| # taz.de -- Bulgarien ohne Regierung: Premier gibt die Macht zurück | |
| > Für eine Übergangsregierung steht er nicht zur Verfügung: der | |
| > zurückgetretene bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow. Neuwahlen | |
| > könnten im April stattfinden. | |
| Bild: Weibliche, männliche, junge und alte Bulgaren protestieren gegen hohe St… | |
| BERLIN taz | Noch am Dienstag, zehn Tage nach Beginn der landesweiten | |
| Demonstrationen, hatte der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borrisow | |
| einen Rücktritt abgelehnt. Erst die darauffolgende Nacht brachte | |
| offensichtlich neue Einsichten: Am Mittwochmorgen kündigte Borissow im | |
| Parlament den Abgang seiner Regierung an. „Jeder Tropfen Blut ist eine | |
| Schande für uns“, so der 53-Jährige. Das Volk habe die Macht an seine | |
| Regierung übergeben, so der Premier weiter. „Heute geben wir sie zurück.“ | |
| Die Massenproteste hatten sich zunächst gegen für viele Bulgaren | |
| unbezahlbare Strompreise gerichtet, sich dann aber auch immer stärker gegen | |
| die Mitte-rechts-Regierung gewandt. Diese ist seit Juli 2009 im Amt und | |
| hatte versprochen, das ärmste EU-Land zu modernisieren und effizient gegen | |
| Korruption vorzugehen. Reguläre Parlamentswahlen sind für den 7. Juli | |
| dieses Jahres geplant. | |
| In einer ersten Reaktion auf die Unmutsbekundungen der Bevölkerung hatte | |
| Borissow am vergangenen Montag seinen Finanzminister Simeon Djankow | |
| entlassen. Einen Tag später schlug er vor, die Strompreise ab März um 8 | |
| Prozent zu senken. Zudem kündigte er an, dem tschechischen Versorger CEZ | |
| die Lizenz in Bulgarien zu entziehen. Der CEZ ist der größte | |
| Energieversorger in Zentraleuropa. Im Westen Bulgariens beziehen rund 1,9 | |
| Millionen Menschen ihren Strom von diesem Anbieter. | |
| Doch die Beruhigungspille wirkte nicht. In der Nacht zu Mittwoch kam es in | |
| der Hauptstadt Sofia erneut zu schweren Ausschreitungen. Dabei wurden 15 | |
| Menschen verletzt. 25 Personen, die Rauchbomben, Knallkörper und leere | |
| Flaschen auf Sicherheitskräfte geworfen hatten, wurden festgenommen. | |
| „Borissow ist ein politischer Überlebenskünstler. Er kann sich jetzt | |
| erhobenen Hauptes zurückziehen im guten Glauben, bei den nächsten Wahlen | |
| immer noch die besseren Karten zu haben. Denn die konservative Opposition | |
| ist zersplittert und ein Wahlsieg der Sozialisten wenig wahrscheinlich“, | |
| sagt Marinela Liptcheva-Weiß, langjährige Mitarbeiterin des bulgarischen | |
| Dienstes der Deutschen Welle. | |
| Borissow erklärte am Mittwoch, für eine Übergangsregierung stehe er nicht | |
| zur Verfügung. Laut Verfassung muss Präsident Rossen Plewneliew jetzt drei | |
| Parlamentsparteien nacheinander mit der Regierungsbildung beauftragen. Dies | |
| wären Borissows Partei GERB, die oppositionellen Sozialisten sowie eine | |
| dritte Partei seiner Wahl. Da aber alle Parteien Neuwahlen befürworten, | |
| kann der Staatschef eine Expertenregierung mit der Vorbereitung der Wahlen | |
| beauftragen. Die könnten Ende April stattfinden. | |
| 20 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
| Barbara Oertel | |
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