# taz.de -- Hamburger Nachwuchserzieher demonstrieren für Bezahlung: Kein Bock… | |
> Bisher gibt es in der Ausbildung keine Vergütung für Erzieher. Das gilt | |
> auch für das verbindliche Vollzeitpraktikum. Dagegen geht der Nachwuchs | |
> auf die Straße. | |
Bild: Erzieherschüler im Praktikum sind wichtige Bezugspersonen für Kinder. A… | |
HAMBURG taz | Weil sie während ihrer Ausbildung faktisch ohne Bezahlung in | |
Kitas und Schulen arbeiten, haben am Donnerstagnachmittag rund 400 Schüler | |
der fünf Hamburger Erzieherschulen in der Hamburger Innenstadt | |
demonstriert. Dabei machten sie lautstark auf die prekären Verhältnisse | |
aufmerksam, in denen sich viele von ihnen befinden. | |
Sie fordern eine richtige Ausbildungsvergütung für ihren Berufszweig. | |
Aufgerufen hatte die Gruppe „Organisierte ErzieherInnen in der Ausbildung“ | |
(OEA), die sich extra wegen dieser Frage gegründet hat und in ihrem | |
Anliegen von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di unterstützt wird. | |
Die Ausbildung von Erziehern ist Ländersache. In Hamburg wird auf ein stark | |
verschultes Modell gesetzt. Abhängig vom zuvor erlangten Schulabschluss | |
dauert die Ausbildung zwischen drei und fünf Jahre. Darin integriert sind | |
unbezahlte Teil- und Vollzeitpraktika von bis zu einem Jahr. | |
In Bremen wird hingegen auf eine verkürzte Schulzeit ohne Praktika gesetzt. | |
Dafür gibt es ein obligatorisches Anerkennungsjahr, bei dem eine Bezahlung | |
durch die Einrichtungen üblich ist. | |
Dass Hamburg den Schwerpunkt auf eine schulische Ausbildung legt, sei kein | |
Argument gegen eine Bezahlung, sagt die zuständige Ver.di-Fachsekretärin | |
Sigirid Ebel. „Wenn die Auszubildenden Praktika machen und voll eingesetzt | |
werden, dann muss von der Stadt eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden“, | |
findet sie. Hier sei der Stadtstaat Hamburg in der Pflicht, da er auch die | |
Ausbildung betreibe. | |
„Viele soziale Einrichtungen sind abhängig von uns Praktikanten“, ergänzt | |
die Erzieherschülerin Moana Kahrmann. Es könne nicht sein, dass viele | |
ErzieherInnen in der Ausbildung „ein Jahr lang unbezahlt arbeiten“. | |
Die Auszubildenden kämen bereits durch die Schule und das Praktikum auf | |
eine 40-Stunden-Woche. Durch die für den Lebensunterhalt nötigen Jobs | |
würden daraus leicht 60 Stunden, sagt die Sprecherin der Schülergruppe. | |
Gefragt, ob es für die Existenzsorgen der rund 3.000 | |
Nachwuchs-ErzieherInnen eine Lösung gibt, reagiert die Hamburger | |
Schulbehörde ausweichend. Behördensprecher Peter Albrecht verweist darauf, | |
dass es seit 2012 auch möglich sei, „berufsbegleitend“ die Ausbildung zu | |
absolvieren. | |
Anders als bei der üblichen Ausbildung haben die angehenden ErzieherInnen | |
hier nicht die Chance, verschiedene Wirkungsstätten kennenzulernen. Dafür | |
sind die Auszubildenden mit mindestens 15 Wochenstunden in einer | |
Einrichtung angestellt und erhalten von dieser ein Gehalt. Damit gebe es | |
„ein dauerhaftes Einkommen in einer Höhe, die viele andere | |
Ausbildungsvergütungen sogar übersteigt“, sagt Peter Albrecht. | |
Von diesem Modell ist auch Cornelia Heider-Winter vom Paritätischen | |
Wohlfahrtsverband überzeugt. Allerdings sei auf diesem Ausbildungsweg die | |
Zahl der Plätze beschränkt, sodass es Wartelisten gebe. Der großen Mehrheit | |
von 85 Prozent der rund 2.800 ErzieherschülerInnen hilft dies also nicht. | |
Insgesamt sind die Schülerzahlen an den staatlichen Fachschulen in Hamburg | |
laut Schulbehörde seit 2010 um 51 Prozent gestiegen. Der Bedarf an | |
Nachwuchskräften in diesem Beruf, für den verstärkt auch junge Männer | |
geworben werden, ist enorm. Denn in der Hansestadt gibt es einen | |
Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung in Kitas und Ganztagsschulen. | |
Angesichts der knappen Personalschlüssel sind die Praktikanten in den | |
Einrichtungen fest eingeplant. | |
„Es hat halt viele Jahre gar kein Bewusstsein dafür gegeben, welche Arbeit | |
hier umsonst geleistet wird“, sagt Moana Kahrmann. Es sei an der Zeit, dass | |
künftige ErzieherInnen ihr Praktikum ordentlich bezahlt bekommen. | |
11 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Stau | |
## TAGS | |
Erzieher | |
Demonstrationen | |
Bezahlung | |
Ausbildung | |
Hamburg | |
Lohn | |
Kita | |
Kita | |
Streik | |
Kitaplatz | |
Studium | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Praktikum für liquide Studenten: Wer arbeiten will, der zahlt 170 Euro | |
Die britische Zeitungsgruppe „Newsquest“ verlangt für Studentenpraktika | |
neuerdings Geld. Das Modell läuft dem Arbeitsrecht zuwider. | |
Michael Klein über die Klippen des Erzieherberufs: „So ein Ruf ist schnell r… | |
Michael Klein ist Erzieher in einer Hamburger Kita und dort der einzige | |
Mann. Darauf, die Kinder aufs Klo zu begleiten, verzichtet er | |
sicherheitshalber. | |
Erschöpfte ErzieherInnen: Brandbrief für die Kleinsten | |
Rund 600 Hamburger Kita-Leitungen schreiben an Bürgermeister Olaf Scholz: | |
Personal sei dem Burnout nah. | |
Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst: Die Kassen sind leer | |
Gewerkschaften und Arbeitgeber verhandeln über mehr Lohn für Beschäftigte | |
im öffentlichen Dienst. Aber das Geld ist knapp. | |
Kitas fehlen Erzieher: Schlechtes Standing, schlecht bezahlt | |
Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz verstärkt die Nachfrage nach | |
Erziehern. Weil die fehlen, greifen Kitas auf weniger qualifiziertes | |
Personal zurück. | |
Arbeitsmarkt für Pädagogen: Spitzenkräfte zum Standardlohn | |
Drei Prozent der Kita-Beschäftigten haben mittlerweile einen | |
Hochschulabschluss. Trotz ihrer Qualifikation verdienen sie aber zu wenig. | |
Kommentar Erzieher-Ausbildung: Den Zugang erleichtern | |
Bisher entdeckten junge Männer im Zivildienst ihre soziale Ader. Der fällt | |
jetzt weg. Deshalb müssen neue Konzepte her und Hürden gesenkt werden, um | |
Erzieher zu gewinnen. | |
Für Kitas fehlen Fachkräfte: Erzieherinnen sind Mangelware | |
Zur besseren Kinderbetreuung sollen 1.800 neue Stellen geschaffen werden. | |
Doch die Fachkräfte sind rar. Senat will auch Personal ohne Fachausbildung | |
arbeiten lassen. | |
Frohe Botschaft für Eltern: Einigung im Kita-Tarifkonflikt | |
Der Streit um mehr Lohn und besseren Arbeitsschutz für Beschäftigte in | |
Kitas ist beigelegt. Auch ver.di stimmt dem Kompromiss zu, wonach | |
Erzieherinnen 120 Euro mehr im Monat kriegen. | |
Streikende Erzieher: Wenn der Tinnitus droht | |
Deutschlands Erzieherinnen und Erzieher streiken seit Mitte Mai. Sie | |
fordern mehr Geld und besseren Gesundheitsschutz. Ihr Alltag ist vor allem: | |
Laut. | |
Warnstreik der ErzieherInnen: Viel mehr als nur "Spieltanten" | |
Dass ErzieherInnen auf die Straßen gehen, ist richtig. Die Probleme in den | |
Kitas wurden lange genug missachtet, der Beruf wird zu häufig unterschätzt. |