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# taz.de -- Verhandlungen über Syriens Zukunft: Ein Vorschlag aus Ankara
> Aus Furcht vor einem Machtvakuum nach dem Sturz Assads loten die USA,
> Russland, die Türkei und der Iran Chancen für einen geordneten Wechsel
> aus.
Bild: Präsident Baschar al-Assad: Seine Zukunft ist noch ungewiss
GENF taz | Russland, die USA, Iran und die Türkei bemühen sich trotz
gegenteiliger Positionen im Syrienkonflikt hinter den Kulissen gemeinsam
intensiv um einen Machtverzicht von Präsident Baschar al-Assad und einen
geordneten Übergang zu einer Nachfolgeregierung in Damaskus.
Grundlage der Bemühungen ist ein Vorschlag der türkischen Regierung, wonach
Assads Regime in spätestens drei Monaten abtritt und das syrische
Oppositionsbündnis Nationale Koalition unter Moas al-Chatib für eine
Übergangszeit bis zu von der UNO überwachten Wahlen die Regierung
übernimmt.
Am Montag beriet der iranische Präsident Mahmud Achmedinedschad bei einem
Besuch in Ankara mit dem türkische Premierminister Tayyip Erdogan über den
Vorschlag. Auch Moskaus Botschaft in der Türkei ist an den Gesprächen
beteiligt.
Der türkische Vorschlag lag bereits auf dem Tisch bei den beiden Genfer
Treffen der Außenminister der USA und Russlands, Hillary Clinton und Sergey
Lawrow beziehungsweise ihrer Stellvertreter William Burns und Michail
Bogdanov am 6. und 9. Dezember.
Bogdanov nahm seitdem Kontakt zum syrischen Oppositionsführer Chatib auf
und machte in einer Rede in Moskau deutlich, dass die russische Regierung
nicht mehr an einen militärischen Sieg ihres bisherigen Verbündeten Assad
glaubt und einen Sieg der Rebellen „nicht mehr ausschließt“.
## Keiner kann siegen
Kurz darauf räumte mit Syriens Vizepräsident Faruk al-Scharaa erstmals ein
ranghohes Mitglied von Assads Regime ein, dass die Armee nicht in der Lage
sei, den Krieg für sich zu entscheiden.
Zu dieser Einsicht ist inzwischen auch die Regierung in Teheran gekommen.
Ein von Außenminister Ali Akbar Salehi vorgelegter Sechspunkteplan fordert
die syrische Armee und die Rebellen zu einer Waffenruhe auf. Danach solle
„eine Übergangsperiode bis zu Neuwahlen“ stattfinden, bekräftigte gestern
ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran. Das ist eine diplomatisch
verklausulierte Aufforderung an den bisherigen Verbündeten Assad zum
freiwilligen Machtverzicht.
## Machtvakuum soll verhindert werden
Die USA, Russland, Iran und die Türkei wollen aus teilweise
unterschiedlichen Gründen verhindern, dass es zu einem gewaltsamen Sturz
Assads mit nachfolgendem Machtvakuum und einem Bürgerkrieg zwischen den
Oppositionskräften in Syrien kommt.
Ein solcher „Failed State“ wäre ideale Operationsbasis für terroristische
Gruppen; die kurdischen Minderheiten in Syrien, der Türkei, Iran und Irak
würden ihre Forderung nach einem gemeinsamen Staat „Kurdistan“ wieder auf
die Tagesordnung setzen.
Russland möchte von einer künftigen Übergangsregierung Garantien, dass die
russische Marinebasis Taurus an der syrischen Mittelmeerküste bestehen
bleibt. Teheran will zumindest durchsetzen, dass die iranischen Kämpfer und
die libanesischen Hisbollah-Mitglieder, die bislang aufseiten der syrischen
Regierungsstreitkräfte kämpfen, von einer Übergangsregierung nicht verfolgt
werden.
## Ungeklärt: Assads Zukunft
Doch die Frage ist, welche verlässlichen Garantien die erst am 11. November
gebildete Oppositonskoalition den betroffenen Regierungen geben kann. Vor
allem darum kreisen die derzeitigen diplomatischen Bemühungen. Zudem ist
die Zukunft Assads noch ungeklärt.
Falls der Präsident überhaupt zum rechtzeitigen Machtverzicht vor einer
Ergreifung und etwaigen Tötung durch die Rebellen bereit ist, stellt sich
die Frage nach einem Aufnahmeland. Russland, Iran und Algerien haben
bereits abgesagt. Und würde Assad Garantien für sicheres Geleit und
Immunität vor dem Internationalen Strafgerichtshof erhalten?
Die Option eines Rückzuges des Assad-Clans auf seinen Feriensitz in Latakia
nahe der russischen Marinebasis, über den schon seit Monaten spekuliert
wird, hat nach Aussagen von Diplomaten „heute keine Chance mehr“.
Denn diese Option würde bedeuten, dass eine künftige Regierung in Damaskus
nicht die uneingeschränkte Hoheit über das syrische Staatsgebiet hätte. Das
aber wird von allen Oppositionsgruppen ausgeschlossen.
19 Dec 2012
## AUTOREN
Andreas Zumach
Andreas Zumach
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Russland
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Türkei
Internationaler Strafgerichtshof
Baschar al-Assad
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