# taz.de -- Kommentar US-Wahl: Der lange Schatten von Florida 2000 | |
> Die Anwälte von Republikanern und Demokraten liegen auf der Lauer. Bei | |
> einem richtig engen Wahlergebnis könnte die Präsidentschaftswahl vor | |
> Gericht entschieden werden. | |
Bild: So schön können Wahlurnen sein | |
Es ist ein Horrorszenario: Am Dienstagabend, 23 Uhr Eastern Time: Wulf | |
Blitzer und Jon King schauen auf den überdimensionalen Touchscreen im | |
CNN-Election Room. Präsident Barack Obama hat die Bundesstaaten | |
Pennsylvania, Nevada, Michigan, Wisconsin und Iowa gewonnen. Mitt Romney | |
konnte sich in Florida, Virginia, Colorado, New Hampshire und North | |
Carolina durchsetzen. | |
Damit hat Obama 259, Romney 261 Wahlmänner auf seiner Seite. Nur ein Staat | |
fehlt: Ohio. Wer seine 18 Wahlmänner gewinnt, wird Präsident. „Too close to | |
call", sagen Blitzer und King, sagen auch die Nachwahlumfragen, die einen | |
Vorsprung für Obama von lediglich 0,2 Prozentpunkten ermittelt hatten. | |
Mittwoch morgen gegen zehn kommt das erste Endergebnis: Romney hat | |
gewonnen. Von den rund 5,8 Millionen abgegebenen Stimmen hat er rund 5.000 | |
mehr auf sich vereinen können. | |
Nicht mitgezählt sind allerdings die über 250.000 Stimmzettel, die von den | |
Wahlhelfern als „provisorisch" gekennzeichnet wurden. Solche „provisional | |
ballots" müssen diejenigen ausfüllen, deren Wahlberechtigung im Wahllokal | |
nicht eindeutig festgestellt werden konnte. | |
Entweder, weil sie keinen Identitätsnachweis dabei hatten, weil ihre | |
Adresse im Register eines der anwesenden von den Parteien entsandten | |
Wahlbeobachter als unbebautes Grundstück auftaucht oder weil sie gar nicht | |
auf der Liste stehen. Diese Wahlzettel werden aber nach dem Wahlgesetz von | |
Ohio erst am 17. November gezählt - solange will sich die Wahlkommission | |
Zeit nehmen, um die Berechtigung der Stimmabgabe im Einzelfall zu prüfen. | |
## Olsen nimmt sich Zeit | |
Bis dahin werden die Anwälte aktiv: Auf republikanischer Seite kämpft | |
Theodore Olsen, jener Rechtsanwalt, der schon im Jahr 2000 vor dem Obersten | |
Gerichtshof ein Ende der Nachzählung in Florida und damit den Wahlsieg | |
George W. Bushs durchsetzte. Er hat für fünf Wochen nach dem Wahltag alle | |
anderen Termine abgesagt. | |
Aber auch die Demokraten haben Armeen von Anwälten bereitgestellt. Waren | |
die Wahllokale wirklich rechtzeitig und lange genug geöffnet? Sind nicht in | |
einigen Wahllokalen schwarze Wähler zurückgewiesen worden, weil ihnen | |
erzählt wurde, sie müssten einen Lichtbildausweis mitbringen, den sie laut | |
Wahlgesetz aber gar nicht brauchen? | |
Es zieht sich. Inzwischen sind die provisorischen Wahlzettel ausgezählt – | |
sie mit einbezogen, hätte Obama eine Mehrheit von knapp 10.000 Stimmen und | |
wäre wiedergewählt. Die Republikaner bestreiten die Wahlberechtigungen | |
jedes einzelnen Obama-Wählers, die Gerichte tagen im Dauereinsatz. Kurz vor | |
Weihnachten entscheidet der Oberste Gerichtshof. Dessen Mehrheit ist | |
konservativ. | |
## Scharen von Anwälten | |
Unmöglich ist ein solches Szenario nicht. Tatsächlich stehen Theodore Olsen | |
und hunderte Anwälte auf beiden Seiten bereit – insbesondere in Florida und | |
Ohio, den beiden am heißesten umkämpften Swing States, in denen viele | |
Wahlmänner zu vergeben sind. | |
In beiden Staaten regieren republikanische Gouverneure – schon George W. | |
Bush hatte seinen „Sieg" in Florida im Jahr 2000 neben dem Obersten | |
Gerichtshof auch seinem Bruder Jeb und dessen Staatsanwältin Catherine | |
Harris zu verdanken, die alle Proteste des Lagers vom demokratischen | |
Kandidaten Al Gore wegbissen, bis der Streit vor dem Obersten Gerichtshof | |
landete. | |
Allerdings: Zum Glück für die wahlkampfgeplagten US-AmerikanerInnen scheint | |
ein solcher Wahlausgang eher sehr unwahrscheinlich. Schließlich ist der | |
Vorsprung für Obama in den Swing States in allen letzten Umfragen nicht | |
groß, aber stetig. Lediglich in Florida und North Carolina sehe sie Romney | |
vorn. Käme es so, wäre Obama 303 zu 235 Wahlmännerstimmen für eine zweite | |
Amtszeit gewählt – und die Anwälte könnten nach Hause gehen. | |
6 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
Bernd Pickert | |
## TAGS | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Romney | |
US-Wahl 2024 | |
Barack Obama | |
Ohio | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Mitt Romney | |
Mitt Romney | |
Referenden | |
Mitt Romney | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Mitt Romney | |
Mitt Romney | |
Wahlkampf | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ticker US-Präsidentschaftswahl 2012: Obama appelliert an Einigkeit | |
Barack Obama verspricht, als ein noch entschlossenerer Präsident zurück ins | |
Weiße Hause zu kehren und die Nation zu vereinen. Die Wahl-Nacht zum | |
Nachlesen im Ticker. | |
Die USA am Wahltag: Wahlkampf bis zur letzten Minute | |
Nach einem schier endlosen Wahlkampf ist der Tag der Stimmabgabe gekommen. | |
Der republikanische Herausforderer wirbt auch in den letzten Stunden | |
unermüdlich. | |
Wahlbehinderung und Wahlbetrug: Tricksen und täuschen | |
Weiße Aktivisten ziehen mit fragwürdigen Methoden durchs Land. Ethnische | |
Minderheiten werden verunsichert. Mit Drohungen wird versucht, die US-Wahl | |
zu beeinflussen. | |
USA: Wahlnacht: Das steht auch zur Wahl | |
Nicht nur der neue US-Präsident wird in dieser Nacht gewählt. Es stehen in | |
den verschiedenen Bundesstaaten auch mehrere Referenden zur Abstimmung. | |
US-Wahl und Arabellion: Die alten Zeiten sind vorbei | |
Der nächste Mann im Weißen Haus wird die Entwicklung in der arabischen Welt | |
begleiten können. Die Zeit der Gestaltung ist jedoch zu Ende. | |
US-Wahl: Nacht der Entscheidung: Was passiert wann in der Wahlnacht? | |
Die Wahl des neuen Präsidenten zieht sich über die ganze Nacht, da die USA | |
sich über sechs Zeitzonen erstrecken. Die ersten Hochrechnungen sind ab | |
3.00 Uhr zu erwarten. | |
Die Präsidentenwahl hat begonnen: Obama liegt vorn | |
Den Wahlauftakt machten zwei kleine Ortschaften im US-Bundesstaat New | |
Hampshire. In Hart's Location ist Barack Obama der Sieger. | |
Debatte US-Wahl: „Warum ich Romney wähle“ | |
Für den seriösesten Präsidentschaftskandidaten seit Langem: Ein | |
Ex-Wall-Street-Manager erklärt, warum er sein Kreuz bei den Republikanern | |
macht. | |
Wahlkampfspenden in den USA: Das Milliardenspiel | |
Die beiden Präsidentschaftskandidaten durften so viel Geld einsammeln wie | |
noch nie. Die obersten Richter erlaubten Spenden in unbegrenzter Höhe. | |
Die USA vor der Wahl: „Wie ein Dritte-Welt-Land“ | |
Der Autor John Jeremiah Sullivan über Prognosen zur Präsidentschaftswahl, | |
die Romantik der Occupy-Bewegung und einen Freudentanz von Serena Williams. |