# taz.de -- Kommentar Kapitalflucht: Das Märchen vom scheuen Kapital | |
> Dass es im Kampf gegen Kapitalflucht Fortschritte gibt, ist den | |
> zahlreichen Datenlecks zu verdanken. Die traditionelle Politik der | |
> Steuerentlastungen ist aus der Mode gekommen. | |
Bild: Früher die größte Angst: Das schreckhafte Kapital flüchtet. | |
Das Kapital ist halt ein scheues Reh. Mit treuherzigem Augenaufschlag | |
vorgetragen, diente dieser Spruch jahrzehntelang als Rechtfertigung für | |
immer neue Steuererleichterungen für Unternehmen und Vermögende. | |
Jahrzehntelang tat die Politik nicht nur hierzulande so, als gäbe es | |
keinerlei Mittel, ein an sich doch so wehrloses Tier wie das Reh | |
einzufangen. | |
Lieber gestaltete man das steuerliche Umfeld so, dass sich das liebe | |
Tierchen daheim nicht gar so unwohl fühlt. Da wurden wiederholt die | |
Körperschaftsteuern gesenkt, die Spitzensätze der Einkommensteuer und | |
zuletzt die Kapitalertragsteuer. Wer mit angelegtem Geld sein Geld | |
verdient, ist seither daher besser gestellt als jemand, der das mit | |
schnöder Arbeit tut. | |
Die Vermögensteuer wurde übrigens gleich ganz abgeschafft, was damals | |
durchaus im internationalen Trend lag. Doch spätestens seit der Enthüllung | |
von Millionen von Dokumenten über die Tricks, mit denen Vermögende aus | |
aller Welt ihr Geld vor dem Fiskus in Sicherheit bringen, zieht das | |
Argument nicht mehr. Das schreckhafte Kapital findet in den Steueroasen | |
kaum noch Schutz. | |
Die Politiker selbst haben sich dabei allerdings nicht mit Ruhm bekleckert, | |
wie zuletzt das inzwischen gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz | |
zeigte, das Steuerhinterziehern Anonymität garantieren sollte. Dass es im | |
Kampf gegen Kapitalflucht, Steuerhinterziehung und die Steueroasen dennoch | |
Fortschritte gibt, ist im Wesentlichen nur den inzwischen immer | |
zahlreicheren Datenlecks zu verdanken. | |
## Unverständlich für das Wahlvolk | |
Die traditionelle Politik der Steuerentlastungen und der Großzügigkeit | |
gegenüber Steuervermeidern ist im Zuge der Finanz- und Eurokrise jedoch | |
ohnehin ein wenig aus der Mode gekommen. Dem Wahlvolk ist es schwer zu | |
vermitteln, dass für Kitas oder die Energiewende kein Geld da ist, während | |
zugleich die öffentliche Hand auf mögliche Steuereinnahmen großzügig | |
verzichtet. | |
Nicht einmal die FDP glaubt mehr daran, dass sich mit Steuersenkungen als | |
einzigem politischen Programmpunkt noch Wahlen gewinnen lassen. Jetzt gibt | |
es eigentlich keinen Grund mehr, warum die Regierung sich nicht an die | |
Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Abschaffung der großzügigen | |
Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, eine Reform der | |
Unternehmensbesteuerung und die Anhebung des Spitzensatzes bei der | |
Einkommensteuer macht. | |
5 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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