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# taz.de -- Umweltminister Röttgen will neue Behörde: Bundesinstitut für End…
> Der Entwurf für ein "Standortauswahlgesetz" sieht eine neue
> Ethikkommission vor – und die Entmachtung des Bundesamts für
> Strahlenschutz. Die Rolle von Gorleben bleibt offen.
Bild: Ein Mann mit Durchblick und Visionen: Bundesumweltminister Norbert Röttg…
BERLIN taz | Bei der Suche nach einem Atommüllendlager will die
Bundesregierung offenbar neue Strukturen schaffen. Der erste Entwuf für ein
"Standortauswahlgesetz" aus dem Haus von Bundesumweltminister Norbert
Röttgen (CDU), der der taz vorliegt, sieht zum einen die Gründung eines
neuen "Bundesinstituts für Endlagerung" vor.
Das Institut soll für die Erarbeitung von wissenschaftlichen Kriterien, die
Steuerung des Auswahlprozesses und die Öffentlichkeitsbeteiligung
verantwortlich sein. Damit würde das als kritisch geltende Bundesamt für
Strahlenschutz, das bisher für diese Aufgaben zuständig ist, teilweise
entmachtet.
Zum anderen soll eine "Ethikkommission" eingerichtet werden, die die
"verantwortungsethischen Entscheidungsgrundlagen" begutachtet und den
Prozess der Standortauswahl begleitet. Über die Zusammensetzung gibt es
noch keine Angaben. Nach dem Atomunglück in Fukushima hatte die Regierung
schon einmal eine Ethikkommission zur Zukunft der Atomkraft in Deutschland
eingesetzt.
Röttgens Gesetzentwurf, der die Grundlage für die weiteren Verhandlungen
zwischen Bund und Ländern über einen Endlagerkonsens sein soll, legt zudem
die einzelnen Schritte des Suchprozesses fest. Nach Verabschiedung des
ersten Gesetzes sollen Entscheidungsgrundlagen erarbeitet und in einem
zweiten Gesetz beschlossen werden.
Anschließend sollen mehrere Regionen oberirdisch und ein oder mehrere
Standorte unterirdisch untersucht werden. Die zwischen den Parteien
umstrittene Frage, ob Gorleben dabei ein gesetzter Standort ist oder ob es
- entweder schon vor Beginn des Verfahrens oder anhand der festgelegten
Kriterien im Lauf des Verfahrens - ausgeschlossen wird, lässt der Entwurf
offen.
## Genehmigung und atomrechtliche Aufsicht abgetrennt
An vielen Stellen wird im Gesetz auf die Wichtigkeit von "Transparenz" und
"Öffentlichkeitsbeteiligung" verwiesen. Die Frage, ab welchem
Verfahrensstand und in welcher Form die Beteiligung erfolgen soll, wird
allerdings explizit offengelassen.
Ausführlich widmet sich der Entwurf dem neu zu schaffenden "Bundesinstitut
für Endlagerung". Als Begründung für diese neue Behörde verweist das Gesetz
auf die Notwendigkeit, "Genehmigung und atomrechtliche Aufsicht vom Betrieb
der Endlager zu trennen". Mit dieser Begründung hatte Röttgen schon früher
einen Vorstoß unternommen, dem Strahlenschutzamt die Zuständigkeit für die
Endlagerung zu entziehen.
Eine Rolle könnte dabei aber auch spielen, dass der einst vom
Grünen-Umweltminister Jürgen Trittin eingesetzte BfS-Chef Wolfram König zum
bisherigen Erkundungsprozess im Salzstock Gorleben eine kritische Haltung
eingenommen hat.
Als möglicher Leiter des neuen Instituts wird in Fachkreisen Michael Sailer
genannt. Der Chef des Öko-Instituts gilt ebenfalls als atomkraftkritisch,
ist aber innerhalb der Antiatomkraftszene umstritten, etwa weil er sich -
im Gegensatz zu König - gegen die Bergung des Atommülls aus dem havarierten
Endlager Asse ausspricht. Als Leiter der Entsorgungskommission hat er einen
engen Draht zu Röttgens Ministerium.
Das Bundesamt für Strahlenschutz wollte die Pläne am Dienstag nicht
kommentieren. In der Vergangenheit hatte die Behörde den Vorwurf, sich beim
Betrieb von Endlagern selbst zu beaufsichtigen, stets zurückgewiesen und
auf die Aufsicht und Genehmigung durch Bundes- und Landesministerien
verwiesen. Die von der EU gefordert Trennung der Funktionen von Betrieb und
Aufsicht werde korrekt umgesetzt.
## "Der dritte Schritt vor dem ersten"
In einer ersten Reaktion sagte die rheinland-pfälzische
Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) der taz, bei Röttgens Entwurf
gebe es "an vielen Stellen noch Diskussions- und Klärungsbedarf". Indem
bereits über neue Behörden nachgedacht werde, bevor wesentliche Inhalte
geklärt seien, werde "der dritte Schritt vor dem ersten gemacht". Zudem
habe sich in Röttgens Entwurf "der neue Geist von mehr Bürgerbeteiligung
und Partizipation noch nicht niedergeschlagen", sagte Lemke.
Auch Jochen Stay von der Initiative .ausgestrahlt kritisierte, der Entwurf
biete keine echte Bürgerbeteiligung, sondern nur eine Simulation. "Ein
gesellschaftlicher Konsens kann nur entwickelt werden, wenn alle
Beteiligten die gleichen Rechte und die gleichen Möglichkeiten der
Einflussnahme haben und die Entscheidung nicht am Ende von einer
staatlichen Behörde gegen die Bürgerinnen und Bürger getroffen werden
kann." Zudem müsse als Voraussetzung für einen echten gesellschaftlichen
Konsens der Standort Gorleben in Niedersachsen komplett aufgegeben werden.
Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
sieht den Entwurf als "doppelten Schachzug" von Röttgen: Zum einen solle
das Bundesamt für Strahlenschutz "entmachtet" und zum zweiten das Ansinnen,
Gorleben im Spiel zu halten, "hoffähig gemacht" werden.
24 Jan 2012
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
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