Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Jüdischer Weltkongress in Budapest: Orbáns verpasste Gelegenheit
> Wegen der aktuellen Entwicklungen tagte der Jüdische Weltkongress in
> Budapest. Eine Verurteilung antisemitscher Vorfälle durch Ungarns
> Ministerpräsident blieb aus.
Bild: Viktor Orbán spricht vor dem Jüdischen Weltkongress in Budapest.
WIEN taz | Viktor Orbán hatte eine goldene Gelegenheit, den Vorwurf, seine
Regierung toleriere den Antisemitismus, zu entkräften. Und er hat sie
vergeigt. In seiner Eröffnungsrede vor der 14. Vollversammlung des
Jüdischen Weltkongresses (WJC) blieb er allgemein und verteilte viel
Selbstlob. Ronald Lauder, Präsident des WJC, zeigte sich enttäuscht.
Der WJC, dessen Vollversammlung sonst alle vier Jahre in Israel tagt, hat
diesmal Budapest als Konferenzsitz gewählt. Aus Sorge um die rund 100.000
Personen starke jüdische Gemeinde – die drittgrößte in Europa.
Gerade in letzter Zeit hatten sich Aggressionen gegen jüdische Ungarn
gehäuft. An der Eötvös-Lorant-Universität klebten Studenten „Juden
raus!“-Parolen an die Türschilder der Philosophin Ágnes Heller und anderer
Professoren. Journalisten, Wissenschaftler und Musiker, die sich durch
Antisemitismus profilieren, wurden mit offiziellen Ehrungen überhäuft.
Zuletzt verprügelten erhitzte Fans des Fußballvereins Ferencváros Ferenc
Orosz den Chef der Raoul-Wallenberg-Gesellschaft, weil er im Stadion deren
„Sieg Heil!“-Chöre stoppen wollte.
Orbán ging mit keinem Wort auf die Vorfälle oder auf die Aufwertung von
Blut-und-Boden-Schriftstellern durch seine Regierung ein. Vielmehr äußerte
er seine Sorge über das Ansteigen des Antisemitismus „in ganz Europa“.
## Wirtschaftskrise soll schuld sein
Er erklärte das Phänomen mit der allgemeinen Frustration über die
Wirtschaftskrise, um dann klarzustellen: „Antisemitismus ist inakzeptabel
und intolerabel.“
Als Gegenmittel pries er die christlich-nationalistische Grundhaltung, mit
der seine Regierung alle Institutionen durchdringen will: „Juden und
Nichtjuden profitieren am meisten, wenn wir uns bemühen, gute Patrioten und
Kinder Gottes zu sein.“
Der WJC bedauerte in einem Kommuniqué, dass der Premier den Kern des
Problems umschifft habe: „die Bedrohung durch Antisemiten im Allgemeinen
und durch die rechtsextreme Jobbik im Besonderen“.
Es sei schade, dass Orbán auf jüngste Vorfälle nicht eingegangen sei und
„keine klare Linie zwischen seiner Regierung und dem rechtsextremen Rand“
gezogen habe.
## Blick zum rechten Wählerrand
Kritiker werfen Orbán vor, in Stellungnahmen, die sich ans Ausland richten,
meist klarere Worte zu finden, als für den internen Raum, um potenzielle
Wähler am rechten Rand nicht zu verprellen.
Dazu passt auch, dass er Freitag in einem Interview mit der israelischen
Tageszeitung Jediot Ahronoth jede Zusammenarbeit mit der rechtsextremen
Jobbik ausgeschlossen und sie als „Gefahr für Ungarns Demokratie“
bezeichnet hatte.
Jobbik, die im Parlament mit 17 Prozent die drittgrößte Fraktion stellt,
durfte am Vorabend der WJC-Konferenz im Zentrum von Budapest eine
Veranstaltung zum „Gedenken für die Opfer von Bolschewismus und Zionismus“
abhalten.
Ein von Premier Orbán betriebenes Verbot des Nazi-Aufmarschs wurde vom
Gericht aufgehoben: auf Grundlage eines von Fidesz formulierten Gesetzes.
6 May 2013
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Viktor Orbán
Jobbik
Ungarn
Antisemitismus
Budapest
Ungarn
Viktor Orbán
NPD-Verbot
Jobbik
Jobbik
Ungarn
Ungarn
Ungarn
## ARTIKEL ZUM THEMA
Geplantes Holocaust-Mahnmal in Ungarn: Ein skandalöses Kitsch-Monument
Der Regierung Orbán wird Geschichtsklitterung vorgeworfen. Ein
Holocaust-Mahnmal in Budapest sorgt für Streit, denn Juden werden nicht
erwähnt.
Ungarns Jobbik-Partei in Rumänien: Importiertes Naziproblem
Ungarische Rechtsradikale sind auch im Nachbarland aktiv. Gegen die
Provokationen regt sich Widerstand – und Protest von Regierungsseite.
Verhältnis von Ungarn und Deutschland: Sorgen nach Orbans Nazi-Vergleich
Nach seinem Nazi-Vergleich steht Premier Viktor Orban nun auch in Ungan in
der Kritik. Spitzenvertreter deutscher Parteien waren zuvor empört.
Jüdischer Weltkongress in Budapest: Gegen NPD, Jobbik und „Morgenröte“
Auf seiner Jahrestagung in Ungarn warnt der JWC vor Neonazis in
Deutschland, Ungarn und Griechenland. Kritik am ungarischen
Ministerpräsidenten Orban nimmt er zurück.
Antisemistismus in Ungarn: Aufmarsch unterm Hakenkreuz
Einen Tag vor der Vollversammlung des World Jewish Council in Budapest hält
die faschistische Jobbik- Partei eine Kundgebung ab.
Kommentar Jüdischer Weltkongress: Zeichen gegen Ungarns Antisemiten
Viktor Orbáns Zuspruch zum jüdischen Weltkongress überzeugt nicht.
Schließlich überschlagen sich seine Parteigänger in offenem Antisemitismus.
Warnung vor Rückfall in Faschismus: Hilferuf aus Ungarn
Der Schriftsteller György Konrád warnt vor autokratischen Tendenzen im
Osten. Insbesondere die Entwicklung in Ungarn bereitet ihm Sorgen.
EU erhöht Druck auf Ungarn: „Dies ist eine harte Waffe“
Ungarn plant eine Sonderabgabe der Bürger zur Begleichung von EU-Strafen.
Nicht nur deshalb droht die EU-Kommission dem Land mit harten Sanktionen.
Ágnes Heller wird bedroht: „Juden raus“ in Budapest
Die Philosophin und Holocaust-Überlebende Ágnes Heller wird in Ungarns
Hauptstadt von faschistischen Studenten bedroht und diffamiert. Ein Besuch.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.