Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Private Finanzierung: Der Markt regelt gar nichts
> Öffentlich-privat finanzierte Projekte sind unseriös. Vor allem sparen
> sie kein Geld. Nur ein Kartell von Politikern und Konzernstrategen hält
> das Modell am Leben.
Was soll schlecht daran sein, wenn nicht der Staat die Autobahn oder das
Rathaus baut, sondern ein privates Konsortium? Ganz einfach: Es wird viel
teurer. Das ist belegt.
Bestenfalls naive Politiker setzen sich trotzdem weiter für
öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) ein, weil ihre ideologische Platte
einen Sprung hat: „Der Staat ist ineffizient, am besten regelt es der
Markt.“
Fakten stören das geschlossene Weltbild dieses autoritätshörigen
Politikertypus, der ungern selbst denkt. Etwa die Berichte der
Rechnungshöfe. Oder wissenschaftlich fundierte Studien der Hochschule für
Verwaltungswissenschaften Speyer. Alle kommen zum Ergebnis: ÖPP ist ein
höchst unseriöses Instrument und schon gar nicht billiger.
ÖPP sei effizient, behaupten Befürworter, weil sämtliche Leistungen
übernommen würden: die Finanzierung, der Bau und der Betrieb. Alles aus
einer Hand. Dadurch würden Synergien freigesetzt, Doppelstrukturen
vermieden.
Beratergequatsche. Denn schon bei der Finanzierung beginnt die
Unmöglichkeit des „Erfolgsmodells“ ÖPP. Leiht sich beim konventionellen B…
der Staat das Geld, tut dies bei ÖPP das private Konsortium.
Doch kein ökonomischer Akteur kommt so günstig an Darlehen wie der Staat.
Er genießt die höchste Bonität, zahlt die niedrigsten Zinsen. Wer eine
Eigentumswohnung erwirbt, weiß schmerzlich, welche Konsequenzen schon
minimale Veränderungen beim Zinssatz haben.
Bei Infrastrukturprojekten in dreistelliger Millionenhöhe ist damit allein
schon der Zinsnachteil privater Akteure nicht mehr einzuholen.
Trozdem: Die politische Lobeshymen klingen weiter, vor allem in der SPD und
der Union. Denn durch ÖPP wird es Politkern ermöglicht, Projekte zu
finanzieren, für die sie gar nicht das Geld haben.
ÖPP ist eine konvertible Währung: ÖPP lässt sich politisch ummünzen. Das
wollten die Erfinder. Zu ihnen gehören die Berater von McKinsey oder
PricewaterhouseCoopers. Sie führten den Sozialdemokraten die Feder beim
entscheidenden Gesetz.
Das war Anfang des neuen Jahrtausends, als Schröders SPD so sein wollte wie
New Labour in Großbritannien. ÖPP ist das Produkt eines erfolgreichen
Lobbyismus, der suggerieren konnte, dass die Grenzen zwischen Politik und
Wirtschaft ein Hindernis für mehr Effizienz und ein Mangel an Modernität
seien.
Wenige Jahre später waren es auch McKinsey und die Deutsche Bank, die unter
Peer Steinbrücks Ägide als Bundesfinanzminister eine Behörde designten, die
als Bundesbehörde in Erscheinung tritt, aber von einem Mann geleitet wird,
der vorher dem Baukonzern Hochtief vorstand.
Diese Behörde berät Kommunen, ob für sie ÖPP sinnvoll sein könnte. Sie
besteht zur Hälfte aus Konzernen, die von ÖPP profitieren. Dieser staatlich
alimentierte Lobbyismus dürfte in der Tat recht einmalig sein.
Das Kartell einiger Politiker und Konzernstrategen hält das auf
Bereicherung getrimmte ÖPP-Modell am Leben. Dass die Bürgerinnen und Bürger
bei diesem Modell draufzahlen, ist dabei nicht wirklich relevant.
5 Jan 2013
## AUTOREN
Kai Schlieter
Kai Schlieter
## TAGS
Finanzen
Privatisierung
ÖPP
Public Private Partnership
Lobbyismus
PPP
Privatisierung
Goldman Sachs
Steinbrück
Autobahn
## ARTIKEL ZUM THEMA
Öffentlich-Private-Partnerschaft: Konsortium verkalkuliert sich
Privater Betreiber der A1 zwischen Hamburg und Bremen will vom Bund 778
Millionen Euro einklagen, weil weniger LKW fuhren als geplant.
Ein Besuch bei LobbyControl in Berlin: Von Böcken, die gärtnern
Lobbyisten sind überall. Ein gemeinnütziger Verein versucht, das Geflecht
zwischen Wirtschaft und Politik transparent zu machen.
Bauingenieur über ÖPP-Machenschaften: „Ich wäre dafür im Knast gelandet“
Manche Politiker haben nichts gegen frisierte Gutachten. Das sei gut für
die Bauindustrie und schlecht für die Allgemeinheit, meint
Privatisierungskritiker Carl Waßmuth.
Öffentlich-Private Partnerschaften: Die Zustimmung bröckelt
Lange fiel es Sozialdemokraten schwer, sich ÖPP-kritisch zu positionieren –
schließlich hatten sie dem Modell zur Blüte verholfen. Jetzt dreht sich der
Wind.
Wirtschaftsethiker über Goldman Sachs: „Beihilfe zur Überschuldung“
Der Wirtschaftsethiker Florian Wettstein über die Verantwortung der Bank
Goldman Sachs in der Krise, die Genfer Konvention und den Schmähpreises
„Public Eye“.
Steinbrück wollte Sparkassenchef werden: Kanzlerkandidat ohne Klein-Klein
Steinbrück wusste, was er sagte, als er das Gehalt der Kanzlerin mit dem
eines Sparkassendirektors verglich: Er selbst wollte 1998 Chef eines
Bankenverbands werden.
Privatisierung um jeden Preis: Der Autobahn-Klau
Das Bundesverkehrsministerium will immer mehr Autobahnabschnitte
privatisieren. Das kostet sogar mehr? Egal. Dann ignoriert man die Studien
eben.
Öffentlich-private Partnerschaften: Die staatliche Selbstauflösung
Die ÖPP Deutschland AG gehört mehrheitlich dem Staat und berät Kommunen bei
Teilprivatisierung. An der Unabhängigkeit der Gesellschaft zweifeln einige
Parlamentarier.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.