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# taz.de -- E-Mail-Überwachung: Schnüffler wollen in Ruhe schnüffeln
> Rund 37 Millionen E-Mails und Telefongespräche hat der BND im Jahr 2010
> gefilzt. Bei der Frage nach Details mauert die Bundesregierung.
Bild: Schnüff, schnüff ...
BERLIN taz | „Strategische Fernmeldeaufklärung dient der Aufklärung
einzelner Gefahrenbereiche, indem unter bestimmten Voraussetzungen
gebündelt übertragene internationale Telekommunikationsverkehr erfasst
werden können“, heißt es in bestem Behördendeutsch in der Antwort auf eine
Kleine Anfrage der Linken-Abgerdneten Andrej Hunko, Jan Korte und Jan van
Aken.
Was steckt dahinter? Routinemäßig [1][durchleuchten] deutsche Geheimdienste
die elektronische Kommunikation von und nach Deutschland, um Terroristen,
Waffenhändler und illegale Schleuser zu ertappen.
Die Bilanz ist eher ernüchternd: Gerade einmal 213 verwertbare Hinweise
haben die Dienste nach dem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums
(PKGr) aus dem riesigen Datenstrom gefischt, nur zwölf E-Mail-Dialoge
schafften es, die Aufmerksamkeit der Geheimdienstler zu erregen.
Dazu wurde ein Katalog mit über 30.000 vermeintlich verräterischer Begriffe
und Wortkombinationen erstellt, nach denen die elektronischen
Schnüffelnasen jegliche Kommunikation durchsuchen, derer sie habhaft
werden.
## Spam-Problem macht auch vor Schnüfflern nicht halt
Wie viel die Überwachung kostet, wo die Daten abgeschöpft werden, welche
Software zum Einsatz kommt – diese Informationen will die Bundesregierung
nicht an die Öffentlichkeit lassen. Gebetsmühlenartig wiederholt die
Bundesregierung, dass solche Auskünfte „die Funktionsfähigkeit der
Sicherheitsbehörden gefährden.“ Konkrete Informationen werden allenfalls
Abgeordneten als Geheimsache zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt.
Immerhin verraten die Geheimdienstler interessante Nichtigkeiten. So haben
auch sie mit einem Spam-Problem zu kämpfen: 90 Prozent der ausgefilterten
Nachrichten sind unerwünschte Werbemails. Und: Die Geheimdienste forschen
selbst in Weblogs nach belastenden Informationen.
„Die Bundesregierung wirft mehr Fragen und Zweifel auf, als dass die
Öffentlichkeit über das Ausmaß der staatlichen
Telekommunikationsüberwachung aufgeklärt wird“, kritisiert der Abgeordnete
Andrej Hunko. So macht der IT-Nachrichtendienst Golem.de gestern mit der
Schlagzeile auf: „Deutsche Geheimdienste können PGP entschlüsseln“ – da…
hat die Bundesregierung das gerade nicht gemacht.
Auf die Frage, ob die Dienste verschlüsselte Kommunikation wie etwa die
E-Mail-Verschlüsselungstechnik PGP oder das Netzwerkprotokoll SSH auswerten
könne, antwortet die Bundesregierung lediglich mit einem pauschalen „Ja“.
## Verschlüsselungstechniken geknackt?
Welche Verschlüsselungstechniken sie knacken können, verraten die
Geheimdienste natürlich nicht. Dabei ist die Falschmeldung ganz im Sinne
der Geheimdienste: Die vermeintlichen Übeltäter sollen nicht wissen, welche
Technik sicher ist. Dass es dann auch der Bürger nicht wissen kann, den die
Geheimdienste schützen sollen, wird toliert. Ernsthafte Hinweise, dass die
PGP-Verschlüsselung oder das Open-Source-Gegenstück GPG geknackt sei, gibt
es nicht.
Dabei haben die Geheimdienste genug andere Möglichkeiten. So ist die
Verschlüsselungstechnik der meisten Mobiltelefongespräche über die
GSM-Netze in Deutschland schon lange öffentlich geknackt. Hacker können mit
minimalem Aufwand den Verkehr von ganzen Mobilfunkzellen abschöpfen, für
Geheimdienste mit Spezial-Hardware ist es schon lange kein Hindernis mehr –
Abhörzellen sind seit Jahren auf dem Markt.
Und wo die Verschlüsselung nicht knackbar ist, kann man sie oft umgehen.
Dies funktioniere „etwa über den Einsatz eines Trojaners“, erklärt Hunko
gegenüber taz.de. Solche Spionagesoftware kann Passwörter oder private
Schlüssel unbemerkt kopieren. „Dies traue ich den Geheimdiensten des Bundes
zu“, sangt Hunko.
25 May 2012
## LINKS
[1] /Geheimdienste-ueberwachten-E-Mailverkehr/!88454/
## AUTOREN
Torsten Kleinz
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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