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# taz.de -- Interne EU-Bilanz zu Vorratsdaten: Wenig Nutzen für die Sicherheit
> Ein internes EU-Papier bemängelt schwerwiegende Schwächen der
> Vorratsdatenspeicherung. Es gebe nur wenig Belege aus den Ländern für die
> Nützlichkeit der Daten.
Bild: Viele offene Enden bei der Speicherung von Verbindungsdaten.
BERLIN taz | Innerhalb der EU gibt es offenbar erhebliche Zweifel an der
Nützlichkeit der Vorratsdatenspeicherung. Das geht aus einem internen
Papier hervor, das seit mehreren Tagen [1][auf der Website der
Datenschutzinitiative Quintessenz abrufbar] ist. Demnach haben nur 11 der
27 Mitgliedsländer Daten geliefert, die den Nutzen von Vorratsdaten in
konkreten Fällen belegen können.
Das vertrauliche Papier ist [2][von der Abteilung für Justizkooperationen
des Rats-Sekretariats] erstellt worden und fasst die Ergebnisse der
Beratungen der EU-Kommission mit Regierungen und Behörden in den
Mitgliedsländern zusammen. In weiteren Punkten kritisieren die Autoren,
dass die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in vielen Ländern
Telekomfirmen, Datenschützer wie Bürger verwirre. Auch sei die Anwendung
nicht mehr nur auf Terrorismus und schwere Kriminalität beschränkt.
"Klarer als in diesem Dokument lässt sich das faktische Scheitern der
Vorratsdatenspeicherung nicht belegen", sagt Michael Ebeling von
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat). "Diese Maßnahme ist in
ihrer technischen und bürokratischen Umsetzung misslungen." Der
Arbeitskreis kritisiert die Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich, da dabei
auch die Daten von unverdächtigen Bürgern aufgezeichnet werden. "Es gibt
gute Gründe dafür, dass unbescholtene Menschen nicht ins Visier der
Ermittler geraten", sagte Ebeling taz.de.
## Irreführende und nicht verwertbare Belege
In deutlichen Worten kritisiert das Papier des EU-Ministerrats die
Meldungen aus den EU-Ländern. Es gebe wenige Hinweise "für den Wert der
Vorratsdatenspeicherung in Bezug auf die öffentliche Sicherheit und
Strafjustiz". Die Belege der EU-Mitgliedsstaaten bestünden zumeist aus
Aussagen, dass die Daten wichtig sein, seltener werde diese Wichtigkeit
auch demonstriert. An späterer Stelle berichten die Autoren, dass in
mindestens drei Staaten, die gemeldeten Daten nicht verwertbar oder
irreführend gewesen seien.
Die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung wurde 2006 eingeführt
und sollte die Speicherung von Verbindungsdaten in der Union
vereinheitlichen. Sie verpflichtete die EU-Länder dazu, die Daten
mindestens sechs Monate und höchstens zwei Jahre auf Vorrat zu speichern.
Ob ein Verdacht gegen die Nutzer, dessen Daten gespeichert werden sollen,
vorliegt, ist nicht relevant. Die Daten dürfen laut Richtlinie nur zur
Verfolgung von Terrorismus und schweren Straftaten eingesetzt werden –
allerdings gibt es keine EU-weite Definition von schweren Straftaten.
## Nicht nur Terrorismus
Auf dieses Problem weisen auch die Autoren des EU-Papieres hin. Es sei
bedenklich, dass Vorratsdaten in mehreren Ländern nicht zweckgebunden
erhoben und deshalb nicht nur für Terrorismus oder schwere Verbrechen
genutzt würden. Zudem gebe es häufig keinen Standard für die Abfrage der
Daten, so dass viele Firmen nicht wüssten, welche Behörden berechtigt
seien, Daten abzufragen. Ebenso wüssten in vielen Fällen
Datenschutzbeauftragte und auch Bürger nicht, wessen Daten zu welchen Zweck
abgerufen werden.
Unklar bleiben die Schlüsse, die aus diesen Feststellungen gezogen werden.
Während einerseits zwei Studien in Auftrag gegeben wurden, die auch
alternative Formen der Datenspeicherung betrachten sollen, schlägt das
EU-Ratssekretariat in seinem Papier mehrere Fragen vor, die nun diskutiert
werden sollten. Darunter auch die Frage, "wie die Vorzüge der
Vorratsdatenspeicherung allgemein und der EU-Richtlinie im Speziellen
effektiv demonstriert werden" könnten. Das provoziert beim AK Vorrat Spott.
Offenbar falle es selbst der EU schwer, sagt Ebeling, sechs Jahre nach
Einführung des Gesetzes, dessen Sinn zu begründen.
8 Jan 2012
## LINKS
[1] http://quintessenz.org/doqs/000100011699/2011_12_15,Eu_Commission_data_rete…
[2] http://register.consilium.europa.eu/servlet/driver?typ=Advanced&cmsid=6…
## AUTOREN
Lalon Sander
## TAGS
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