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# taz.de -- Arbeitsmarkt für Pädagogen: Spitzenkräfte zum Standardlohn
> Drei Prozent der Kita-Beschäftigten haben mittlerweile einen
> Hochschulabschluss. Trotz ihrer Qualifikation verdienen sie aber zu
> wenig.
Bild: Hochschulabsolventen arbeiten vor allem in privaten Kindergärten, ein Zw…
BERLIN taz | 50 Euro. So groß ist der Vorteil, den Bettina Wollbach* aus
ihrem Bachelor-Studium zieht. „Nicht so der Knaller“, sagt die 26-Jährige.
Die Arbeit mit den Kleinen in der Kita liebt sie, was Wollbach frustriert,
ist die miese Bezahlung – selbst mit Hochschulabschluss. 2.150 Euro brutto
verdient sie im Monat und bekommt damit nur unwesentlich mehr als ihre
Kolleginnen, die den klassischen Weg einer Ausbildung an einer Fachschule
beschritten haben. Andere Hochschulabsolventen gehen mit deutlich mehr Geld
nach Hause.
Bettina Wollbach, die an der Evangelischen Hochschule Freiburg studiert
hat, ist ein typisches Beispiel: Eine neue Studie der
„Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ beim Deutschen
Jugendinstitut zeigt erstmals umfassend, dass sich ein Studium für
Erzieherinnen und Erzieher auf dem Gehaltszettel kaum rechnet.
Seit 2004 bieten Hochschulen in Deutschland Studiengänge an, die speziell
auf die Arbeit in Kindergärten und Tagesstätten vorbereiten. Inzwischen
gibt es bundesweit 69 Bachelor- und 17 weiterführende Masterstudiengänge im
Bereich der Frühpädagogik. 24 der Angebote sind berufsbegleitend, viele
bauen auf einer bereits erworbenen Berufsausbildung auf, manche verlangen
von den Studienbewerbern lediglich das Abitur.
Drei Prozent aller Erzieher in Kitas und Kindergärten haben mittlerweile
ein Hochschulstudium absolviert – ein verschwindend geringer Anteil im
internationalen Vergleich, der in den nächsten Jahren nur langsam steigen
dürfte. 20.000 Erzieher verlassen Jahr für Jahr die Fachschulen, aber
gerade einmal schätzungsweise 2.000 Studierende sind für einen der
Frühpädagogik-Studiengänge eingeschrieben.
## Schnell einen Job, wenig Geld
Mit der Akademisierung war stets die Hoffnung auf eine bessere Bezahlung
und eine Aufwertung der Arbeit mit den Kleinsten verbunden. Die Studie des
Deutschen Jugendinstituts zeichnet ein zumindest zwiespältiges Bild:
Erzieherinnen mit Bachelor-Abschluss finden zwar schnell einen Job, sind
also gefragt. Die meisten von ihnen verdienen nicht mehr 2.000 Euro brutto
im Monat. Sie landen auf Tarifstufen, die auch ohne Hochschulausbildung
erreichbar wären.
Eine höhere Qualifikation und damit mehr Geld: Das hätte auch Carolin
Eichin erwartet. Nach dem Realschulabschluss hatte sie zunächst eine
Ausbildung zur Erzieherin gemacht, ein paar Jahre gearbeitet, ehe sie 2007
eine Eignungsprüfung machte und schließlich ohne Abitur das Studium in
Freiburg aufnahm.
Inzwischen arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der
Hochschule und parallel in einer Frühförderstelle, wo sie sich um die
Integration behinderter Kinder in Regel-Kitas kümmert. „Es werden kaum
Stellen für akademisch ausgebildetes Personal in Kitas ausgeschrieben“, hat
die 30-Jährige beobachtet. „Es gibt meistens nur Erzieherstellen, und wer
sich auf die bewirbt, wird auch genauso bezahlt wie die übrigen Erzieher.“
## Trotzdem Chancen für Absolventen
Klaus Fröhlich-Gildhoff, Mitautor der Kita-Studie und Psychologie-Professor
an der Evangelischen Hochschule Freiburg, bestätigt diesen Eindruck.
Dennoch sieht er auch Chancen für die Absolventen der
Frühpädagogik-Studiengänge: Erzieherinnen verdienen mit einem Bachelor zwar
nicht besser als ihre Kolleginnen ohne Hochschulabschluss.
Dafür würden sie aber schneller auf der Karriereleiter aufsteigen: „Sie
kommen eher in die Leitungspositionen oder übernehmen spezielle Aufgaben in
der Kita wie die Koordination von Sprachförderprogrammen.“
Fröhlich-Gildhoff geht davon aus, dass der Fachkräftemangel „dafür sorgen
wird, dass Kindheitspädagogen bald auch mit besserer Bezahlung angelockt
werden“.
Wirklich umworben werden die Hochschul-Erzieher bisher offenbar vor allem
von privaten Trägern. 16,7 Prozent der Bachelor-Absolventen kommen in einer
gewerblichen Kita unter, dabei arbeiten gerade einmal 1,1 Prozent aller
Erzieher in einer solchen Einrichtung, so die Studie. Die kirchlichen
Träger dagegen beschäftigen ein Drittel aller Fachkräfte, doch nur jeder
vierte der befragten Bachelor-Absolventen fanden hier ihre Anstellung.
Zeichnet sich damit ein Zweiklassensystem ab, bei dem sich die
hochqualifizierten Fachkräfte in den teuren Privat-Kitas sammeln?
Studienautor Fröhlich-Gildhoff warnt vor schnellen Schlüssen. Er glaubt,
dass die Zahlen bisher vor allem einen Grund haben: In den vergangenen
Jahren waren es größtenteils private Einrichtungen, die neu entstanden sind
und damit auch viele der Absolventen anstellten. „Aber man wird diese
Entwicklung beobachten müssen.“
*Name geändert
29 Nov 2012
## AUTOREN
Bernd Kramer
## TAGS
Studium
Kindergarten
Lohn
Arbeitsmarkt
Erzieher
Kita
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Erzieher
Kitaplätze
Kindergarten
Betreuungsgeld
Kitaausbau
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