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# taz.de -- EU erhöht Druck auf Ungarn: „Dies ist eine harte Waffe“
> Ungarn plant eine Sonderabgabe der Bürger zur Begleichung von EU-Strafen.
> Nicht nur deshalb droht die EU-Kommission dem Land mit harten Sanktionen.
Bild: Viktor Orban: ein lupenreiner Demokrat.
STRASSBURG afp | Im Streit um eine neue Änderung der ungarischen Verfassung
erhöht die EU-Kommission den Druck auf die Regierung in Budapest. Die
Brüsseler Behörde prüfe derzeit auf Grundlage neuer Dokumente die Lage in
dem Land „gründlich, objektiv und fair“, sagte Justizkommissarin Viviane
Reding am Mittwoch vor dem Europaparlament. Sollte es erforderlich sein,
werde sehr rasch ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn
eingeleitet.
Sorge bereite der Kommission unter anderem der Plan des konservativen
Regierungschefs Viktor Orban, eine Sonderabgabe für Geldstrafen
einzurichten, die Ungarn aufgrund von Urteilen des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte zahlen muss. Dadurch werde der ungarische
Steuerzahler doppelt bestraft – durch Menschenrechtsverletzungen seines
Staates, für die er dann auch noch zahlen müsse.
Geprüft wird laut Reding auch ein Verfassungsartikel, der die oberste
Justizbehörde ermächtigt, einem Gericht ein Verfahren zu entziehen und den
Fall an ein anderes Gericht zu verweisen. Damit werde das Recht der Bürger
auf ein faires Justizverfahren eingeschränkt. Anlass zu Bedenken gebe auch
die Beschränkung von Wahlwerbung auf öffentliche Sender.
Der Vorsitzende der liberalen Fraktion und ehemalige belgische
Regierungschef Guy Verhofstadt forderte die EU auf, gegen Ungarn Artikel 7
des EU-Reformvertrags anzuwenden. Er gibt der EU die Möglichkeit, einem
Mitgliedsland, das „dauerhaft gegen die EU-Grundrechte verstößt“, die
Stimmrechte im Ministerrat zu entziehen. Reding schloss diese Maßnahme
nicht aus, betonte aber, ein solches Vorgehen müsse gründlich bedacht
werden.
## Antisemitismus nimmt zu
Der Chef der sozialistischen Fraktion, Hannes Swoboda, verwies auf
wachsenden Antisemitismus in Ungarn. Der Österreicher forderte die Fraktion
der konservativen Volkspartei (EVP) auf, ihre Haltung zur ungarischen
Regierung zu klären. Am Vorabend hatte Orban in Straßburg an einer
Fraktionssitzung der EVP teilgenommen.
Nach Angaben des CSU-Abgeordneten Manfred Weber wurden Orban, dessen Partei
Fidesz der EVP angehört, kritische Fragen etwa zu Medienfreiheit und
Unabhängigkeit der Justiz gestellt. Orban habe Änderungen für den Fall
versprochen, dass die Kommission konkrete Verstöße gegen das EU-Recht
feststellt, sagte Weber in einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk
(WDR). Falls er sich daran nicht halte, müsse Ungarn mit einem neuen
Vertragsverletzungsverfahren oder gar dem Entzug des Stimmrechts im
Ministerrat auf Grundlage von Artikel 7 im EU-Vertrag rechnen. „Dies ist
eine harte Waffe.“
Mit der neuen ungarischen Verfassung beschäftigt sich auch die
Venedig-Kommission des Europarats, der renommierte Verfassungsrechtler
angehören. Sie will ihren Bericht im Juni vorlegen.
17 Apr 2013
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