# taz.de -- Streit der Woche: Braucht die Bahn mehr Konkurrenz? | |
> Die Deutsche Bahn ist auf Deutschlands Schienen unangefochten. Auch im | |
> Busfernverkehr ist sie die Nummer Eins. Ob das so bleiben darf, da | |
> scheiden sich die Geister. | |
Bild: All überall die Deutsche Bahn. Kann das so bleiben? | |
BERLIN taz | Von Hamburg nach Köln - im Intercity der Deutschen Bahn kosten | |
die knapp 450 Kilometer Schienenstrecke ohne Rabatte und Kundenkarten 83 | |
Euro. Seit Montag geht es jedoch billiger: Bei sehr geringer Nachfrage kann | |
die Karte des Hamburg-Köln-Express‘ (HKX) schon mal 75 Prozent weniger | |
kosten als die Bahnkarte, maximal kostet die Verbindung 60 Euro. Bei zehn | |
Minuten mehr Fahrzeit – also der durchschnittlichen Verspätung der DB, wie | |
Bahn-Kritiker frotzeln. | |
Ob der jüngste Bahnkonkurrent damit bei den Kunden landen kann, bleibt | |
abzuwarten. Doch die alte Frage ist schon jetzt wieder hoch gekocht: Gibt | |
die Deutsche Bahn AG eigentlich schon alles für die Kunden? Und wenn nein, | |
wie kann man sie dazu bringen? | |
Christian Janisch nennt sich einen Überzeugungstäter. Warum er vor | |
zweieinhalb Jahren das Fernbus-Unternehmen Dein Bus mitgegründet hat, | |
erklärt der studierte Betriebswirt ganz simpel: Er habe während seines | |
Studiums selbst oft gemerkt, dass mobil sein sehr teuer werden kann – wenn | |
man auf den Monopolisten Deutsche Bahn oder ein Auto angewiesen ist. | |
Mittlerweile fährt Dein Bus recht regelmäßig, doch ein umfassendes Angebot | |
hat das Start-Up seit der Jungfernfahrt im Dezember 2009 von Frankfurt nach | |
Köln noch immer nicht aufgebaut. Denn bisher gilt eine über 70 Jahre alte | |
Regelung, sie steht im so genannten Personenbeförderungsgesetz. | |
## Keine neue Linien | |
Ist für eine Strecke schon eine ausreichende Versorgung durch Linienverkehr | |
gewährleistet, darf keine neue Linie eingeführt werden. In der Realität | |
bedeutet das: Wo die Bahn schon fährt, darf kein Konkurrent mehr | |
nachziehen, es sei denn er bringt eine merkliche Verbesserung des Angebots. | |
Für die meisten potenziellen Konkurrenten der Bahn, die neben jährlich 126 | |
Millionen Fernreisenden auf der Schiene mit eigenen Angeboten auch den | |
Großteil der zwei Millionen Fernbusreisenden abgreift, ist das kaum | |
machbar. Die schwarz-gelbe Regierung verabschiedete deshalb im vergangenen | |
Sommer einen Reformentwurf, der unter anderem den Fernbusverkehr | |
liberalisieren soll. Im Herbst dieses Jahres soll das novellierte Gesetz im | |
Bundestag verabschiedet werden und dann sofort in Kraft treten. | |
Doch nicht alle sind damit zufrieden. Sabine Leidig, verkehrspolitische | |
Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag fürchtet, dass nur Großkonzerne | |
in Konkurrenz mit der Bahn treten werden. Diese würden über Lohndumping die | |
Preise drücken, bis die Bahn ihr Angebot auf der Strecke einstellen müsse. | |
„Der nächste Schritt ist dann, dass der private Anbieter die Preise erhöht | |
und den Fahrplan ausdünnt, weil sich diese Buslinien eigentlich nur in den | |
Stoßzeiten rechnen“, sagte Leidig in einer Bundestagsdebatte im Januar. | |
Die Einführung der Greyhound-Überlandbusse in den USA „unter massivem Druck | |
der Automobilkonzerne“ führe die Folgen anschaulich vor Augen. „Sie sind | |
maßgeblich für die Zerstörung eines einstmals großen intakten | |
Eisenbahnnetzes verantwortlich“, sagt Leidig. Sie plädiert stattdessen für | |
eine bessere Kontrolle des bundeseigenen Betriebs durch den Aufsichtsrat, | |
den die Bundesregierung teilweise besetzt. | |
Andere Kritiker der Liberalisierung sehen in mehr privater Konkurrenz zur | |
Bahn Raubbau an der öffentlichen Versorgung. Sie verweisen auf | |
Großbritannien. Dort passierten seit der Privatisierung des | |
Schienenverkehrs in den 90er Jahren übermäßig viele Unfälle zwischen | |
verschiedenen Anbietern auf dem Schienennetz und die Geldsummen, die der | |
britische Staat in Subventionen für die privaten Unternehmen versenkte, | |
waren gigantisch. | |
Was meinen Sie, baucht die Deutsche Bahn mehr Konkurrenz? | |
Beziehen Sie Stellung! Die taz wählt unter den interessantesten Kommentaren | |
ein oder zwei aus und veröffentlicht sie im Wochenendmagazin sonntaz. Der | |
Kommentar sollte etwa 1.000 Zeichen umfassen und mit dem Namen und der | |
E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie | |
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der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 28/29. Juli. An jedem gutsortierten | |
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24 Jul 2012 | |
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## AUTOREN | |
Karen Grass | |
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