# taz.de -- Kongolesischer Warlord wird Flüchtling: Nach Freispruch verhaftet | |
> Mathieu Ngudjolo, der erste von Den Haag freigesprochene Kongolese, kam | |
> nach seiner Freilassung wieder hinter Gitter. Jetzt sitzt er im | |
> Asylbewerberheim. | |
Bild: Da war er noch guter Dinge: Mathieu Ngudjolo vor dem Internationalen Stra… | |
BERLIN taz | Der erste Freispruch in der Geschichte des Internationalen | |
Strafgerichtshofs in Den Haag hat kuriose Konsequenzen. Der Kongolese | |
Mathieu Ngudjolo Chui, der Ende 2012 freigesprochen worden war, sitzt jetzt | |
im Asylbewerberheim des niederländischen Flughafens Schiphol. Die | |
Bedingungen dort „sind viel weniger gut als im Haftzentrum des | |
Strafgerichtshofs“, klagt sein Anwalt Jean-Pierre Kilenda. | |
Ngudjolo war einer von mehreren kongolesischen Warlords gewesen, die in Den | |
Haag vor Gericht stehen. Die Anklage warf ihm vor, als Führer der Miliz FNI | |
(Nationalistische Kräfte für Integration) für ein Massaker im Dorf Bogoro | |
mit über 200 Toten am 24. Februar 2003 verantwortlich zu sein. Das Gericht | |
befand aber, es sei nicht erwiesen, dass Ngudjolo zu diesem Zeitpunkt die | |
FNI kommandierte. So sprach das Gericht Ngudjolo am 18. Dezember 2012 frei | |
und ordnete seine Freilassung an. | |
Die Anklagebehörde scheiterte am 20. Dezember mit einem Antrag, die | |
Freilassung bis zur Entscheidung über ihren Berufungsantrag auszusetzen. | |
Die Verteidigung scheiterte am 21. Dezember mit einem Antrag, Ngudjolo nach | |
Belgien zu überführen, damit er dort Asyl beantragen könne. | |
Noch am 21. Dezember wurde Ngudjolo freigelassen und nach Angaben des | |
Gerichts den niederländischen Behörden „übergeben“. Die nahmen ihn prompt | |
wegen illegalen Aufenthaltes in Haft. | |
## Fürchtet um sein Leben | |
„Wider Erwarten“, so Ngudjolos Verteidigung in einer Vorlage für die | |
Berufungskammer des Strafgerichtshofs, sei Ngudjolo in Abschiebehaft | |
geraten und zum Flughafen gebracht worden. Ngudjolo beantragte umgehend | |
Asyl und sitzt jetzt fest. | |
Den Asylantrag begründet Ngudjolo damit, dass er während seines Prozesses | |
Kongos Präsident Joseph Kabila für das Massaker von Bogoro verantwortlich | |
machte. Er fürchte nun um sein Leben, falls er in den Kongo zurückkehren | |
müsse, heißt es. | |
Die Verteidigung sieht in all dem ein eklatantes Versäumnis des | |
Strafgerichtshofs. „Laut Artikel 81 (3)(c) ist der Beschuldigte im Falle | |
des Freispruchs unverzüglich freizulassen. Aber der Freigesprochene ist | |
nicht in Freiheit“, erklärt sie. Die Zeugenschutzabteilung des Gerichts | |
müsse für „die Freiheit und Sicherheit“ Ngudjolos sorgen. | |
Die Affäre verweist auf eine juristische Grauzone. Während Angeklagte oder | |
Zeugen sich in Obhut des Strafgerichtshofs befinden, gelten niederländische | |
Gesetze für sie nicht. Aber was hinterher geschieht, ist nicht festgelegt. | |
13 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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