englische Begriff für
die Allmende – weiterentwickeln und anzuwenden versuchen, gilt sie doch als
möglicher dritter Weg zwischen kapitalistischer Privatwirtschaft und
sozialistischer Staatswirtschaft.
## Begrenzte Ressourcen
Während diese beiden auf der Grundlage eines steten wirtschaftlichen
Wachstums aufgebaut sind, ist die Allmendewirtschaft durch das Angebot
einer Ressource begrenzt, sei es Wiese, sei es Wald, sei es die
Aufnahmekapazität der Atmosphäre an Kohlendioxid. Diese gilt es dann, auf
Dauer gerecht zu verteilen.
Wirtschaftliches Wachstum, so die Idee, wird dabei weniger wichtig, weil
"all das, was als Gemeingut hergestellt wird, nicht künstlich verknappt
werden muss. Güter werden nicht als Ware hergestellt, sondern um
Sozialbeziehungen zu pflegen, Bedürfnisse zu befriedigen und Probleme zu
lösen", schreibt die Jenaer Publizistin Silke Helfrich in ihrem Blog
[1][commonsblog.wordpress.com]. Sie befasst sich seit Langem mit dem Thema
und hat Werke Ostroms ins Deutsche übersetzt und gemeinsam mit ihr
herausgegeben.
Das Faszinierende an der Allmende-Idee ist, dass sie bereits verwirklicht
wurde und wird. Das Ernüchternde: Überlebt hat sie heute nur in Nischen,
allerdings in vielen. Denn auch das ist zentraler Bestandteil Ostroms
Denkens: Es gibt nicht die eine Lösung für die Probleme endlicher
Ressourcen, nicht den einen, großen Wurf zur Rettung der Welt. Sondern
viele, die je nach Ort und Lage der Dinge jeweils unterschiedlich
ausgestaltet werden müssen. Darum wird es wichtig, die Akteure vor Ort
einzubinden, ihr Wissen und ihre Kompetenzen zu nutzen.
Ostroms Idee bleibt zwar bislang im Bereich des Utopischen – doch nicht nur
das Nobelpreiskomitee wünscht ihr mehr Bedeutung.
13 Jan 2012
## LINKS
[1] http://commonsblog.wordpress.com/
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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