# taz.de -- Berlinale-Film über Roland Klick: Held und Außenseiter | |
> Das Porträt eines großen, getriebenen und vergessenen deutschen | |
> Kino-Enthusiasten: „Roland Klick – The Heart Is a Hungry Hunter“ von | |
> Sandra Prechtel. | |
Bild: Mario Adorf 1970 in „Deadlock“. | |
Einmal, als er wild gestikulierend vom Filmemachen erzählt, vom Leben, das | |
in die Filme schießt, da verlässt Roland Klick den sorgfältig scharf | |
gezogenen Bereich des Bildes. Über 70 ist der Mann, doch auf eine Weise | |
agil und mit einer inbrünstigen Leidenschaft gesegnet, als wäre er noch | |
keine 30. | |
Wenn er plötzlich loslacht – und Klick lacht viel –, dann reißt sein ganz… | |
Gesicht auf, es funkelt ein Spott über die Absurditäten des Lebens darin, | |
den sich gut leisten kann, wer stets Außenseiter gewesen und Held geblieben | |
ist. | |
Roland Klick, ein Verschütteter der deutschen Filmgeschichte. Einer jener | |
Regisseure, die im verlässlichen Turnus wiederentdeckt und wieder vergessen | |
werden, denen man die Aufnahme in den offiziellen Pantheon auch ernsthaft | |
gar nicht wünschen kann. Erst in den rumpeligen Programmkinos, in denen | |
mehr Herzblut als Profitpotenzial steckt, sprüht Klicks Kino wirklich | |
Funken, wenn dort in der Spätschiene sein psychedelischer, in der | |
flirrenden Wüste Israels gedrehter Gangsterwestern „Deadlock“ (1970) oder | |
sein trauriges Hamburger Kleinkriminellen-Märchen „Supermarkt“ (1974) | |
läuft. | |
Wer je das Glück hatte, nach einer solchen Vorführung diesen „Filmjunkie“ | |
(Selbstauskunft) live zu erleben, wie er erst im Schneidersitz, dann unter | |
vollem Körpereinsatz von seinen Filmabenteuern erzählt, der bekommt mit | |
Sandra Prechtels Interview-Porträt „Roland Klick – The Heart is a Hungry | |
Hunter“ ein schönes Déjà-vu. „He’s a dreamer inside a Deutscher“, sa… | |
darin der Schauspieler David Hess über Klick. | |
## Die Dinge zum Sprechen bringen | |
An einer anderen Stelle kommt es von Klick selbst: „Film heißt, die Dinge | |
zum Sprechen zu bringen.“ In seinem Kurzfilm „Ludwig“ stößt ein blutjun… | |
Otto Sander im fränkischen Kalkstein auf einen fossilen Ammoniten, den er | |
um alles in der Welt verteidigt. In „Deadlock“ und „Supermarkt“ werden | |
Geldscheine zu erotischen Objekten – und eine verkratzte Single zur letzten | |
Hülse einer im Vagen bleibenden Liebesgeschichte. Bei Klick vergeuden sich | |
die Menschen an die Dinge, an eine große, auch räumliche Leere, die Klick – | |
wie er Prechtel mit ungebrochener Begeisterung erzählt – in Studentenjahren | |
bei Antonioni zu lieben gelernt hat. | |
Dennoch zog es ihn in den späten sechziger Jahren nicht zur kristallinen | |
Kunst des in Deutschland erblühenden Autorenfilms: Klick entschied sich für | |
populäre Formen, die Authentizität der Straße – und wurde deshalb, so | |
pflegt er jedenfalls die eigene Legende, geschnitten und ausgegrenzt. Eine | |
spätere Zusammenarbeit mit Bernd Eichinger – Klick sollte „Wir Kinder vom | |
Bahnhof Zoo“ drehen – scheiterte an Meinungsverschiedenheiten während der | |
Drehvorbereitungen: Während Klick mit seinem unbedingt physischen Begriff | |
vom Kino den hautnahen Kontakt zu echten Junkiekids suchte, zog Eichinger | |
brave Jugendliche aus Schauspielerkarteien vor. | |
Nicht auszudenken, was für ein Film uns da verloren gegangen ist! | |
Anschließend stürzte sich Klick in den Punkfilm „White Star“, der wegen | |
Dennis Hoppers Drogeneskapaden den Budgetrahmen massiv sprengte, dann an | |
den Kassen unterging und schließlich sein Karriere-Aus zementierte. | |
Schlaglichter auf einen übergangenen Seitenarm der deutschen | |
Filmgeschichte: Prechtels Film ist ein schöner Parcours, der sich Ästhetik | |
und Habitus von Klicks Filmen glücklicherweise nicht anverwandelt. Ein | |
Gewinn ist die Nähe, die Prechtel sucht – auch wenn man diese nur zu dem | |
Preis bekommt, dass die Regisseurin ihrem Gegenstand erliegt. Vielleicht | |
geht das nicht anders: Klick ist ein ansteckender Kinoenthusiast ohne | |
Snoballüren, ein Getriebener seiner Träume. Einer, der sich, seinen Figuren | |
nicht unähnlich, ganz und gar an eine Sache vergeudet. | |
12 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Thomas Groh | |
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