# taz.de -- Debatte US-Wahl: „Warum ich Romney wähle“ | |
> Für den seriösesten Präsidentschaftskandidaten seit Langem: Ein | |
> Ex-Wall-Street-Manager erklärt, warum er sein Kreuz bei den Republikanern | |
> macht. | |
Bild: Superseriös: Boston Convention Center, wo Mitt Romney seine Election Nig… | |
Aus zwei Gründen werde ich Mitt Romney wählen. Erstens glaube ich, dass er | |
die US-Wirtschaft sanieren kann. Zweitens ist Romney aus meiner Sicht der | |
seriöseste Präsidentschaftskandidat, seitdem ich wählen darf – also seit | |
1972, als Richard Nixon gegen George McGovern antrat. | |
Als Amerikaner, der schon diverse Präsidentschaftswahlkämpfe beobachtet | |
hat, gehe ich davon aus, dass die Kandidaten es mit den Fakten nicht ganz | |
so genau nehmen und sie für ihre Zwecke instrumentalisieren. Aber selbst | |
das allseits praktizierte Ritual der Selbstüberhöhung kann das Leben und | |
die Karriere der Kandidaten nicht komplett neu erfinden. | |
Ich glaube, dass Romney ein Pragmatiker ist, der verstanden hat, dass die | |
Wirtschaft am besten gedeiht, wenn die Regierung die Unternehmen so wenig | |
wie möglich behindert. Eines seiner zentralen Ziele ist es, die heimische | |
Öl-, Gas- und Kohleförderung anzukurbeln, damit die USA unabhängiger von | |
Ölimporten werden. Die Vereinigten Staaten sind ein energiereiches Land, | |
aber oft ist die Förderung verboten. Das Problem ist also politisch, nicht | |
technologisch. Viele dieser Restriktionen würden unter Romney verschwinden. | |
## Vierfacher Profit | |
Romney und viele Republikaner wie ich sind der Meinung, dass die USA gleich | |
vierfach davon profitieren würde, wenn unsere heimische Energieindustrie | |
ausgebaut würde. Erstens würden Millionen von Amerikanern hochbezahlte Jobs | |
in der Energieindustrie finden. Diese Arbeiter würden, zweitens, dann | |
beachtliche Summen an Einkommenssteuer zahlen. Drittens könnten die USA | |
ihre Importe aus feindlichen Staaten reduzieren. Viertens würden die | |
Energiekonzerne die Kosten für die neuen Jobs und das Wachstum tragen und | |
damit den Steuerzahler entlasten, der bisher die Konjunkturprogramme | |
finanzieren muss. | |
Amerikaner wie ich wissen, dass Misserfolge gelegentlich zum Kapitalismus | |
gehören. Wir akzeptieren, dass Branchen neu entstehen, aufblühen und oft | |
irgendwann überflüssig werden. Romney kennt diesen Prozess und versteht, | |
wann ein Industriezweig kommerziell überlebensfähig ist. | |
Präsident Obama hingegen glaubt, dass staatliche Subventionen den Markt | |
ersetzen können – wie er bewiesen hat, als er die US-Solarindustrie | |
unterstützt hat. Leider ist diese Branche aber noch weit entfernt von | |
irgendeinem kommerziellen Erfolg. Warum? Weil die Umwandlungseffizienz der | |
Solarzellen noch viel zu gering ist, um mit konventionellen Energiequellen | |
zu konkurrieren. | |
Bei den Solarzellen wird es irgendwann einen technologischen Durchbruch | |
geben. Aber er wird sich höchstwahrscheinlich in einem Universitätslabor | |
ereignen, weswegen sich Amerika darauf konzentrieren sollte, die | |
akademische Forschung zu finanzieren – statt das Geld der Steuerzahler zu | |
verschwenden, indem Firmen unterstützt werden, die unterlegene und teure | |
Produkte herstellen. | |
## Das Kapital gut behandeln | |
Romney versteht das Prinzip, dass das Kapital dorthin geht, wo es gut | |
behandelt wird. Also spricht er sich für ein Steuersystem aus, das | |
Investitionen fördert, statt sie zu behindern. Amerikanische Firmen haben | |
Gewinne in Höhe von rund zwei Billionen Dollar im Ausland gebunkert. Große | |
Teile dieses Kapital würden in die USA zurückkehren, wenn die | |
Unternehmenssteuern niedrig genug wären. Mit diesem Geld ließe sich eine | |
enorme Zahl an neuen Jobs finanzieren, die US-Pensionsfonds würden von den | |
Dividenden profitieren und ganz generell könnte die Verschuldung der | |
Betriebe sinken. Aber solange die Unternehmenssteuern hoch bleiben, werden | |
diese zwei Billionen nicht zur Verfügung stehen, um die US-Wirtschaft zu | |
stimulieren. | |
Die Arbeitslosigkeit liegt bei etwa acht Prozent und damit auf gleicher | |
Höhe wie bei dem Amtsantritt von Präsident Obama. Unter ihm gab es also | |
keinen Nettozuwachs an Stellen. Zudem melden sich viele Menschen gar nicht | |
mehr arbeitslos, sodass die echte Arbeitslosigkeit weit höher liegt. Die | |
Zahl der Amerikaner, die auf Lebensmittelkarten angewiesen sind, hat | |
ebenfalls alarmierend zugenommen. Obama hat fünf Billionen Dollar an | |
Krediten aufgenommen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dass nach fast vier | |
Jahren die Zahl der zusätzlichen Stellen bei genau null liegt, scheint mir | |
zu zeigen, dass Obamas Strategie versagt hat. | |
Trotzdem will er seine Politik nicht ändern. Dabei sind die Amerikaner tief | |
besorgt über die Gesundheitsreform und fürchten die zusätzlichen Abgaben, | |
die ObamaCare mit sich bringen wird. Die Krankenversicherung soll künftig | |
40 Millionen Menschen zusätzlich aufnehmen. Doch anders als angekündigt | |
wird die Reform die jährlichen Behandlungskosten von 7.000 Dollar pro Kopf | |
nicht senken. Also werden die Ausgaben insgesamt steigen, was die | |
Arbeitgeber dazu treiben wird, das Programm ganz zu meiden. Die USA | |
benötigen ein besseres Gesundheitssystem, was Romney auch anerkennt. Aber | |
ObamaCare ist nicht die Lösung. | |
Wenn es um persönliche Integrität geht, liegt Romney deutlich vorn. Kein | |
Mitglied der Romney-Familie war jemals in einen Skandal verwickelt. Einige | |
Kritiker monieren zwar Romneys Aktivitäten bei Bain Capital, aber fast alle | |
Unternehmen, die Risikokapital von Bain erhalten haben, florieren heute. | |
Präsident Obama hingegen hatte immer wieder enge Kontakt zu problematischen | |
Figuren wie etwa dem betrügerischen Geschäftsmann Tony Rezko oder Reverend | |
Jeremiah Wright, um nur zwei zu nennen. | |
Viele Wähler lassen sich allerdings von anderen Themen ablenken – wie etwa | |
dem Recht auf Abtreibung. Dies wurde jedoch bereits 1973 geregelt, und es | |
besteht auch keine Gefahr der Umkehr. Um es zusammenzufassen: Die US-Wähler | |
müssen darüber entscheiden, welcher Kandidat die Wirtschaft wiederbeleben | |
wird. Denn ein Aufschwung würde auch fast alle anderen Probleme lösen. Es | |
wäre möglich, die entscheidenden Sozialprogramme zu finanzieren, ohne | |
unsere Nation in den Bankrott zu treiben. Für mich ist die Wahl | |
offensichtlich. | |
Übersetzung aus dem Englischen: Ulrike Herrmann | |
6 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Christopher W. Bischof | |
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