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# taz.de -- Steuerbetrug in Frankreich: François Hollande im freien Fall
> Die Cahuzac-Affäre beschädigt nicht nur den Staatschef, sondern das
> gesamte politische System. Die Opposition will eine Regierungsumbildung.
> Mindestens.
Bild: Läuft nicht so gut: Staatschef Francois Hollande.
PARIS taz | Rien ne va plus? Staatspräsident François Hollande war froh,
dass er sich kurz zu einem Besuch in Marokko verabschieden konnte. Zu Hause
ist dicke Luft. Die Cahuzac-Steuerbetrugsaffäre hat Folgen und könnte gar
eine Kettenreaktion mit neuen Enthüllungen auslösen, bei denen sich kein
politisches Lager über jeden Verdacht erhaben weiß.
Hollande denkt an einen Befreiungsschlag durch eine Regierungsumbildung.
Das war auch ohne das kompromittierende Geständnis des Ex-Ministers Jérôme
Cahuzac aktuell geworden, weil man sich unter Kabinettskollegen mangels
Erfolgen hinter den Kulissen gegenseitig attackiert. So hatte
Industrieminister Arnaud Montebourg vor Tagen Regierungschef Jean-Marc
Ayrault wegen des umstrittenen Flughafenbaus in Notre-Dame-des-Landes bei
Nantes vorgeworfen, dieser leite die Regierung wie eine Provinzbehörde.
Ayrault hat das weggesteckt. Er will sich nicht unnötig als designierter
Blitzableiter der Krise exponieren. Nun aber meinte Innenminister Manuel
Valls, der Premier hätte den respektlosen Montebourg feuern müssen. Die
Autorität des Staatschefs leidet unter diesen Streitigkeiten, und die
konsternierten Untertanen fragen sich, wohin der arg schlingernde
Staatskahn mit dieser uneinigen Mannschaft steuert.
86 Prozent sind laut Umfrage der Ansicht, der „Cahuzac-Skandal“ sei
„gravierend“, 53 Prozent meinen sogar „sehr gravierend“. In einem Punkt
stimmen sie also mit Staatschef François Hollande überein, der das Vergehen
seines Ministers und Parteifreunds als „unverzeihlich“ bezeichnet hat. So
schnell aber nehmen es ihm seine Landsleute nicht ab, dass er selber ein
Opfer von Cahuzacs Lügen und Verrat ist.
## Von allen Seiten im Kreuzfeuer
Hollande steht im Kreuzfeuer von rechts und links. Er ist als
Staatsoberhaupt letztlich verantwortlich für alles. Darum steckt der
Präsident vor der öffentlichen Meinung in der Zwickmühle: Entweder er war
naiv, als er Cahuzac in die Regierung holte, oder er machte sich sogar
mitschuldig, falls er gewusst haben sollte, dass sein Haushaltsminister ihn
und die Nation hinters Licht führte.
Damit bietet er seinen gnadenlosen Gegnern eine Angriffsfläche. Die
bürgerliche UMP, die schon mit Jacques Chirac wegen illegaler
Parteifinanzierung und jetzt mit Nicolas Sarkozy im Zusammenhang mit der
Bettencourt-Affäre unter Beschuss geraten ist, hat nicht den geringsten
Anlass zu vornehmer Zurückhaltung. Hollande war schon wegen der
Enttäuschung seiner ungeduldigen Wähler in den Umfragen tief gefallen.
Jetzt wird selbst seine eigene Integrität infrage gestellt.
Kein Zufall ist es, das ausgerechnet jetzt die Zeitung Le Monde meldet,
Hollandes Wahlkampagnenmanager, der Online-Buchhändler und
Zeitschriftenherausgeber Jean-Jacques Augier, habe via einer Holding in
China Anteile an Offshore Gesellschaften auf den Kaimaninseln. Das wäre an
sich ja nichts Illegales. Doch allein schon die Erwähnung dieser Steueroase
klingt in diesem Zusammenhang anrüchig und könnte auch den Präsidenten ins
Zwielicht bringen. Jetzt lassen die Medien (denen das Onlineportal
Mediapart im Fall Cahuzac vorgemacht hat, wie es läuft) bei Finanzdelikten
den Politikern nichts mehr durchgehen. Die Jagd auf andere „Cahuzacs“ ist
eröffnet.
Die französische Staatsführung und mit ihr das gesamte politische System
ist durch diese Steuerbetrugsaffäre ins Wanken geraten. Aus den Kommentaren
ist zu schließen, dass Cahuzac mit seinen Lügen und seiner Doppelmoral der
bereits von anderen Affären untergrabenen Glaubwürdigkeit der „Classe
politique“ den Rest gegeben hat.
Hollande wird versuchen, mit Cahuzac ein Exempel zu statuieren. Ob das
reicht, ist nicht sicher. Die Opposition verlangt, dass symbolisch Köpfe
rollen. Eine Regierungsumbildung wäre da wohl das Minimum. Aber auch
Neuwahlen oder gar Hollandes Rücktritt stehen oben auf der Wunschliste der
Opposition.
4 Apr 2013
## AUTOREN
Rudolf Balmer
Rudolf Balmer
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