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# taz.de -- Spam-Mails: Der Kampf gegen die Hydra
> Immer wieder gelingt Sicherheitsfirmen ein Schlag gegen Spamnetze. Doch
> Spam-Mails werden nicht weniger. Viele Nutzer laden dazu ein, sie damit
> zu überschütten.
Bild: Was viele am Briefkasten stehen haben, hilft gegen E-Mail-Werbung nicht v…
BERLIN taz | Ob es um missionierende oder volksverhetzende Meinungsmache
geht oder um Werbung für Billigkredite oder Potenzmittel: Spam-Mails
nerven. Sicherheitsexperten von IT-Firmen verkünden deshalb immer gern die
neuesten Siege im Kampf gegen Spammer.
Der jüngste Schlag gelang der kalifornischen Firma FireEye, einem
Hersteller von Sicherheitssoftware gegen Cyberkriminalität. Ihr war es
gelungen, das Grum-Net abzuschalten. Dieses „Zombienetz“ soll für rund die
Hälfte des weltweiten Aufkommens unerwünschter E-Mail-Werbung
verantwortlich gewesen sein.
Das Grum-Net ist ein sogenanntes Botnetz. Das sind von Schadsoftware
(Malware) infizierte Rechner, die von Spammern dazu benutzt werden,
ungeheure Massen von E-Mails zu versenden. Oft werden die befallenen
Computer übernommen und missbraucht, ohne dass deren Besitzer etwas merken.
Der Rechner wird zum ferngesteuerten Zombie.
Die zentralen Kommandoserver, die die Befehle versenden, stehen oft in
Ländern, die beim Kampf gegen Spam nicht unbedingt die Avantgarde bilden –
beim Grum-Net etwa in Russland und Panama. Das Netz war schon 2008 entdeckt
worden. Es war spezialisiert auf Werbung für Pharmaprodukte, fast immer
angebliche Potenzmittel.
Botnetze können jedoch nur existieren, weil Server im Internet schlecht
gewartet werden oder weil private Nutzer sich nicht für Sicherheit
interessieren. Und auch, weil viel Software in Umlauf ist, die irgendetwas
Nützliches verspricht, in Wirklichkeit aber eine eingebaute Spionage- oder
Schadfunktion transportiert. Zu den Standardfunktionen solcher Malware
gehört es, den Virenscanner des betroffenen Rechners zu umgehen oder
abzuschalten.
## Ein Viertel aller Computer im Internet
Wie viele Computer Teil eines Botnetzes sind, kann niemand genau sagen. Die
Verlautbarungen der Virenschutz-Software-Lobby suggerieren, dass ein
Fünftel aller Rechner im Internet schon befallen sei. Das Klappern gehört
bekanntlich zum Handwerk.
Nach Angaben des US-Informatikers Vinton G. Cerf, der zu den Vätern des
Internets gezählt wird, soll es sogar ein Viertel aller Computer im
Internet sein. Die Sicherheitsfirma Symantec behauptet, Cyberkriminalität
wie Botnetze, Phishing-Attacken und der Versand trojanischer Pferde per
E-Mail seien ein Exportschlager Deutschlands. Das mag an den im
europäischen Durchschnitt schlechten Internet-Kenntnissen der deutschen
Nutzer liegen, die zu einer mangelnden Sensibilität für die Risiken führt.
Hinzu kommt, dass für Malware-Attacken besonders empfängliche mobile
Endgeräte wie Smartphones hierzulande ebenso beliebt sind wie die
sogenannten sozialen Netzwerke, also Facebook und Co. Letztere erziehen sie
die Nutzer dazu, die von Experten empfohlenen Sicherheits-Features
abzuschalten. Wer Datenspionage per Standardeinstellung erlaubt, öffnet
auch Einfallstore für bösartige Dateien, die den Rechner zum Teil eines
Botnetzes machen können.
In den letzten Jahren häufen sich die Meldungen über „entscheidende
Schläge“ gegen Botnetze wie Srizbi, Rustock, Mega-D, Pushdo.A, Storm,
Waledac. Das Waladec-Netz sollte nach Angaben von Microsoft bis zu 1,5
Milliarden Spam-Mails täglich verschickt haben, das Rustock-Botnetz sogar
bis zu 44,1 Milliarden. Aber seltsam: Obwohl diese Botnetze durch eine
Kombination juristischer und technischer Aktionen lahmgelegt wurden, nahm
die Zahl der unerwünschten Werbemails nicht signifikant ab.
Der Kampf gegen Spam ist ein Kampf gegen eine Hydra, die immer wieder
nachwächst. Der Versand unerwünschter Werbung mithilfe eines Botnetzes ist
ein erfolgreiches, effektives und kostengünstiges Geschäftsmodell. „Sie
haben dreißig Trilliarden Dollar gewonnen – klicken Sie hier!“ – „Ihr …
wurde gesperrt, und wenn Sie nicht 100 Euro sofort überweisen, schalten wir
Ihren Rechner ab.“ Solange Menschen auf so etwas reinfallen, so lange wird
es auch Botnetze geben.
23 Jul 2012
## AUTOREN
Burkhard Schröder
## TAGS
Ausbeutung
Schwerpunkt Überwachung
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