# taz.de -- Altmaier beziffert Kosten: Energiewende für eine Billion Euro | |
> Bundesumweltminister Altmaier fürchtet, die Energiewende könnte bis zu | |
> eine Billion Euro kosten. Deshalb sollen Branchen wie der Kohlebergbau | |
> mehr zahlen. | |
Bild: Peter Altmaier weiß: Das wird teuer! | |
BERLIN taz | Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) macht zahlenmächtig | |
Werbung für sein Vorhaben, den Kostenanstieg beim Ökostrom zu dämpfen: Bis | |
zu 1.000 Milliarden Euro könne die Energiewende kosten, behauptete er in | |
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Altmaier will der Industrie nun einen | |
höheren finanziellen Beitrag abverlangen. | |
Auf 67 Milliarden Euro bezifferte Altmaier bislang die an Betreiber von | |
Solar-, Wind- und anderen Ökokraftwerken ausgeschüttete Förderung. Die | |
zahlen die privaten Stromverbraucher und die meisten Firmen als Umlage mit | |
ihrer Stromrechnung. Laufe das System bis 2022 so weiter wie bisher, würden | |
potenziell 680 Milliarden erreicht, so Altmaier. Hinzu kämen Kosten für den | |
Neubau von Leitungen und Gebäudesanierung. | |
Die Rechnung des Ministers sei „nicht seriös“, sagte dagegen Ulrich Kelber, | |
Vizefraktionschef der SPD. So beziehe Altmaier Kosten ein, die auch ohne | |
die Energiewende entstünden. Die grüne Vizefraktionschefin Bärbel Höhn | |
kritisierte Altmaiers „Wahlkampfgetöse“: „Wenn man Umweltschäden durch | |
Kohlekraftwerke, den üblichen Netzausbau und den Import von Gas oder Öl | |
zusammenrechnet, kommt man für den gleichen Zeitraum auf höhere Kosten.“ | |
Außerdem wolle der Minister davon ablenken, „dass die Regierung durch die | |
vielen Industrieausnahmen die Strompreise für die privaten Haushalte | |
deutlich erhöht hat“. | |
Diese Erkenntnis hat sich auch bei der Bundesregierung inzwischen | |
durchgesetzt. Gemeinsam wollen Altmaier und Bundeswirtschaftsminister | |
Philipp Rösler (FDP) den Anstieg des Strompreises und der Umlage für die | |
erneuerbaren Energien bremsen. 700 Millionen Euro jährlich soll die | |
Industrie beitragen, indem Ausnahmen von der Umlage eingeschränkt werden, | |
die Unternehmen mit hohem Stromverbrauch begünstigen. | |
Nun kursieren Vorschläge, welche Branchen betroffen sein könnten. Genannt | |
werden unter anderem Schienenverkehrsunternehmen, der Steinkohle- und | |
Braunkohlebergbau, die Herstellung von Getränken, Nahrungs- und | |
Futtermitteln sowie die Abfall- und Recycling-Branche. Deren Stromkosten | |
würden steigen, wenn sie die Ökoumlage voll entrichten müssten. | |
## Firmen im internationalen Wettbewerb | |
Im Rahmen der „besonderen Ausgleichsregelung“ des | |
Erneuerbaren-Energien-Gesetzes sind produzierende Unternehmen teilweise von | |
der Ökoumlage befreit, wenn sie mehr als eine bestimmte Strommenge | |
verbrauchen und die Elektrizität einen großen Kostenblock ausmacht. Diese | |
Kriterien ändert die Regierung möglicherweise: Künftig würden nur noch | |
Produktionsfirmen begünstigt, die im starken internationalen Wettbewerb | |
stehen. | |
Dafür liegt der Bundesregierung eine mit der Europäischen Kommission | |
abgestimmte Liste bereits vor. Darin enthalten sind 14 Branchen, unter | |
anderem die Produktion von Aluminium, Eisen, Stahl, chemischen | |
Grundstoffen, Papier, Dünger, Kunststoff und Eisenerz. Alle anderen | |
Wirtschaftszweige müssten dann auf die bisherige teilweise Befreiung von | |
der Umlage verzichten. | |
Auch der Verband der Energieintensiven Industrien (EID) schaltete sich in | |
die Debatte ein. Sollte die Regierung einen Teil der Vergünstigungen wie | |
geplant streichen, koste dies die Mitglieder der Verbandes rund 315 | |
Millionen Euro jährlich und gefährde Arbeitsplätze, hieß es. | |
20 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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