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# taz.de -- Kosovo und Serbien einigen sich: Ungeliebtes Abkommen
> Das Abkommen zwischen Kosovo und Serbien stößt auf Widerstand bei den
> Oppositionsparteien beider Länder. Die Parlamente müssen dem Text noch
> zustimmen.
Bild: „Kosovo ist Serbien“ – dieses Graffiti in Belgrad sieht die Sache e…
SARAJEVO taz | Die ersten Reaktionen auf das am vergangenen Freitag von der
EU vermittelte Abkommen zwischen Serbien und Kosovo schwanken zwischen
radikaler Ablehnung und der Feststellung eines „historischen Durchbruchs“.
Vor allem in Brüssel sieht man das Abkommen über den Status der rund 40.000
Serben im Nordkosovo als großen Erfolg an.
Sollten die beiden Parlamente in Prishtina und in Belgrad dem Abkommen
zustimmen, könnten nach vorherrschender Meinung bei der EU bald
Verhandlungen mit Serbien über die Aufnahme des Landes beginnen. Und Kosovo
könnte bald mit einem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU
rechnen, das Gesprächen über einen EU-Beitritt vorausgehen muss. Beiden
Staaten würde damit der Weg nach Europa geöffnet.
Doch noch ist es nicht so weit. Am Sonntagabend dürfte es nach Angaben
oppositioneller Abgeordneter eine hitzige Debatte im Parlament in Prishtina
geben. Selbst im kosovarischen Regierungslager melden sich kritische
Stimmen; man befürchtet, den serbischen Positionen zu weit entgegengekommen
zu sein.
Auch in Serbien formiert sich der Widerstand nationalistischer und
rechtsgerichteter Kreise. Vor allem die Betroffenen selbst, die serbische
Bevölkerung des Nordkosovo, will das Abkommen boykottieren und mit einem
Referendum ablehnen. Sie will die Autorität der kosovarischen Regierung in
Prishtina nicht anerkennen. Für sie bedeutet das Abkommen, dass Belgrad
bereit ist, die „Wiege der Nation“ an die Albaner abzutreten.
## Serbien hat viel erreicht
Doch Serbien hat nach Meinung zahlreicher Beobachter mehr erreicht, als
vorauszusehen war. Denn nach den Verhandlungsergebnissen in Brüssel werden
die serbischen Gemeinden im Nordkosovo wesentlich gestärkt. Sie können eine
„Gemeinschaft“ bilden, was die Kosovo-Albaner bisher strikt abgelehnt
hatten.
Diese Gemeinschaft soll über ein eigenes Budget verfügen, ein Parlament
besitzen, sich eine Vertretung wählen und volle Kontrolle über die
Bildungs- und Kulturpolitik ausüben können. Die Serben im Norden des Landes
werden demnach auf lokaler und regionaler Ebene die Polizeichefs stellen
und die Richter in einem zweistufigen Justizsystem bestellen können.
Die kosovarische Opposition befürchtet, dass nun ein Staat im Staate nach
dem bosnischen Modell der Republika Srpska geschaffen worden sei. Sie
verweist darauf, dass mit der Unabhängigkeit 2008 der als multinational
definierte kosovarische Staat im Rahmen des Ahtisaari-Plans den serbischen
Gemeinden ohnehin weitgehende Rechte zur Selbstverwaltung eingeräumt habe.
Die Mehrheit der im Süden lebenden 80.000 Serben habe dieses Modell
akzeptiert. Nur der Norden mit seinen 40.000 Einwohnern habe dies
abgelehnt, werde jetzt aber belohnt.
Die kosovarische Opposition moniert zudem, dass es den kosovarischen
Sicherheitskräften verboten sein wird, in den nördlichen serbischen
Gebieten aufzutreten. Die Nato hat sich dazu verpflichtet, diesen Teil des
Abkommens für eine Übergangszeit zu garantieren.
## Morddrohungen gegen Vucic
Unterdessen erhielt Serbiens Vizeregierungschef Aleksandar Vucic
Morddrohungen. Vucic wird nun als „Verräter Serbiens“ gebrandmarkt.
Aktivisten der Radikalen Partei verteilten nach Angaben serbischer Medien
Flugblätter mit der Handynummer von Vucic.
Am Montag treten die serbischen Parteiführungen zusammen, um über das
Abkommen zu beraten, am Dienstag soll im Parlament abgestimmt werden.
Obwohl der von Rechtsaußen stammende Präsident Serbiens, Tomislav Nikolic,
am Samstag erklärte, das Abkommen werde den Schutz der Serben in Kosovo
garantieren, sein Land würde das Kosovo aber niemals als unabhängigen Staat
anerkennen, wird eine heftige Debatte erwartet.
Der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaci und der Regierungschef
Serbiens, Ivica Dacic, äußerten sich zufrieden mit der Vereinbarung. „Das
ist ein erstes und historisches Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo.
Damit hat Serbien die volle Souveränität und territoriale Integrität des
Kosovo anerkannt“, sagte Thaci. Dacic erklärte: „Das ist der beste
Vorschlag, den wir in diesem Dialog bekommen haben. Meine Unterschrift
bedeutet jedoch nicht, dass wir dieses Dokument angenommen haben.“
21 Apr 2013
## AUTOREN
Erich Rathfelder
Erich Rathfelder
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