# taz.de -- Erschöpfte ErzieherInnen: Brandbrief für die Kleinsten | |
> Rund 600 Hamburger Kita-Leitungen schreiben an Bürgermeister Olaf Scholz: | |
> Personal sei dem Burnout nah. | |
Bild: Die Wunsch-Kita: viele ErzieherInnen auf wenige Kinder. | |
HAMBURG taz | Zur „eltern- und kinderfreundlichsten Stadt Deutschlands“ | |
wolle er Hamburg machen, sagt Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Aber tut er | |
dafür das Richtige? „Hinter der schönen Fassade bröckelt es gewaltig“, | |
heißt es in einem Brief, der nächste Woche an Scholz übergeben wird. | |
Unterschrieben haben bisher mehr als 600 Kita-Leitungen. | |
In ihrer Verantwortung lägen Entwicklung und Bildung „fast aller Hamburger | |
Kinder“, heißt es darin. Diese gut auf das weitere Leben vorzubereiten, das | |
sei der Anspruch. Aber diese Aufgabe lasse sich nicht mehr im „notwendigen | |
Maße sicherstellen“. | |
„Es ist wirklich ernst“, sagt Krimhild Strenger, Leiterin der Kita | |
Schilleroper. Immer mehr Kollegen seien überlastet, würden krank oder | |
arbeiteten bis zum Burnout. „Viele schaffen es nicht zur Rente.“ Das liege | |
an den Bedingungen – es gibt keinen Puffer für Krankheit, Urlaub, | |
Fortbildung oder für „mittelbare Pädagogik“, also beispielsweise | |
Vorbereitung. | |
Die Mitarbeiter seien engagiert, heißt es weiter. „Viele überlegen zuhause, | |
was sie mit den Kindern machen, und suchen sich in der Kita nur die Sachen | |
zusammen.“ Im Arbeitsalltag gebe es „keinen Moment ohne Kinder“. Weil das | |
anstrengend ist, versuche, wer könne, seine Arbeitszeit zu reduzieren. | |
Die Personalschlüssel wurden 2005 um 13 Prozent abgesenkt, seither warten | |
die Kitas auf bessere Zeiten. „Wir hatten gehofft. Jetzt hoffen wir nicht | |
mehr“, sagt Heidrun Mildner. In ihrer Kita zahlten Eltern privat zu – für | |
mehr Personal. | |
Am meisten drängt die Lage in den Krippen: Bei den bis zu Dreijährigen habe | |
Hamburg faktisch einen Schlüssel von einer Fachkraft auf sieben Kinder; die | |
Wissenschaft empfiehlt ein Verhältnis von 1:3. Man versuche mit Hilfe von | |
Freiwilligen und Praktikanten Abhilfe zu schaffen, berichtet Strenger. | |
Bestimmte Aufgaben, etwa das Wickeln, könnten nur die Fachkräfte übernehmen | |
– „weil es zu intim ist“. | |
Der Brandbrief ist nicht der einzige Protest: Rund 900 Kita-Leitungskräfte | |
haben sich am Mittwoch im Audimax versammelt, für den 30. Oktober ist eine | |
Demo geplant. Was die Betroffenen aufregt, ist, dass der SPD-Senat | |
einerseits 70 Millionen Euro für den Wegfall der Elternbeiträge ausgibt, es | |
für bessere Qualität aber nichts gibt. | |
Das jedenfalls erfuhren die Kita-Verbände am 20. August in der | |
„Vertragskommission“ zum Kita-Gutscheinsystem – woraufhin sie die | |
Verhandlungen abbrachen. Die Verbände wollen eine schrittweise Aufstockung: | |
Für den Anfang soll es demnach im kommenden Jahr 25 Prozent mehr Personal | |
geben. | |
„Man kann über alles mit uns reden“, sagt ein Sprecher der Sozialbehörde. | |
Doch die Verbände stellten „Maximalforderungen“, für die es keinen | |
Spielraum gebe – unter anderem wegen der „Erfüllung von Wahlversprechen“. | |
Gemeint ist ein Pakt, den der Bürgermeister 2011 mit dem | |
Landeselternausschuss (LEA) schloss, in dem er unter anderem besagte | |
Beitragsfreiheit versprach. Der LEA selbst schlug Scholz im Oktober 2013 | |
vor, dies aufzuschieben und das so Eingesparte in Personal zu investieren. | |
Geht nicht, antwortet der Senat auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten | |
Christoph de Vries: Viele Familien rechneten mit dem Geld. | |
Dass der Senat auf die Anregung des LEA nicht einging, so de Vries, sei | |
„ein Dilemma“. | |
25 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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