# taz.de -- Gericht kippt Antiboykottgesetz: Uri Avnery besiegt Netanjahu | |
> Ein Gesetz, das den Aufruf zum Boykott von Waren aus den Siedlungen | |
> bestraft, ist vom Gericht kassiert worden. Es widerspricht der | |
> Meinungsfreiheit. | |
Bild: Israelische Siedlung Maale Adumim in der Nähe von Jerusalem. | |
JERUSALEM taz | Israels Antiboykottgesetz liegt auf Eis. Bis zum März muss | |
die Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu begründen, warum das | |
umstrittene Gesetz, das den Aufruf zum Boykott gegen Siedlerprodukte unter | |
Strafe stellt, nicht aufgehoben werden sollte. | |
Uri Avnery, Chef des Friedensblocks (Gusch Schalom), war gegen die im | |
Sommer vor einem Jahr von der Knesset verabschiedete Rechtsreform vor | |
Gericht gezogen. | |
Anwältin Gabi Laski, die Avnery vor Gericht vertrat, ist überzeugt davon, | |
dass das Boykottgesetz der Vergangenheit angehört. Der Rechtsspruch diese | |
Woche zeige, dass „das Gericht eine schwere Verletzung der | |
Meinungsfreiheit“ festgestellt habe. | |
„Es wird schwer für die Regierung sein, eine Legitimation zu finden.“ | |
Bereits im Vorfeld der Knessetabstimmung hatte der juristische Berater des | |
Parlaments, Eyal Jinon, vor der „Unvereinbarkeit des Boykottgesetzes mit | |
der freien Meinungsäußerung“ gewarnt. | |
## Bußgeld und Schadensersatz | |
Bis zu umgerechnet 10.000 Euro Bußgeld drohten theoretisch den Aufwieglern | |
gegen die Siedlerprodukte sowie Schadensersatz für Firmen, die | |
Profitverluste erleiden sollten. Zwar kam das Gesetz nie zur Anwendung, | |
dennoch dürfte der Friedensblock und vor allem die Koalition der Frauen für | |
Frieden und Gerechtigkeit erst einmal aufatmen. | |
Die Koalition listet auf ihrer Internetseite [1][www.whoprofits.org] | |
sämtliche Unternehmen auf, die von der israelischen Besetzung des | |
Westjordanlandes profitieren. | |
Gleich zweimal in kurzer Folge erhielt die Regierung in Jerusalem einen | |
Tadel für ihre siedlerfreundliche Politik. Ungewohnt harsch fiel die Kritik | |
der EU-Außenminister am Montag in Brüssel gegen den geplanten Neubau von | |
3.000 Wohnungen aus. | |
## Ein Bauprojekt als Provokation | |
Von „tiefer Bestürzung“ war dort die Rede und „entschiedener Ablehnung“ | |
gegen das [2][Bauprojekt „E1“], mit dem das Westjordanland faktisch in zwei | |
Teile zerschnitten würde. „Die europäischen Minister wählten die schärfst… | |
Formulierungen innerhalb des diplomatischen Rahmens“, resümierte Oren | |
Nahari vom öffentlichen israelischen Fernsehen. | |
Gebremst auch von Frankreich und Deutschland zögerte die EU indes vorläufig | |
noch damit, „konkrete Maßnahmen einzuleiten, wie die Markierung von | |
Produkten, die in den Siedlungen hergestellt werden“, um so Konsumenten die | |
Wahl für oder gegen den Kauf zu ermöglichen. | |
Laut einem von medico international veröffentlichten Bericht importiert die | |
EU „15-mal mehr“ aus den Siedlungen als von den Palästinensern selbst. | |
11 Dec 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.whoprofits.org | |
[2] /Israelische-Siedlungstrategie/!106864/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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