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# taz.de -- Antisemistismus in Ungarn: Aufmarsch unterm Hakenkreuz
> Einen Tag vor der Vollversammlung des World Jewish Council in Budapest
> hält die faschistische Jobbik- Partei eine Kundgebung ab.
Bild: Kundgebung der faschistischen Jobbik-Partei am Samstag in Budapest.
WIEN taz | „Wir sind Attilas Enkel und fürchten uns vor niemandem.“ Gábor
Vona, der Chef von Ungarns faschistischer Jobbik-Partei, baute am Samstag
einmal mehr ein gewaltiges Feindbild auf. Attila, der Hunnenkönig aus dem
5. Jahrhundert, gilt Ungarns Rechten als Stammvater. Einen Tag vor Beginn
der Vollversammlung des World Jewish Council (WJC) in Budapest gelobte Vona
vor rund 800 Anhängern, dass er und seine Gesinnungsgenossen niemandes
„Stiefel lecken werden“. Der bedrohliche Feind wurde zwar nicht beim Namen
genannt, doch die Kundgebung im „Gedenken an die Opfer von Bolschewismus
und Zionismus“ ließ keine Zweifel aufkommen.
Normalerweise hält der Jüdische Weltkongress seine Vollversammlungen in
Jerusalem ab. Mit dem Treffen in Budapest soll ein Zeichen gesetzt werden,
wie WJC-Präsident Ronald Lauder klarmachte: „Ungarn befindet sich auf einem
gefährlichen Irrweg.“
Für die Zunahme antisemitischer Äußerungen und Aktionen wird die
rechtsnationalistische Regierung von Premier Viktor Orbán verantwortlich
gemacht. Zwar distanzieren sich der Regierungschef und seine Sprecher von
antisemitischen Exzessen gesellschaftlicher Kräfte, doch vermisst Lauder
Aktionen. Vor einer Woche wollten rechtsextreme Biker vor der Großen
Synagoge in Budapest ein Treffen unter dem Motto „Gib Gas!“ veranstalten.
Orbán ließ es verbieten.
Auch die Jobbik-Demonstration am Samstag wollte er untersagen lassen. Doch
das Budapester Verwaltungs- und Arbeitsgericht hob das Verbot auf. Es
musste so handeln, denn das Gesetz gegen die Herabwürdigung von Opfern von
Terrorherrschaften sieht ein Verbot von Veranstaltungen nur vor, „wenn ein
unmittelbarer Aufruhr zu befürchten ist“.
## Signale der Regierung an die Rechtsextremen
Für die mit Zweidrittelmehrheit im Parlament ausgestattete Fidesz-Regierung
wäre es ein Leichtes, das Gesetz mit Zähnen auszustatten. Aber während sich
die Regierung von physischen Attacken gegen Juden stets distanziert, sendet
sie Signale an die Rechtsextremen. So wurde kürzlich Petrás János, der
Leadsänger der Jobbik-nahen Rockband Kárpátia mit einem Orden
ausgezeichnet. Jobbik-Führer Gábor Vona richtete am Samstag eine Warnung an
Israels Präsidenten Schimon Peres, der kürzlich bei einem Besuch in
Budapest jüdische Investoren aufgefordert hatte, „Ungarn aufzukaufen“.
Von Ungarns Juden forderte Vona eine Entschuldigung für den Mord an Ungarn
während der kurzen Räterepublik 1919 und am Beginn der kommunistischen Ära
der 1950er Jahre. Der Abgeordnete Márton Gyöngyösi, der vor einigen Wochen
die Registrierung aller jüdischen Politiker gefordert hatte, warf der
Regierung vor, „offen dem Zionismus zu dienen“.
Während der Demonstration hielt ein Mann ein aus Fotos von
Jobbik-Politikern zusammengesetztes Hakenkreuz in die Höhe, wurde aber dann
von Polizisten gestoppt, obwohl das Hakenkreuz und andere Symbole
totalitärer Regime wieder erlaubt sind. Gegen Ordner, die in den Uniformen
der verbotenen paramilitärischen „Ungarischen Garde“ Spalier standen,
schritten die Polizisten nicht ein. Eine kleine Gegendemonstration auf dem
nahe gelegenen Freiheitsplatz, auf der sich auch führende Mitglieder der
sozialistischen MSZP blicken ließen, wurde von der Polizei auf Distanz
gehalten.
Die Vollversammlung des WJC ist prominent besucht. Silvan Schalom, Israels
Minister für Energie und Wasserwirtschaft, sprach Sonntagabend nach Viktor
Orbán beim Galadinner. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle nimmt
am Montag an einer Debatte über den Nahen Osten teil. Am Dienstag wird über
rechtsradikale Ideologien diskutiert.
5 May 2013
## AUTOREN
Ralf Leonhard
Ralf Leonahrd
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