# taz.de -- Vorratsdaten in Großbritannien: Die Queen liest mit | |
> Die britische Regierung will die Vorratsdatenspeicherung ausweiten. In | |
> Zukunft sollen Behörden auch Informationen über Mail-Verkehr ohne | |
> richterlichen Beschluss abrufen können. | |
Bild: Mittelalterliche Kostümveranstaltung mit hochmodernem Thema. | |
KÖLN taz | Die Gerüchte um ein neues Überwachungsgesetz in Großbritannien | |
kursieren schon seit Monaten – nun wurden sie vom Staatsoberhaupt | |
bestätigt. Queen Elisabeth II hat in ihrer jährlichen Rede vor dem | |
Parlament die neue Initiative im Namen der konservativ-liberalen | |
Regierungskoalition angekündigt. | |
„Meine Regierung beabsichtigt Maßnahmen voranzubringen, um die Fähigkeit | |
der Strafverfolgungsbehörden aufrechtzuerhalten, auf wichtige | |
Kommunikationsdaten zuzugreifen – unter strikten Schutzklauseln für die | |
Öffentlichkeit“, sagte die Königin. Ein Vorratsdaten-Gesetz existiert in | |
Großbritannien schon seit dem Jahr 2000. Britische Behörden können seither | |
von Providern und Telefongesellschaften ohne Richterbeschluss Daten zum | |
Kommunikationsverhalten der Bürger abfragen. Das neue Gesetz soll die Art | |
der überwachten Kommunikationsdaten ausweiten, sodass auch E-Mails oder | |
Skype-Gespräche darunter fallen. | |
Wie das genau umgesetzt werden soll, ist noch nicht ganz klar. So gab es | |
Pläne, bei den Providern so genannte | |
[1][//www.techweekeurope.co.uk/news/snoopers-charter-black-boxes-77206%E2%8 | |
0%9C:Black Boxes] aufzustellen, mit denen die Behörden in Echtzeit auf die | |
Kommunikation zugreifen könnten. Das Innenministerium soll dieses Vorhaben | |
aber inzwischen fallen gelassen haben. | |
In Deutschland ist die Installation solcher Regierungs-Rechner im Rahmen | |
der E-Mail-Überwachung Pflicht für Provider. Allerdings können die Behörden | |
nur auf Daten zugreifen, die vom Provider extra freigeschaltet werden. | |
Unklar ist auch, inwieweit Unternehmen wie Facebook, Google oder Skype | |
gezwungen werden sollen, Kommunikationsdaten an die britischen Behörden zu | |
übermitteln. | |
Die englische Regierung betont, dass klare Regelungen unbotmäßige | |
Überwachungen verhindern sollen. So soll die Speicherdauer auf ein Jahr | |
beschränkt werden – bisher gibt es keine solche Grenze. Außerdem können | |
ohne Gerichtsbeschluss nicht die Inhalte von E-Mails oder SMS gelesen | |
werden, lediglich die Metadaten: Wer hat wann mit wem, wo und auf welche | |
Weise kommuniziert. | |
Doch [2][//www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten%E2%80%9C:solche | |
Daten] reichen schon aus, um festzustellen, wer sich beispielsweise in der | |
Nähe von gewalttätigen Ausschreitungen aufgehalten hat. So hatten Ermittler | |
im vergangenen Jahr den bei britischen Jugendlichen beliebten SMS-Ersatz | |
„BlackBerry Messenger“ | |
[3][//www.guardian.co.uk/media/2011/aug/08/london-riots-facebook-twitter-bl | |
ackberry%E2%80%9C:ausgewertet], um Anstifter der Krawalle im ganzen Land zu | |
ermitteln. | |
## Zweifel an der Wirksamkeit | |
Das neue Gesetz stößt auf öffentlichen Widerstand. „Vor zwei Jahren hatte | |
sich die Koalition verpflichtet, unsere Rechte und Freiheiten zu schützen“, | |
beschwert sich der Leiter der Bürgerrechtsgruppe „Liberty“ [4][gegenüber | |
der BBC]. „Jetzt, wo sich zeigt, welche Probleme das Regieren in einer | |
Rezession bereitet, sollten die Politiker aller Parteien erinnern, welche | |
Werte sie verteidigen sollten“. | |
Dass die neuen Überwachungsmaßnahmen gegen Terroristen helfen könnten, wird | |
allgemein bezweifelt – zu vielfältig sind die Möglichkeiten, | |
Kommunikationsdaten zu verschlüsseln oder auf andere Kanäle auszuweichen. | |
Insgesamt hält sich die Empörung der britischen Öffentlichkeit, die | |
inzwischen zum Beispiel an die grassierende Video-Überwachung gewöhnt ist, | |
in Grenzen. Eine | |
[5][//epetitions.direct.gov.uk/petitions/32400%E2%80%9C:Online-Petition | |
gegen die neuen Überwachungspläne], die bereits im April eingerichtet | |
wurde, hat erst 10.000 Unterstützer gefunden. | |
11 May 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[2] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[3] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
[4] http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-18003315 | |
[5] http://typo3/%E2%80%9Chttp | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
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