Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Gold“ auf der Berlinale: Kühl bis ans Herz
> In „Gold“ porträtiert Thomas Arslan deutsche Auswanderer, die 1898 dem
> Gold am Yukon-River hinterherjagten. Mitfühlen soll der Zuschauer wohl
> nicht.
Bild: Emily, gespielt von Nina Hoss, mit ihrem Ross.
Expeditionsleiter Laser stellt alles so dar, als sei es nur ein
Spaziergang: sechs Wochen durch großartige kanadische Landschaft zum Gold.
Er präsentiert ein Riesennugget als Objekt des Begehrens und Beweisstück
zugleich.
Dann zieht die Truppe los. Ein älteres Ehepaar macht die Küche. Ein Mann
kommt von der Zeitung und schreibt eine Reportage über den Treck. Einer
will seine Familie aus dem New Yorker Drecksloch holen, in dem sie lebt.
Das Kindermädchen aus Chicago hat nichts zu verlieren. Eine geheuerte Kraft
ist der Packer, den allerdings seine Vergangenheit, mit Schießgewehren
bewaffnet, verfolgt. Wir schreiben das Jahr 1898. Ausgewanderte sind sie
alle, aus Deutschland. Sie ziehen los.
Sie reiten. Sie reiten und reiten. Widrigkeiten stellen sich ein, ein
Radbruch, eine Bärenfalle, Orientierungsprobleme. Zwei Kopfgeldjäger und
diverse Indianer marschieren als Zitate aus der Genregeschichte durchs
Bild. Einstellungen, die alle sehr nüchterner Art sind, sogar in den tollen
leinwandbreiten Landschaftsaufnahmen werden sie durch Schwarzblenden
zäsuriert und durch sparsame Riffs von Dylan Carlson, Gitarrist der
Doom-Band Earth.
Allmählich wird die Reisetruppe dezimiert. Die Übriggebliebenen reiten in
die nächste Schwarzblende weiter. Das Repetitive ist dabei Methode. Hoch zu
Ross: Nina Hoss, die Ungerührtheit in Person. Wer Gold mit Fieber
assoziiert, liegt hier falsch. „Gold“ ist kühl bis ans Herz, fiebert
höchstens eiskalt.
Gelegentlich wagt Thomas Arslan einen Schritt in Richtung Erzählung: Der
Packer und das Kindermädchen kommen sich näher. Konflikte zwischen den
Mitgliedern der immer erschöpfteren Gruppe zeichnen sich ab. Dann erweist
sich Laser als Schurke und es wird das Recht in der Wildnis diskutiert und
praktiziert und hintenrum suspendiert.
## „Lost“ in Kanada
Durch Mark und Bein geht später eine Säge. Mehr passiert aber nicht. Immer
reiten sie zielstrebig weiter. Ziemlich „lost“ in Kanada – wo freilich die
Serie gleichen Namens geradezu plotwütig ist, übt Arslan verschärfte
Plotabstinenz. Sogar die früh eingeführten Verfolger werfen nur den
Fatalismus eines absehbaren Ausgangs voraus.
Einerseits ist das ja bewundernswert konsequent. Auch gar nicht bierernst,
das Wissen um die Absurdität der historischen wie der filmischen Expedition
scheint durch. Andererseits fehlt irgendwann der Mehrwert, den diese
Reduktion des Historienfilms auf die reine Struktur, auf die Einstellung
als Diskursangebot, auf das Mundwinkelzucken der Nina Hoss als größte
denkbare Regung doch auf anderer Ebene bieten sollte.
So richtig mitfühlen soll ich wohl nicht. Auch auf Spannung legt Arslan es
nicht an. Was bleibt vom Gold und der Gier und der Verzweiflung? Ritte,
Schüsse, Blicke in die Menge, jedoch fern aller Fülle, vielmehr alles recht
gründlich entleert.
## 15 Februar, 15 Uhr und 17. Februar, 10.00 Uhr, Friedrichstadt-Palast.
10 Feb 2013
## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
Gold
Wettbewerb
Nina Hoss
Kanada
Torrent-Site
James Franco
Ulrich Seidl
Schauspieler
Henrik Ibsen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Filmstart „Gold“: Weiter, weiter, das ist das Ziel
Ein beschwerlicher Treck: In „Gold“ reduziert der Berliner Regisseur Thomas
Arslan das Western-Genre auf sein Skelett.
Preise der Berlinale: Silberner Bär für Panahi
Die Bären kommen am Schluß: Zu den Preisträgern der Berlinale gehören der
Regisseur David Gordon Green und die Schauspielerin Paulina García.
Berlinale-Film über Roland Klick: Held und Außenseiter
Das Porträt eines großen, getriebenen und vergessenen deutschen
Kino-Enthusiasten: „Roland Klick – The Heart Is a Hungry Hunter“ von Sand…
Prechtel.
Doku über The Pirate Bay: Drei gegen Hollywood
Vor allem mutig: Regisseur Simon Klose zeigt in seinem Film das
Gerichtsverfahren gegen die Gründer von The Pirate Bay, der größten
Torrent-Site der Welt.
Berlinale Staralbum: James Franco: Das Sexsymbol
Der Schauspieler stellt lieber seine Kunst als seine Filme vor. Bei der
Präsentation seiner Ausstellung ist James Franco wahnsinnig unprätentiös.
Ulrich Seidls „Paradies: Hoffnung“: Smells like teen spirit
Zum Abschluss seiner „Paradies“-Trilogie zeigt Ulrich Seidl ein
Sommerferien-Diätlager. Er lässt zu, dass die jungen Darstellerinnen den
Film kapern.
Isabella Rossellini auf der Berlinale: „Mutterinstinkt ist vereinfachend“
Die Schauspielerin und Regisseurin Isabella Rossellini über Launen der
Natur, die Komik wissenschaftlicher Informationen und den Charme des
Einfachen.
Berlinale-Tipps der taz-Autoren: Worauf wir uns am meisten freuen
Jedes Jahr dasselbe Chaos: Es gibt so viele Events und Vorführungen, dass
man gar nicht mehr weiß wohin. Unsere Filmexperten helfen mit Empfehlungen.
Nina Hoss als „Hedda Gabler“: Die Lady mit dem Colt
Elegant gleitet die Inszenierung der „Hedda Gabler“ in Berlin durch die
Zeiten. So elegant wie Nina Hoss als Titelheldin, für die Stil mehr als
Moral zählt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.