# taz.de -- Verfassungsschutz soll reformiert werden: Innenminister sind sich e… | |
> Bund und Länder haben sich verständigt: Sie reformieren den | |
> Verfassungsschutz und geben dem Bundesamt mehr Verantwortung. Der | |
> Datenschutzbeauftragte kritisiert. | |
Bild: Brauchen ein Frühwarnsystem, damit sie nicht dahinschmelzen: Protest-Sch… | |
ROSTOCK-WARNEMÜNDE dpa | Die Innenminister von Bund und Ländern wollen den | |
Verfassungsschutz reformieren und so verloren gegangenes Vertrauen in den | |
Dienst zurückgewinnen. Bei ihrem Treffen in Rostock-Warnemünde | |
verständigten sich die Ressortchefs am Freitag auf einige Änderungen: | |
Geplant sind unter anderem eine zentrale Datei für Informanten des | |
Verfassungsschutzes und einheitliche Kriterien zur Führung dieser V-Leute. | |
Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll stärker als bislang eine | |
koordinierende Rolle übernehmen. Dafür ist auch eine Gesetzesänderung | |
vorgesehen, um den Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern zu | |
verbessern. | |
Wegen Pannen im Fall der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle steckt der | |
Verfassungsschutz in einer schweren Vertrauenskrise. Die | |
Sicherheitsbehörden waren dem mordenden Trio jahrelang nicht auf die Spur | |
gekommen. Vor allem beim Verfassungsschutz taten sich im Nachhinein schwere | |
Versäumnisse auf: Unter anderem hakte es beim Informationsaustausch | |
untereinander und mit den übrigen Sicherheitsbehörden. | |
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, die Defizite und | |
Fehler von damals dürften sich nicht wiederholen. Nötig sei eine bessere | |
Zusammenarbeit aller Sicherheitsbehörden. Ziel sei, verloren gegangenes | |
Vertrauen zurückzugewinnen. | |
Die Pläne der Innenminister: Sie wollen das Verfassungsschutzgesetz ändern, | |
um einen verpflichtenden Informationsaustausch zwischen den Behörden in | |
Bund und Ländern festzuschreiben. Bislang ist es nicht vorgeschrieben, alle | |
Erkenntnisse weiterzugeben. Ein Problem ist derzeit auch, dass die | |
unterschiedlichen Verfassungsschutzbehörden nicht wissen, wo in der | |
Republik welche V-Leute im Einsatz sind. In Zukunft soll es ein zentrales | |
V-Mann-Register geben, in dem die Informanten aller Behörden aufgeführt | |
sind. | |
Für diese Quellen sollen künftig außerdem bundesweit einheitliche Kriterien | |
gelten. Demnach sollen Verfassungsschützer keine Straftäter als Informanten | |
anwerben dürfen. Auch Führungsköpfe einer Szene sollen nicht als V-Leute | |
aktiv sein. | |
## „Das ist Stückwerk“ | |
Jäger sagte, mit den Änderungen werde ein Mentalitätswechsel beim | |
Verfassungsschutz eingeleitet. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich | |
(CSU) äußerte ein klares Bekenntnis zu dem Dienst. „Der Verfassungsschutz | |
ist als Frühwarnsystem zwingend notwendig“, betonte er. Die Zusammenarbeit | |
der Behörden in Bund und Ländern solle aber moderner werden. | |
Linke und Grüne kritisierten die Pläne als unzureichend. Der | |
Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele mahnte, „Reförmchen“ reichten | |
nicht aus. Die Linke-Abgeordnete Petra Pau forderte, den Verfassungsschutz | |
als Geheimdienst ganz aufzulösen. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte | |
Peter Schaar ist unzufrieden mit der Reform der Sicherheitsbehörden. „Das | |
ist Stückwerk“, sagte er. „Ein Gesamtkonzept ist nicht erkennbar.“ | |
Bund und Länder hätten bereits einzelne Neuerungen eingeführt, ohne aber | |
die Strukturen insgesamt zu überdenken. Schaar rügte auch die | |
Zusammenarbeit der Behörden in den gemeinsamen Abwehrzentren gegen | |
Extremismus. Durch den Informationsaustausch dort werde das Trennungsgebot | |
zwischen Polizei und Geheimdiensten aufgeweicht. | |
Erst vor wenigen Wochen hatte Friedrich ein neues Abwehrzentrum eröffnet. | |
Die Länder-Innenminister, die dort mitarbeiten sollen, fühlten sich durch | |
die Aktion überrumpelt. Auch bei der Konferenz in Warnemünde brachten die | |
Ressortchefs aus den Ländern ihren Unmut über das Vorgehen zum Ausdruck. | |
Sie sagten aber zu, sich an dem Zentrum zu beteiligen. Langfristig sollen | |
die verschiedenen Abwehrzentren gegen extremistische Gefahren unter einem | |
Dach – und möglichst an einem Standort – vereint werden. | |
7 Dec 2012 | |
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