# taz.de -- Asylsuchende treffen Innenpolitiker: „Warum sollen wir dankbar se… | |
> In gereizter Atmosphäre kommen die protestierenden Asylbewerber aus | |
> Berlin und Innenpolitiker zusammen. Ihr lange erwartetes Gespräch bleibt | |
> ohne Ergebnis. | |
Bild: Asylsuchende protestieren für bessere Lebensbedingungen am Brandenburger… | |
BERLIN taz | Selbst am nächsten Morgen war Reinhard Grindel noch aufgeregt: | |
Ein „Skandal“ sei das Treffen mit der Flüchtlingsdelegation am Vorabend | |
gewesen, sagt der CDU-Obmann im Innenausschuss des Bundestags, eine | |
„Zumutung“. Statt über „ihre persönliche Lage zu sprechen“, hätten d… | |
politische Erklärungen“ abgegeben und „Rassismus-Vorwürfe erhoben“. Das | |
Gespräch sei „nicht geeignet gewesen, zu irgendeiner Art von politischer | |
Konsequenz zu kommen“, so Grindel. | |
Seit über einem halben Jahr protestieren Flüchtlinge in Deutschland für | |
bessere Lebensbedingungen, seit einigen Wochen kampiert ein Teil von ihnen | |
vor dem Brandenburger Tor und ist in einen Hungerstreik getreten. Am späten | |
Donnerstagnachmittag waren Vertreter von ihnen zu einer Anhörung im | |
Bundestag geladen. Ein Gespräch dieser Art hat es in Deutschland noch nie | |
gegeben. Die Flüchtlinge hatten zuvor angekündigt, bei dem Treffen die | |
Abschaffung von Residenzpflicht und Lagerunterbringung sowie einen | |
Abschiebestopp zu fordern. | |
Die Flüchtlinge hätten das Gespräch zu einer politischen Demonstration | |
genutzt, sagte die Bundes-Integrationsbeauftragte Maria Böhmer, die das | |
Treffen vermittelt hatte. Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) | |
erklärte nach dem Treffen, er lehne sämtliche Forderungen der Flüchtlinge | |
ab. | |
## „Wir sollten nur über uns sprechen“ | |
Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke nannte das Gespräch „zäh und mühselig�… | |
und auch die Flüchtlinge selbst zeigten sich am nächsten Tag überaus | |
unzufrieden mit dem Verlauf des Gesprächs. „Man hat von uns erwartet, dass | |
wir dankbar sind“, sagte die Iranerin Mansureh Komeigani. „Aber hier leben | |
Menschen zehn Jahre im Lager, das belastet sie psychisch sehr. Warum sollen | |
wir dafür dankbar sein?“ | |
Sie kritisierte, dass die Abgeordneten nicht akzeptiert hätten, dass die | |
Flüchtlinge eine politische Erklärung abgeben wollten. „Wir sollten nur | |
über uns selber sprechen. Aber wir waren eine Delegation für alle | |
Flüchtlinge. Deswegen mussten wir auch über die Gesetze sprechen, die für | |
unsere Lebensverhältnisse verantwortlich sind.“ | |
Besonders hatte sie erbost, wie CDU-Mann Grindel die Forderung nach einer | |
Abschaffung des sogenannten Sachleistungsprinzips abgelehnt hatte: mit der | |
Begründung, dass Geldzahlungen an Flüchtlinge zur Bezahlung von Schleppern | |
benutzt werden könnten. „So werden wir als Kriminelle hingestellt, die | |
kontrolliert werden müssen“, sagte Komeigani. „Die Abgeordneten wollten | |
sogar, dass wir nicht das Wort ’Lager‘ benutzen. Aber es ist wie ein | |
Gefängnis ohne Mauern.“ Am Freitag vergangener Woche hatten die Flüchtlinge | |
ihren zwischenzeitlich unterbrochenen Hungerstreik wieder aufgenommen. Den | |
wollen sie jetzt fortsetzen. | |
23 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
Christian Jakob | |
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