# taz.de -- Streit zu Gorleben: Geologische Mängel spalten Grüne | |
> Die Rolle von Gorleben sorgt für Ärger bei den Grünen. Niedersachsen | |
> kritisiert die Haltung der grün regierten Bundesländer als "unseriös". | |
Bild: Ein Schild warnt vor Strahlung im atomaren Zwischenlager in Gorleben. | |
BERLIN taz | Innerhalb der Grünen ist ein offener Konflikt um die Rolle von | |
Gorleben im Rahmen des neuen Endlager-Suchprozesses von Bund und Ländern | |
ausgebrochen. Dass die grünen Landesvertreter in den Gesprächen mit dem | |
Bundesumweltministerium nicht darauf bestanden haben, den umstrittenen | |
Salzstock im Wendland als möglichen Standort im neuen Verfahren | |
auszuschließen, stößt bei den niedersächsischen Grünen auf Unverständnis | |
und scharfe Kritik. | |
"Wir halten es für unseriös, dass ohne erkennbare und nachvollziehbare | |
Diskussion der geologischen Mängel des Salzstockes der Standort Gorleben | |
unbedingt Teil des 'neuen' Such- und Bewertungsverfahrens bleiben soll", | |
schreiben der niedersächsiche Fraktionschef Stefan Wenzel, seine | |
Stellvertreterin Miriam Staudte und die aus dem Gorleben-Landkreis | |
Lüchow-Dannenberg stammende Europaabgeordnete Rebecca Harms in einer E-Mail | |
an grüne Landesvertreter, die der taz vorliegt. | |
Empfänger des Schreibens vom 10. Januar sind der baden-württembergische | |
Ministerpräsident Winfried Kretschmann, sein Umweltminister Franz | |
Untersteller, die rheinland-pfälizische Wirtschaftsministerin Eveline | |
Lemke, der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel sowie die | |
Umweltministerien von Bremen und dem Saarland. | |
## "Tabuisierte" Mängel | |
Die geologischen Mängel von Gorleben, zu denen ein fehlendes Deckgebirge, | |
Kontakt zum Grundwasser und das Vorkommen von Gas und Öl gehörten, würden | |
in den Verhandlungen "tabuisiert", kritisieren die Niedersachsen. Trotz | |
dieser erwiesenen Mängel bliebe der Salzstock "nach dem bisher bekannten | |
Verhandlungsstand zentraler Standort in einem angeblich ganz neuen | |
Verfahren", schreiben Wenzel, Staudte und Harms. | |
Besonders bedenklich ist das Festhalten an Gorleben nach Ansicht der | |
Niedersachsen, weil verbindliche Sicherheits- und Ausschlusskriterien für | |
das künftige Verfahren nach den bisherigen Plänen erst nach der | |
Verabschiedung eines Endlager-Suchgesetzes im Bundestag festgelegt werden | |
sollen. Dieses Vorgehen "weckt und nährt den Verdacht, dass die alte | |
Geschichte mit dem alten Standort unter neuem Vorzeichen fortgesetzt wird", | |
heißt es in der Mail. Bisher seien stets "die Sicherheitheitsanforderungen | |
an das angepasst worden, was man in Gorleben vorgefunden hat". | |
## Kompetenz in Frage gestellt | |
Indirekt stellen die niedersächsischen Grünen-Vertreter auch die Kompetenz | |
einiger ihrer Parteifreunde aus den anderen Ländern in Frage. Diese dürften | |
nicht "nach relativ kurzer Befassung sehr weitreichende Entscheidungen | |
treffen". Wenn sie sich nicht vor Ort ein Bild machten und das Gespräch mit | |
den Kritikern suchen, könne der Eindruck entstehen, "man hielte uns | |
Lüchow-Dannenberger und Niedersachsen für die Gänse, mit denen man nicht | |
über Weihnachten reden kann". | |
Von den grünen Verhandlungsführern hat bisher nur die rheinland-pfälzische | |
Ministerin Eveline Lemke Gorleben besucht; Franz Untersteller aus | |
Baden-Württemberg soll sich inzwischen ebenfalls angekündigt haben. Scharf | |
kritisieren Harms, Staudte und Wenzel auch die bislang fehlende Einbindung | |
der Zivilgesellschaft in den Verhandlungsprozess. Ein "intransparentes | |
Vorgehen" müsse vermieden werden. | |
## Verhandlungen über "Konsens" | |
"Wo bleibt die Einbindung der Bürger, der Verbände oder der in Gorleben | |
sehr engagierten Kirche?", fragen sie – und stellen fest: "Gerade zur | |
Verwirklichung der Bürgerbeteiligung, der Einbindung der Zivilgesellschaft | |
fehlt uns bisher ein erkennbarer Grüner Plan". Bund und Länder verhandeln | |
seit November über einen "Konsens" in der Endlagerfrage. Noch in diesem | |
Jahr wird die Einigung auf ein Gesetz angestrebt. | |
Umweltverbände hatten zuletzt deutliche Kritik an der Verhandlungsposition | |
der Grünen Landesvertreter und auch der Bundestagstagsfraktion geübt. Sie | |
fordern, Gorleben wegen der erwiesenen Mängel im neuen Endlagerprozess | |
auszuschließen. Dafür hatte sich zuletzt auch der SPD-Parteitag | |
ausgesprochen. Union und FDP bestehen bisher darauf, dass Gorleben im | |
Prozess bleibt. | |
Und anders als die Grünen, die auf ein frühes Ausscheiden von Gorleben | |
aufgrund von Sicherheitskritierien setzen, geht Schwarz-Gelb auch davon | |
aus, dass der niedersächsische Salzstock zu den zwei Standorten gehört, die | |
am Ende nach unterirdischer Erkundung verglichen werden, bevor dann ein | |
Standort ausgewählt wird. | |
22 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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