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# taz.de -- Steuerhinterziehung mit System: Der Schleier ist gelüftet
> Wer viel Geld hat, versteckt den Zaster gern auf entlegenen Inseln. Licht
> in die Praxis bringen Insider-Infos – 130.000 Leute kennt man nun.
Bild: Hinter der Fassade des entspannten Playboys ein harter Arbeiter, der scho…
Auf Wikileaks folgen Offshore-Leaks. Eine anonyme Quelle hat Journalisten
einen Datensatz zugänglich gemacht mit 2,5 Millionen E-Mails und anderen
Dokumenten über 130.000 Personen, die Geld in Steueroasen verschoben haben
sollen. Anders als bei den CDs mit Kundendaten Schweizer Banken, geht es
diesmal offenbar vor allem um Firmenkonstrukte und Stiftungen zum Zweck der
Steuerhinterziehung – insbesondere auf den Britischen Jungferninseln. Dort
sollen allein griechische Steuerflüchtlinge 107 Offshore-Firmen gegründet
haben, von denen nur vier den Steuerbehörden gemeldet seien.
Die Informationen waren vor mehr als einem Jahr dem Internationalen
Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) in Washington zugeleitet
worden. Anschließend nahmen sich Medien aus verschiedenen Ländern die Daten
vor. Zu den Zeitungen gehören die Süddeutsche Zeitung (SZ), die Washington
Post, die französische Le Monde und der britische Guardian.
An Namen aus Deutschland ist bislang nur der 2011 verstorbene
Industriellenerbe Gunter Sachs bekannt, dessen Nachlassverwalter die
Anschuldigung gegenüber der SZ zurückwiesen. Dennoch wird anhand des
Beispiels Gunter Sachs deutlich, wie eine Steuerhinterziehung in großem
Umfang funktioniert.
In diesem Fall gehört dazu unter anderem eine von einem Sachs-Vertrauten
auf den Cookinseln eingerichtete Firma namens Triton Ltd., die aber
offiziell im Besitz einer auf den Britischen Jungferninseln beheimateten
Firmengruppe namens Trustcorp ist. Deren Spezialität ist die Gründung von
Trustverwaltern für reiche Kunden, so wie Triton.
## Vermögensverwaltung unter fremdem Namen
Trusts sind für große Vermögen ein wichtiges Vehikel zur
Steuerhinterziehung. Dabei wird das Vermögen formal einem Treuhänder
übertragen, der den Trust unter der Bedingung einrichtet, dass er die
Kapitalerträge an einen Begünstigten weiterleitet. Im Allgemeinen ist das
dann wiederum der Vermögende selbst oder seine Familie.
De facto handelt es sich also um nichts anderes als um eine
Vermögensverwaltung unter fremdem Namen, wodurch die wahren
Eigentumsverhältnisse verschleiert werden. Die Pflicht zur Aufdeckung der
Namen der Begünstigten gehört daher auch zu den dringlichsten Forderungen,
wenn es um Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung geht.
Im Deutschen wird der Begriff Trust etwas missverständlich mit Stiftung
übersetzt – dabei ist ihr Zweck das schiere Gegenteil von Gemeinnutz.
Vielmehr dienen Trusts dazu, dem Gemeinwesen Steuern vorzuenthalten, indem
Privatvermögen in darauf spezialisierten Steueroasen angelegt wird, die
sowohl Steuerfreiheit als auch Anonymität garantieren. Neben den in der
Südsee gelegenen Cook-Inseln gehört dazu auch Liechtenstein, wo der
inzwischen wegen Steuerhinterziehung verurteilte frühere Postchef Klaus
Zumwinkel seine Stiftung unterhielt.
In einer Studie im Auftrag der internationalen Nichtregierungsorganisation
Tax Justice Network schätzt der frühere McKinsey-Unternehmensberater James
Henry das allein von Privatpersonen weltweit in Steueroasen versteckte
Vermögen auf umgerechnet 16 bis 25 Billionen Euro. Dadurch dürften den
Heimatstaaten der Steuerhinterzieher mindestens 150 Milliarden Euro pro
Jahr an Steuereinnahmen entgehen.
## Steueroase Schweiz war nicht genug
Hinzu kommen aber auch noch Unternehmen, die mithilfe von Trusts Steuern
vermeiden, so wie die 2007 beinahe pleitegegangene britische Hypothekenbank
Northern Rock, die ihre Immobilienspekulation über einen Trust auf Jersey
abwickelte.
Der Fall Gunter Sachs zeigt aber auch, dass Trusts bei weitem nicht das
einzige steuerliche schwarze Loch sind. Darüber hinaus hat er offenbar auch
eine ganze Reihe von Offshore-Firmen gegründet, deren Standorte einen
Überblick über einige der wichtigsten Steueroasen der Welt geben: Panama,
Jersey, die Britischen Jungferninseln und Luxemburg. Der Witz dabei: Sachs
residierte selbst in einer Steueroase, der Schweiz nämlich. Dass hier
Superreiche mit Samthandschuhen angefasst werden, genügte ihm anscheinend
nicht. Warum geringe Steuern zahlen, wenn man auch mit gar keinen
davonkommt?
4 Apr 2013
## AUTOREN
Nicola Liebert
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