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# taz.de -- Steinbrück in London: Peer und die Banker von morgen
> Peer Steinbrück hätte gerne selbst an der London School of Economics
> studiert. Bei einer Rede vor LSE-Studenten fordert er, dass sie sich für
> die Gesellschaft interessieren.
Bild: Wäre so gerne einer von ihnen gewesen: Steinbrück vor LSE-Studenten
LONDON taz | Hier wächst der Banker-Nachwuchs der City heran. Rund 400
Studenten warten am Montag an der London School of Economics auf Peer
Steinbrück, der vorbei kommt, um ihnen darzulegen, wie er sie – die
zukünftigen Finanzmärkte – zu bändigen gedenkt. Bis Steinbrück
dompteurartig losbändigen kann, falls er Kanzler wird, werden viele der
Studenten bereits in Büros und Handelsräumen zu finden sein.
Auf Studenten der LSE, wartet ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von
fast 70.000 Euro, wenn sie einen Abschluss in Finanzen haben. Sogar bis zu
190.000 Euro habe es schon gegeben, preist die Schule in einer Broschüre.
Nirgendwo in Großbritannien winkt mehr Geld nach dem Abschluss als an der
LSE. Fast alle Masterstudenten kommen aus dem Ausland. Nach Amerikanern und
Chinesen zieht es die Deutschen hier hin. Eine Kaderschmiede.
Peer Steinbrück kommt, stellt sich an den Rand der Bühne, knöpft sein Sakko
zu und spricht frei, erst Englisch dann auf Deutsch. Einer seiner großen
Fehler im Leben sei es gewesen, in den 70ern nicht auch an der LSE studiert
zu haben, als er die Gelegenheit dazu gehabt hätte, beginnt er seine
Bändigung. Wenn das Vorurteil mit der Kaderschmiede stimmt, dann scheint
es, als wolle ein Beinahe-Bock nun Gärtner werden. Dabei ist es ja genau
diese Ahnung des bockartigen Banker-Stallgeruchs, die so genannte eher
linksorientierte Leute über Steinbrück die Nase rümpfen ließ.
Die angekündigte Bändigung kommt dann ebenso in gewinnenden Tönen daher
statt als trampelnde Kavallerie. Die Vorwürfe der Profitjagd, oder dass
manche Banken „Beihilfe zu Steuerhinterziehung als Geschäftsmodell“
betrieben, spart sich Steinbrück hier. Er zimmert einen Rahmen aus
Wirtschaftskrise und Europa als Gesellschaftsmodell und hängt in ihn die
wesentlichen Punkte seines Finanzmarktpapiers.
So fordert er die Einführung einer Transaktionssteuer und gesteht ein, dass
es dort zu seiner Vor-Krisen Position „wenn sie so wollen eine Revision“
gebe. Er fordert, dass Banken scheitern können und Schattenbanken reguliert
werden und Bankgeschäft vom Investment getrennt werden müssten.
Gerichtsverfahren gegen Banker, wie von der Regierung angekündigt, könnten
nicht die Antwort auf die Krise sein, so Steinbrück.
## Eher Ermahnung als Bändigung
In Großbritannien sind das keine Schocker. Am selben Nachmittag hatte der
konservative britische Finanzminister George Osborne angekündigt, dass ein
solches Trennbankensystem durchgesetzt und Institute, die sich nicht dran
halten, aufgespalten würden. In London gab es im vergangenen Jahr ein
Verfahren gegen mehrere UBS Händler und Vorstände von Barclays mussten
wegen Fummeleien am LIBOR-Zins, Versicherungsskandalen und folgenden
Strafzahlungen gehen.
Steinbrück bietet den LSElern also weniger eine Bändigung als eine
Ermahnung. „Ich erwarte von Ihnen, dass sie ein Interesse an der
Gesellschaft haben“, sagt er. Wenn man nach oben ins Penthouse strebe,
könnten einem die unteren Etagen nicht egal sein. Diejenigen, die man
deklassiert, die würden handeln und unter Umständen auch irrationale und
radikale Parteien wählen, wenn sie denn überhaupt noch wählten. Und
abschließend – „ich habe ja eine Vorstellung, was sie über Politiker sage…
wenn ich nicht da bin“ – bittet Steinbrück die Ökonomen um mehr Respekt f…
Politiker und Parteien.
Widerspruch gegen seine sanft vorgetragene Bändigung der Finanzmärkte
schlägt Steinbrück kaum entgegen. Ein Student weist Steinbrück auf die
Ironie hin, dass es ja die letzte Rot-Grüne Koalition gewesen sei, die jene
Märkte, die er nun wieder zu bändigen versuche, überhaupt erst verzogen
habe. Eine findige Ökonomin wirft ein, dass Steuern ja immer ineffizient
seien, das lerne man ja schon im ersten Semester, weil die ja einen Keil
zwischen Preis und Nachfrage trieben, und ob er da die Transaktionssteuer
zu Gunsten einer Abgabe nicht lieber bleiben lassen wolle.
Ein anderer Student verweigert schließlich den von Steinbrück gerade
erbetenen Respekt und konstatiert, Politiker seien ja wohl schlimmer als
Banker, denn zwar versähen sie ebenfalls anderer Leute Geld, könnten dabei
aber nicht einmal etwas verlieren. „Im Vergleich mit Rösler war er
jedenfalls der Hammer“, sagt eine Studentin. Der war vor wenigen Wochen da
gewesen und habe einfach nur am Pult abgelesen.
5 Feb 2013
## AUTOREN
Johannes Himmelreich
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