| # taz.de -- FDP-Politiker über Unglück in Bangladesh: „Der öffentliche Dru… | |
| > Der Menschenrechtsbeauftragte Markus Löning sieht bei den deutschen | |
| > Textilfirmen Versäumnisse. Die Nachfrage nach Billigkleidung durch die | |
| > Verbraucher trage dazu bei. | |
| Bild: Wut und Trauer: Markus Löning will in Bangladesh versuchen „Unternehme… | |
| taz: Herr Löning, deutsche Unternehmen rühmen sich gern eines sozialen und | |
| fairen Umgangs mit ihren Beschäftigten. Halten sie diese Zusagen auch ein, | |
| wenn es um die ArbeitnehmerInnen geht, die bei ihren ausländischen Töchtern | |
| und Zulieferfirmen arbeiten? | |
| Markus Löning: Das Bild ist gemischt. Bei den direkten Tochterfirmen sind | |
| die Arbeitsbedingungen in der Regel in Ordnung. Schwierig wird es bei den | |
| Zulieferern in Asien, Afrika oder Lateinamerika. Ein Teil der deutschen | |
| Unternehmen legt Wert darauf, dass ihre Zulieferer beispielsweise die | |
| Sicherheits- und Arbeitsschutzvorschriften einhalten. Manche Firma kümmert | |
| sich aber überhaupt nicht um die Sozialstandards in ihrer Produktionskette. | |
| Können Sie Beispiele für Versäumnisse deutscher Firmen nennen? | |
| Ein einschlägiger Fall im vergangenen September war [1][der Brand einer | |
| Textilfabrik in Pakistan], die auch für die deutsche Textilkette KiK | |
| produzierte. Die pakistanische Firma verfügte über ein Zertifikat, das | |
| ausreichende Schutzmaßnahmen bescheinigte. Trotzdem gab es dort offenbar | |
| keine Notausgänge. Fast 300 Menschen starben. Die deutsche Botschaft | |
| versucht nun herauszufinden, ob der deutsche Auftraggeber von dem | |
| pakistanischen Subunternehmer getäuscht wurde oder selbst auch | |
| Mitverantwortung trägt. | |
| Vor Kurzem ist ein [2][Fabrikgebäude in Bangladesch eingestürzt], in dem | |
| auch für Deutschland produziert wurde. Was unternehmen Sie in solchen | |
| Fällen? | |
| Erst in der vergangenen Woche hat mich ein Textilgewerkschafter aus | |
| Bangladesch zusammen mit einem Vertreter der Gewerkschaft Ver.di besucht. | |
| Wir haben beraten, was künftig zu tun ist. Mithilfe der deutschen | |
| Entwicklungsorganisation GIZ könnten wir in Bangladesch versuchen, | |
| Unternehmer, Arbeitnehmervertreter und Behörden an einen Tisch zu bringen. | |
| Man sollte beispielsweise Telefonnummern einrichten, unter denen | |
| Beschäftigte Sicherheitsdefizite melden können, ohne befürchten zu müssen, | |
| ihren Arbeitsplatz zu verlieren. | |
| Ist es nicht bewusstes Kalkül mancher deutscher Firmen, durch extrem | |
| geringe Arbeitslöhne und niedrige Sicherheitsstandards bei den Zulieferern | |
| hohe Gewinne zu erwirtschaften? | |
| Viele Unternehmen aus den Industriestaaten geben den Lieferanten in der Tat | |
| sehr niedrige Preise vor. Eine Ursache liegt im harten Preiswettbewerb für | |
| Bekleidung bei uns. Und indem deutsche Verbraucher oft möglichst billige | |
| Kleidung kaufen, setzen auch sie die Unternehmen unter Druck. | |
| Gibt es im internationalen Wirtschafts- und Sozialrecht eine Art | |
| Mindestlohn, den die global tätigen Unternehmen gewährleisten müssen? | |
| Nein, existenzsichernde Löhne lassen sich international nur schwer | |
| durchsetzen. Viele Übereinkünfte haben nur den Charakter von Empfehlungen, | |
| etwa die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Verbindlich | |
| sind zwar die Standards der Internationalen Arbeitsorganisation, zum | |
| Beispiel zur Gewerkschaftsfreiheit; aber auch diese Regeln werden von | |
| Staaten wie China und den dort aktiven Firmen nicht beachtet. | |
| Um vorwärts zu kommen, fordern Gewerkschaften und Bürgerrechtler, in | |
| Deutschland ein Klagerecht für ausländische Arbeiter deutscher Firmen | |
| einzuführen. Was halten Sie davon? | |
| Das ist der falsche Weg. Wir müssen helfen, funktionierende Institutionen | |
| und Rechtssysteme in den Entwicklungs- und Schwellenländern aufzubauen. Ein | |
| extraterritoriales Klagerecht ist nur ein schlechter Ersatz, denn dadurch | |
| würde der Reformdruck in den Ländern abnehmen, in denen die Missstände | |
| herrschen. | |
| Wäre es nicht plausibel, wenn sich etwa der deutsche Textildiscounter KiK | |
| für Verstöße gegen Menschenrechte im Ausland vor deutschen Gerichten | |
| verantworten müsste? | |
| Es gibt ja hier schon Mechanismen, die wir erst einmal besser nutzen | |
| sollten. Denken Sie an die Kontaktstelle der Organisation für | |
| wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD), die im Wirtschaftsministerium sitzt. | |
| Kritiker können dort Beschwerden gegen Unternehmen einreichen, wenn sie | |
| meinen, dass diese im Ausland gegen die Menschenrechte verstoßen. Diese | |
| Möglichkeit ist viel zu wenig bekannt. Der öffentliche Druck auf die Firmen | |
| muss steigen. | |
| Bei der OECD-Kontaktstelle ging kürzlich eine Beschwerde gegen die Münchner | |
| Firma Trovicor ein. Die verkaufte angeblich Abhörtechnik nach Bahrain, mit | |
| deren Hilfe Oppositionelle verhaftet wurden. Nimmt das | |
| Wirtschaftsministerium Ihres FDP-Kollegen Philipp Rösler solche Probleme | |
| ernst? | |
| Die Bundesregierung nimmt diese Vorwürfe sehr ernst. Ich sehe aber auch | |
| Reformbedarf. Die OECD-Kontaktstelle müsste sich dafür einsetzen, dass ihre | |
| Tätigkeit öfter in Anspruch genommen wird. Man kann sich durchaus fragen, | |
| warum sie in den vergangenen Jahren nur 14 Beschwerden akzeptiert hat. | |
| 29 Apr 2013 | |
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| Hannes Koch | |
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