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# taz.de -- Flughafendebakel BER: Bodenständigkeit statt Glamour
> Brandenburgs Regierungschef soll die BER-Aufsicht führen. Er gewinnt die
> Vertrauensfrage und knüpft sein politisches Schicksal an den Flughafen.
Bild: Bestätigt vom Landtag: Matthias Platzeck.
BERLIN/POTSDAM taz | Plan B heißt das Café neben dem Kino in Potsdam, in
dem die Brandenburger SPD ihren jüngsten Landtagswahlsieg feierte. Plan B
ist aber auch ihr Parteichef, Ministerpräsident Matthias Platzeck, der
nicht allzu weit weg von dem Café im Stadtteil Babelsberg wohnt. Denn Plan
A mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) als
Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist gescheitert.
Nun soll nach der viermal verschobenen Eröffnung Platzeck ran – der
bodenständig auftretende ersetzt den Glamour-Mann aus der Metropole. In der
Aufsichtsratssitzung am Mittwoch soll Platzeck, bisher Vize-Chef des
Gremiums, übernehmen. Dafür wollte er am Montag eindeutige Rückendeckung
seiner rot-roten Koalition im Potsdamer Landtag. Die bekam er: Alle 55
Mitglieder der Regierungsparteien stimmten für ihn, die 32 Gegenstimmen
kamen nur aus der Opposition.
In einer Regierungserklärung wiederholte Platzeck, was am Vorabend via
„Günther Jauch“ im ARD-Fernsehen bundesweit schon Millionen hören konnten:
Dass er Mitverantwortung übernehme und sein politisches Schicksal mit dem
Erfolg des Flughafens verbinde. „Entweder wird das was und das Ding fliegt,
oder ich fliege“, sagte Platzeck da.
Im Landtag gab er wie dort den Reumütigen, den das Desaster auf der
Baustelle im brandenburgischen Schönefeld an der Landesgrenze zu Berlin
stinksauer macht. Als Chef-Kontrolleur werde er aufräumen. Zu seinem
5-Punkte-Plan gehört, unabhängige Bauexperten in den Aufsichtsrat zu holen
– nicht aber, wie etwa von den Grünen gefordert, in den Chefsessel des
Kontrollgremiums.
Der Flughafen sei ein Projekt der öffentlichen Hand, sagte Platzeck,
„deshalb bedarf es der politisch legitimierten Aufsicht“. Zudem soll es
deutlich mehr Informationen geben. Für die Opposition aus CDU, Grünen und
FDP war das eine reine Show-Veranstaltung. „Was haben Sie eigentlich im
Aufsichtsrat gemacht?“, fragte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. Wenn
Platzeck nun mehr Transparenz ankündige, „dann heißt das doch im
Umkehrschluss: Sie haben jahrelang zugesehen, wie getrickst und getäuscht
wurde.“ Dombrowski bezeichnete Platzeck als „Master of Desaster“.
## Dem Land „dienen“
SPD und Linkspartei stellten sich ungerührt und einmütig hinter ihren
Frontmann. Die FDP höhnte dazu nach der Rede des SPD-Fraktionschefs: „Es
hätte nur noch gefehlt, dass Sie sich niedergekniet und den
Ministerpräsidenten angebetet hätten.“ Während Platzecks Rede selbst aber
herrschte lange respektvolle Ruhe im Plenarsaal.
Es kam auch kein Gelächter auf, als Platzeck, der gern auf seine
preußisch-brandenburgische Erziehung verweist, davon sprach, als
Ministerpräsident seinem Land und den Bürgern dienen zu müssen. „Dienen“
ist ein Begriff, der im Vokabular des Noch-Aufsichtsratschefs Wowereit,
lange als Regierender Partymeister verschrien, seltener vorkommt.
Wortwahl und eher demütiges Auftreten Platzecks passten zum bodenständigen
Umfeld der Vertrauensfrage, der ersten überhaupt: Während Wowereits
Spielwiese, das Berliner Abgeordnetenhaus, in dem er am Samstag einen
Misstrauensantrag überstand, schier palastartig daherkommt – mit hohen
Decken, Wandelhallen und roten Plüschsesseln in seinen Gängen und vor dem
Plenarsaal –, strahlt der Potsdamer Landtag vor allem Arbeitsatmosphäre
aus.
## Gelächter bei der Opposition
Da prägen nicht Stuck und Neoklassik, sondern abgetretene Eichendielen, ein
Lastenaufzug und abblätternde Farbe an Wasserleitungen den Vorraum des
Fraktionssaals, in dem die SPD vor Beginn der Vertrauensdebatte kurz
zusammenkam.
Zumindest die FDP verschloss sich trotz ihres Neins bei der Vertrauensfrage
nicht ganz einem Neuanfang mit Platzeck als Aufsichtsratschef – sie
beantragte zusammen mit den Regierungsfraktionen von SPD und Linkspartei
einen Flughafen-Sonderausschuss, den Platzeck mit Informationen füttern
soll.
CDU und Grünen kam dieser Antrag zu schnell, sie wollten 14 Tage
Verschiebung. Das gehe nicht, widersprach die Linkspartei, „jeder Tag ist
ein verlorener Tag“. Das sorgte angesichts nicht mehrtägiger, sondern
mehrjähriger Verzögerung beim Flughafen nicht nur bei der Opposition für
Gelächter.
14 Jan 2013
## AUTOREN
Stefan Alberti
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