# taz.de -- Finanzdebatte in den USA: Obamas offene Rechnungen | |
> Kein Plan zur Rettung der Staatsfinanzen: Während die Republikaner auf | |
> Kürzungen bestehen, hoffen die Demokraten auf höhere Staatseinnahmen. | |
Bild: Der fortwährenden Streit ums Geld hat auch im Gesicht des mächtigsten M… | |
BERLIN taz | Weniger als 24 Stunden nachdem sich der US-Senat in der | |
Neujahrsnacht mit großer Mehrheit auf ein Maßnahmenpaket zur Verhinderung | |
des sogenannten „Fiscal Cliff“ geeinigt hatte, hat auch das | |
Repräsentantenhaus dem Gesetzentwurf zugestimmt. Damit bleiben die noch | |
unter George W. Bush verabschiedeten Steuererleichterungen für alle mit | |
einem Jahreseinkommen unter 400.000 Dollar bestehen. | |
Wer mehr verdient – Ehepaare über 450.000 Dollar –, muss ab sofort statt | |
bislang 35 Prozent 39,6 Prozent Steuern zahlen. Die automatischen | |
Ausgabenkürzungen, die ohne eine Einigung zum 1. Januar in Kraft getreten | |
wären, sind für zwei Monate aufgeschoben. Bis dahin muss weiterverhandelt | |
werden. | |
Mit 257 gegen 167 Stimmen passierte das Gesetz gut eine Stunde vor | |
Mitternacht das Repräsentantenhaus. Unter den Befürwortern: 172 Demokraten | |
und 85 Republikaner. Die große Mehrheit der republikanischen Fraktion, | |
darunter auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses Eric Cantor, stimmte | |
mit Nein. Sprecher John Boehner und Paul Ryan, der im letzten Jahr als | |
Vizepräsidentschaftskandidat angetreten war, unterstützten das Gesetz. | |
Widerstand regte sich auf konservativer Seite vor allem bei Anhängern der | |
Tea Party. Die republikanische Seite hatte stets darauf bestanden, dass | |
jeglicher Erhöhung des staatlichen Steueraufkommens, auch durch das | |
Schließen bestehender Steuerschlupflöcher, Ausgabenkürzungen in gleicher | |
Höhe gegenüberstehen müssten. | |
## Im Gesetz nicht vorhanden | |
Die sind im jetzt verabschiedeten Gesetz nicht vorhanden. Stattdessen | |
konnten die Demokraten durchsetzen, dass bestimmte Ausgaben, etwa bei der | |
Arbeitslosenunterstützung, für mindestens zwei Jahre weitergezahlt werden. | |
Ein „Grand Bargain“, also die große Lösung der Haushaltsprobleme, ist das | |
alles nicht. | |
Auch von der eigentlich von allen Seiten geforderten grundsätzlichen Reform | |
des US-amerikanischen Steuersystems, das die meisten für viel zu | |
kompliziert halten, ist das Gesetz weit entfernt. Und so geht das kurze | |
Aufatmen direkt über in die nächste Runde der Verhandlungen – dann | |
allerdings mit dem neuen Kongress, der sich am Donnerstag konstituieren | |
wird. | |
Die wichtigsten Themen kommen schon bis Ende Februar auf den Kongress zu: | |
Bereits jetzt haben die USA die Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen | |
Dollar erreicht, der Kongress muss einer weiteren Erhöhung zustimmen, damit | |
die Regierung ihre Rechnungen bezahlen kann. | |
Zuletzt im Sommer 2011 hatten die Republikaner über diese eigentlich | |
technische Frage einen heftigen Streit ausgelöst, weil sie von der | |
Regierung massive Ausgabenkürzungen im Gegenzug verlangten. | |
## Keine Diskussion | |
Präsident Obama hat noch am Neujahrstag angekündigt, sich diesmal auf keine | |
Diskussion einzulassen: „Ich werde keine weitere Debatte mit dem Kongress | |
darüber führen, ob er die Rechnungen auch bezahlt, die er bereits | |
aufgetürmt hat. Falls der Kongress der US-Regierung nicht ermöglicht, ihre | |
Rechnungen pünktlich zu begleichen, wären die Konsequenzen für die gesamte | |
Weltwirtschaft katastrophal und noch viel schlimmer die der Fiskalklippe.“ | |
Mindestens jedoch die Abwendung der jetzt nur verschobenen | |
Haushaltskürzungen dürfte eine große Debatte unvermeidlich machen. | |
Während die Republikaner den Militärhaushalt unangetastet lassen wollen – | |
Kandidat Mitt Romney hatte im Wahlkampf sogar von einer Erhöhung der | |
Verteidigungsausgaben gesprochen –, sehen sie Kürzungsmöglichkeiten vor | |
allem im sozialen Bereich. In diesem Zusammenhang dürfte auch die | |
Finanzierung der von Obama durchgesetzten Gesundheitsreform erneut zur | |
Debatte stehen. | |
Die Demokraten haben keinen umfassenden Plan für Haushaltskürzungen, sie | |
hoffen vor allem auf höhere Staatseinnahmen. Obama selbst wirbt vielmehr | |
unbeirrt für ein weiteres Ausgabenprogramm für Investitionen in die marode | |
Infrastruktur, um gleichzeitig die seit langem schwächelnde Konjunktur | |
wieder anzukurbeln. | |
Wie die Debatte ausgeht, dürfte nicht zuletzt daran hängen, wie sich die | |
Kräfteverhältnisse innerhalb der neuen Republikanerfraktion im | |
Repräsentantenhaus entwickeln. Das Wahlergebnis John Boehners bei seiner | |
geplanten Wiederwahl am Donnerstag könnte darauf bereits entscheidende | |
Hinweise geben. | |
2 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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