# taz.de -- Raketenabwehrsystem für die Türkei: Symbolisch punktueller Schutz | |
> Können die „Patriot“-Raketen die Türkei vor Syrien schützen? Neben | |
> Schwarz-Gelb sind auch SPD und Grüne überzeugt. Nur Linke und Militärs | |
> fragen kritisch nach. | |
Bild: Was bringt's? Abschuss einer „Patriot“-Rakete. | |
BERLIN taz | Es wird der drittgrößte Auslandseinsatz der Bundeswehr nach | |
Afghanistan und Kosovo. Am heutigen Mittwoch berät der Bundestag über die | |
Verlegung der „Patriot“-Abwehrraketen samt Personal in die Türkei. Am | |
Freitag wird dann abgestimmt. | |
Knapp 400 deutsche Soldaten und Soldatinnen plant die Bundesregierung in | |
die Türkei zu schicken. Angesichts des syrischen Bürgerkriegs will die Nato | |
der Türkei so Unterstützung zeigen. Das Mandat gilt bis Ende Januar 2014 | |
und umfasst auch den Einsatz deutscher Besatzungsmitglieder in den | |
Awacs-Flugzeugen zur Luftraumüberwachung. | |
Zur Begründung holt die Bundesregierung groß aus. Schon im Titel ihrer | |
Beschlussvorlage zitiert sie Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen | |
und damit das Recht auf kollektive Selbstverteidigung. Später im Text ist | |
dann allerdings nur noch von einer „potentiellen Bedrohung“ die Rede. Der | |
politische Wille des syrischen Regimes „zum Einsatz seines Waffenarsenals | |
gegen die Türkei“ sei derzeit nicht erkennbar. Allerdings seien irrationale | |
Entscheidungen in der Schlussphase des syrischen Regimes nicht | |
auszuschließen. | |
Doch sind die deutschen, niederländischen und US-„Patriots“ wirklich dafür | |
geeignet, die „Fähigkeit zur Verteidigung der Bevölkerung“ auf türkischem | |
Territorium – wie es die Nato-Außenminister formulierten – zu steigern? | |
Gebaut sind die „Patriots“ für die unterste Stufe der Raketenabwehr, also | |
für die letzte Phase in der ballistischen Flugbahn einer angreifenden | |
Rakete. | |
Selbst der „Patriot“-Hersteller Lockheed Martin schreibt seinem Produkt | |
aber nicht die Fähigkeit zur Verteidigung eines größeren Territoriums zu. | |
Das System wird als System zum Schutz von „Kampftruppen und hochwertigen | |
Zielen“ bezeichnet. Bestenfalls kann jede Raketeneinheit nur ein Gebiet von | |
15 bis 20 Kilometer Radius abdecken. | |
## Was ist die Exit-Strategie? | |
Die 900 Kilometer lange türkisch-syrische Grenze, gab so am Dienstag der | |
Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, zu bedenken, könnten | |
die maximal sechs vorgesehenen Nato-Staffeln „allenfalls punktuell | |
schützen“. Die Entsendung sei wohl eher symbolisch. Auf Symbolik weist denn | |
auch die Regierungsformulierung hin: Die Stationierung unterstreiche die | |
„Verlässlichkeit Deutschlands als Bündnispartner.“ | |
Das Bündnisargument reicht offenbar, um trotz Bedenken die Zustimmung von | |
SPD und Grünen zu gewinnen. „Wenn der Nato-Partner Türkei um Solidarität | |
bittet“, erklärte der grüne Spitzenkandidat Jürgen Trittin schon früh, | |
„wird man diese Bitte nicht leichtfertig vom Tisch wischen können.“ Er | |
forderte nur noch Informationen über die Stationierungsorte. Auch bei der | |
SPD klagte man am Wochenende zwar noch über die Informationspolitik der | |
Koalition. Doch räumte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann | |
zuletzt alle Zweifel an einer Zustimmung der SPD aus. | |
Es blieb – neben der Linksfraktion – dem Militär Ulrich Kirsch überlassen, | |
Bedenken anzumelden. Es sei nicht nur offen, ob die Bundeswehr überhaupt | |
noch ausreichend Flugkörper in ihrem Bestand habe, es sei auch ungeklärt, | |
welcher Schutz gegen Chemiewaffen für die eingesetzten Soldaten vorgesehen | |
ist, sagte er. Kirsch stellte mangels politischer Kritik auch die Frage | |
nach einer Exit-Strategie für den Fall einer Eskalation: Der Bundestag | |
müsse sich mit der Frage beschäftigen, so Kirsch, „in welcher Situation die | |
Bundeswehr ihre ’Patriot‘-Einheiten zurückziehen müsste“. | |
11 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Chauvistré | |
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