| # taz.de -- Haushaltskompromiss in den USA: Fast in den Abgrund gefallen | |
| > Republikaner und Demokraten haben in letzter Minute einen Deal | |
| > ausgehandelt, der drastische Einsparungen vermeiden soll. Doch gelöst ist | |
| > das Problem noch nicht. | |
| Bild: Ein ganz schönes Durcheinander: Neujahr in den USA. | |
| WASHINGTON taz | Aufatmen in Washington: Das erbitterte Gezerre um den | |
| US-Staatshaushalt scheint vorerst beendet. Am ersten Tag des neuen Jahres | |
| lobt Präsident Barack Obama die Senatoren des Landes, weil sie den | |
| gefürchteten Absturz der Wirtschaft – allgemein als „Fiskalklippe“ | |
| bezeichnet – mit den Folgen drastischer Einsparungen und Entlassungen | |
| vermieden haben. Zugleich drängt Obama das Repräsentantenhaus, das am | |
| Mittag zusammentritt, den erreichten Kompromiss ebenfalls zu verabschieden. | |
| Falls es klappt, markiert 2013 das Jahr, in dem die Einkommensteuer in den | |
| USA erstmals seit zwei Jahrzehnten – leicht – erhöht wird. | |
| Aber wirklich zu Ende ist die Zitterpartie am Neujahrstag noch nicht. Der | |
| republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, hat | |
| bereits erklärt, dass seine Kammer die Möglichkeit hat, das Abkommen | |
| „anzupassen“. In Boehners Kammer haben die RepublikanerInnen die Mehrheit. | |
| In ihrem Kreis ist jene Gruppe besonders stark vertreten, die das | |
| politische Dogma hat: keine Steuern, wenig Staat. | |
| Den Deal ausgehandelt haben – in der allerletzten Minute am späten | |
| Silvesterabend – der demokratische Vizepräsident Joe Biden und der Chef der | |
| RepublikanerInnen im Senat, Mitch McDonnell. Kurz vor zwei Uhr morgens am | |
| 1. Januar stimmt der Senat zu. Das Votum in der üblicherweise tief | |
| gespaltenen und oft handlungsunfähigen Kammer fällt ungewöhnlich einmütig | |
| aus: 89 SenatorInnen stimmen für den Kompromiss, nur 8 Senatoren dagegen. | |
| Letztere sind drei Demokraten vom linken Flügel, sowie fünf Republikaner | |
| vom rechten Rand. | |
| Der Deal bedeutet, dass die SpitzenverdienerInnen in den USA statt bislang | |
| 35 Prozent künftig 39,6 Prozent Einkommensteuer zahlen müssen. Betroffen | |
| sind Singles, die über 400.000 im Jahr, und Paare, die über 450.000 Dollar | |
| im Jahr verdienen. Beschlossen wurde auch, dass die Steuern auf | |
| Kapitalgewinne und Dividenden von gegenwärtig 15 Prozent auf immer noch | |
| niedrige 20 Prozent erhöht werden. Und dass die Steuererleichterungen auf | |
| Einkommen über 250.000 Dollar im Jahr (Singles) und über 300.000 Dollar | |
| (Paare) weniger werden wird. Außerdem soll die Vermögensteuer auf Vermögen | |
| über 5 Millionen Dollars von gegenwärtig 35 auf 40 Prozent steigen. | |
| ## Mehr Geld aber nicht genug | |
| Für die überwiegende Mehrheit der mittleren und niedrigen Einkommen | |
| bedeutet dies, dass ihre Einkommensteuern nicht erhöht werden. Und dass für | |
| sie die bislang nur provisorisch geltenden „Bush-Steuern“, um die es seit | |
| Jahren bei jedem Fristablauf neuen lähmenden Streit zwischen DemokratInnen | |
| und RepublikanerInnen gab, dieses Mal langfristig festgelegt werden sollen. | |
| Die Einigung könnte auch dazu führen, dass die seit Jahren eingefrorenen | |
| Löhne für Beamte angehoben werden. Er könnte verhindern, dass die | |
| Milchpreise in diesem Jahr radikal ansteigen. Und dass einige | |
| landwirtschaftliche Programme, die aufgrund der Blockadesituation im | |
| Kongress im vergangenen Jahr ohne Anschluss abgelaufen sind, nun doch bis | |
| zum nächsten September in Kraft bleiben. | |
| Die neuen Steuersätze werden – immer vorausgesetzt, das Repräsentantenhaus | |
| stimmt zu – zusätzliches Geld in die Staatskassen bringen. Der Deal würde | |
| verhindern, dass am 1. Januar Steuererhöhungen für alle und Kürzungen – vom | |
| Arbeitslosengeld bis zu den Militärausgaben – querbeet in Kraft treten. | |
| ## „Niemand ist Happy“ | |
| Damit wäre der Absturz von der „Fiskalklippe“ zunächst verhindert. Aber d… | |
| Geldmenge, die so in die Staatkasse fließen würde, ist deutlich niedriger | |
| als nötig. Nur rund 600 Milliarden zusätzliche Einnahmen aus | |
| Einkommensteuern sind in den nächsten zehn Jahren zu erwarten. | |
| Das ist weniger als die Hälfte dessen, was die DemokratInnen mit | |
| Steuererhöhungen für SpitzenverdienerInnen holen wollten. Sie – und ihr | |
| Präsident – hatten im zurückliegenden Wahlkampf Einkommensteuererhöhungen | |
| für VerdienerInnen über 250.000 Dollar im Jahr angekündigt. Präsident Obama | |
| hatte ursprünglich auch beabsichtigt die Vermögensteuer stärker zu erhöhen | |
| (auf 45 Prozent). | |
| Vor einem seiner spätabendlichen Treffen sagte Vizepräsident Biden: | |
| „Niemand ist happy – das ist, was man einen Kompromiss nennt.“ Aber seine | |
| demokratischen SenatorInnen ermunterte er in einer Sitzung vor der | |
| Abstimmung im Senat: „Wir können stolz sein. Wir haben unsere Werte | |
| verteidigt.“ Anschließend erklärte Senator Charles Schumer aus New York, | |
| der für den Deal gestimmt hat: „Es gibt viele Gründe, den Vorschlag nicht | |
| zu mögen. Aber es gibt weitgehende Einstimmigkeit darüber, dass er besser | |
| ist, als von der Klippe zu stürzen.“ | |
| 1 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
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