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# taz.de -- US-Umweltpolitik nach der Wahl: „Obama hat eine grüne Agenda“
> Jerome Ringo ist optimistisch: Präsident Obama wird in seiner zweiten
> Amtszeit die Politik grüner gestalten können. Ringo ist Präsident der
> US-Umweltverbände.
Bild: Sieht gut aus, auch wenn er im Wind steht.
taz: Mr. Ringo, wie feiern Sie als Umweltschützer den Wahlsieg von Obama?
Mit Ökobier und Biobarbecue?
Jerome Ringo: Ich sitze hier ganz in mich gekehrt in der Demokratischen
Parteizentrale in Washington. Überall um mich herum feiern die Leute, aber
ich denke an meine Jugend. Ich bin im konservativen Süden der USA
aufgewachsen. Mein Vater war ein Bürgerrechtler zu Zeiten von Martin Luther
King. Da ist es schon etwas ganz Besonderes, dass wir wieder einen
afroamerikanischen Präsidenten haben.
Obama ist der erste Schwarze im Weißen Haus. Aber ist er auch ein grüner
Präsident?
Er ist ein großartiger Präsident, der zufällig schwarz ist. Aber er hat
eine grüne Agenda. Er erkennt, dass wir vom ausländischem Öl abhängig sind,
er versteht die Bedeutung des Klimawandels und weiß, dass wir mehr
erneuerbare Energien brauchen. Und er verfolgt eine Politik, die uns grün
und gesünder macht und die unseren Teil dazu beiträgt, den Planeten zu
retten.
All das hätte man auch schon vor vier Jahren sagen können. Ist Obamas
Wiederwahl wirklich eine gute Nachricht oder wurde nur das Schlimmste
verhindert?
Das ist eine wirklich gute Nachricht, denn Obama kann weiterführen, was er
begonnen hat. Das Erbe von Bush war in vier Jahren nicht zu bereinigen.
Amerika auf einen grünen Weg zu bringen, das braucht acht Jahre oder
länger. Jetzt können wir diese Arbeit zu Ende führen.
Was soll er denn an grüner Politik weiterführen? In der Energie- und
Klimapolitik gibt es keine große Veränderung, die Green Economy ist nur ein
Traum.
Wir müssen noch einen langen Weg gehen. Aber seien wir realistisch: Aus dem
Konjunkturprogramm von 800 Milliarden Dollar gingen 110 Milliarden in grüne
Projekte. So viel Geld ist noch nie in der US-Gesellschaft für grüne Zwecke
ausgegeben worden. Natürlich sind wir aus ökologischer Sicht nicht da, wo
wir gern wären. Aber wir sind auch nicht mehr da, wo wir waren.
Was war Obamas größter Fehler in der Umweltpolitik?
Er hat versucht, so weit wie möglich in die Mitte zu gehen, um
wiedergewählt zu werden. Deswegen wurden viele Umweltgesetze verwässert.
Ich war beunruhigt, dass er nach der Ölkatastrophe um die „Deepwater
Horizon“ das Moratorium für Ölbohrungen vor der Küste auf Druck des
Repräsentantenhauses wieder aufgehoben hat.
Was wird die größte Herausforderung der zweiten Amtszeit?
Ich erwarte, dass er mit neuer Angriffslust aus seiner Ecke kommt. Ich
hoffe, die Umweltgesetze gehen über das hinaus, was im Kongress und bei den
Bundesstaaten gemacht wird, damit wir auch bei einer neuen Art von
Kioto-Vertrag zum internationalen Klimaschutz vorankommen.
Meinen Sie im Ernst, dass es irgendein internationales Abkommen zum
Klimaschutz durch den Kongress schafft? Das war noch nie der Fall.
Wenn wir jemals die Chance dazu hatten, dann haben wir sie jetzt. Wir haben
einen Präsidenten, der sich nicht mehr um seine Wiederwahl sorgen muss, und
wir haben einen demokratischen Senat. Wir werden Probleme im
Repräsentantenhaus haben, aber bei den Republikanern werden sich viele
bewegen. Sie sehen, dass ihre Partei auseinanderfällt, und werden in die
Mitte rücken müssen.
Sie müssen sich jetzt um grüne Themen kümmern, die sie bislang ignoriert
haben. Eigentlich kommt ja die Umweltbewegung von den Republikanern:
Präsident Teddy Roosevelt war Republikaner, er hat die NWF (National
Wildlife Federation) gegründet, die ich lange geführt habe. Außerdem haben
wir bereits jetzt in 33 Bundesstaaten eine Quote für erneuerbare Energien.
Bis das Bundesstandard wird, ist nur eine Frage der Zeit.
Sie müssten enttäuscht sein von Obamas bisheriger Bilanz beim Umweltschutz
Nein, das kann ich nicht sagen. Er hat eine Menge getan. Klar, er hätte
mehr tun können. Aber Romney hätte die Umweltbehörde EPA aufgelöst,
Umweltgesetze gestrichen und Unternehmen von Ökoauflagen entbunden. Das
wird alles nicht passieren.
Hätten Sie als Umweltschützer nicht die grüne Kandidatin Jill Stein
unterstützen sollen?
Nicht unbedingt. Ich betrachte beide als grüne Kandidaten, die eine sicher
grüner als der andere. Aber die Realität ist, die Präsidentschaft hat sich
zwischen Obama und Romney entschieden. Die grüne Kandidatin hatte keine
Chance auf den Sieg. Also sollten wir als Umweltschützer den Kandidaten
unterstützen, der die grüne Agenda so weit wie möglich nach vorn bringt.
Vor vier Jahren hat Obama Wandel versprochen. Diesmal war der Slogan
„Vorwärts!“ Ist das für die Umwelt nicht eher eine Drohung?
Ich finde, zur Vorwärtsbewegung gehört die Umwelt. Wir werden auf
öffentlichem Land weniger nach Öl bohren als in den letzten Jahrzehnten,
wir geben mehr Geld aus, um Umweltschäden zu beseitigen, wir verfolgen mehr
Umweltverbrechen als jemals zuvor, und wir haben eine starke EPA. Es wäre
besser, wenn es viel schneller ginge, aber wir machen Fortschritte.
Die USA sind in einer schweren Wirtschaftskrise, das Land ist tief
gespalten und hat Angst vor dem Niedergang. Ist da ein grüner Wandel nicht
fast unmöglich?
Wenn die Amerikaner sich jenseits der politischen Lager auf Kompromisse
einigen können, dann können wir die Probleme lösen. Demokraten und
Republikaner sind sich in einem einig: Wir brauchen Jobs. Die
Arbeitslosigkeit geht bereits leicht zurück, die Wirtschaft beginnt sich zu
erholen, wir bringen Industriearbeitsplätze zurück.
Aber sind es nicht vor allem Investitionen in die alten Industrien und
nicht in grüne Jobs, die der Wirtschaft grad helfen?
Das kann man natürlich nicht nur auf die grünen Investitionen zurückführen.
Aber sie machen den Unterschied aus. Der Präsident hat General Motors
gerettet, und jetzt produziert GM Elektroautos und Wagen mit neuen
Antrieben, was sie früher nicht gemacht haben. Ein Schritt in die richtige
Richtung.
Wie kann Obama grünen Wandel bringen in einem Land, dessen Politik so von
den Interessen der Unternehmen dominiert wird?
Er hat ja gesagt: Wir bauen das Land nicht von oben nach unten wieder auf,
sondern von unten nach oben. Wenn man der Industrie wieder auf die Beine
helfen will, muss man neuen Firmen und dem Mittelstand helfen und nicht nur
den großen Konzernen mehr Geld geben. Ein Teil der 110 Milliarden aus dem
Konjunkturprogramm geht an diese Mittelklasse. Meine Firma arbeitet selbst
mit vielen grünen Unternehmen zusammen, die von unten anfangen, eine neue,
grüne Wirtschaft zu bauen.
Auch nach der Wahl hat sich an den Machtverhältnissen in Washington nichts
geändert. Wird Obama mit den Republikanern jetzt härter umspringen?
Er muss versuchen, die Parteien zusammenzubringen. Einige werden darauf
eingehen, andere nicht. Auch wenn wir im Kongress nicht weiterkommen,
können wir Fortschritte machen. Der Präsident kann sein Veto gegen den
Kongress einlegen.
Aber dafür muss er sein ganzes politisches Kapital mobilisieren. Für die
Gesundheitsreform hat er das getan. Wird er das für Umweltgesetze auch tun?
Der Präsident kann jetzt ohne Scheu alles auf den Tisch legen, woran er
glaubt. Und 2016 wird Hillary Clinton als erste starke Frau für
Präsidentschaftswahl kandidieren und gewinnen. Ihre grüne Agenda ist noch
viel stärker als Obamas.
13 Nov 2012
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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