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# taz.de -- Debatte Die Piraten: Technik ist auch keine Lösung
> Die Piraten sind als Projekt wichtiger denn je – ohne sie wird die
> Zukunft von denen gestaltet werden, die Angst vor ihr haben.
Bild: Grün gegen blau: Abstimmung auf dem Parteitag der Piraten.
Medial wird von den Piraten seit einiger Zeit das Bild einer kindisch
streitenden Partei gezeichnet. Sie selbst liefern dazu pflichtschuldig
immer wieder Material. Verloren geht dabei, dass das Projekt gerade so
wichtig ist, wie nie zuvor.
Sollen staatliche Behörden darüber Bescheid wissen dürfen, wann jemand mit
seiner besten Freundin gemailt hat? Wie verdienen Künstler Geld in Zeiten,
in denen ihr Schaffen zu haben ist, ohne zu bezahlen?
Wie soll mit Konzernen wie Google und Facebook umgegangen werden, deren
Dienste von Millionen Menschen geschätzt werden, die dadurch aber die
Machtfülle von Monopolen erlangt haben?
Das Netz umfasst – mindestens – die Welt, von Kultur über Fragen der
Sicherheit bis hin zum Einfluss von Wirtschaftsunternehmen, und es fügt
dieser Welt neue Dinge hinzu, es wirkt auf sie zurück: So entsteht gerade
eine andere Vorstellung von Zeit, weil so viele Dinge gleichzeitig getan
werden können. Über seine Persönlichkeiten im Netz erweitert sich der
Mensch. Die Option, sich irgendwo auf der Welt eine Waffe auszudrucken, ist
nicht mehr reine Theorie.
## Bedürfnis nach Freiheit
Wenn diese Welt nicht nur von jenen gestaltet werden soll, die Angst vor
ihr haben, sondern von Menschen, die dem Bedürfnis nach Freiheit den
gleichen Status einräumen wie dem Verlangen nach Sicherheit, dann muss das
politisch vertreten werden.
Der Einzelne – auch der beste Hacker – muss den Wettlauf mit Staaten und
ganzen Wirtschaftszweigen verlieren. Das Individuum resigniert, wenn es
darum geht, wie Behörden oder Konzerne mit Daten umgehen. Technische
Lösungen sind Provisorien, sie können eine starke politische
Interessenvertretung nur ergänzen, nicht ersetzen.
Seit die Diskussionen über die Speicherung von Verbindungsdaten und die
Onlinedurchsuchung bei Computern vor sechs, sieben Jahren begannen, gibt es
eine Bewegung von Bürgerrechtlern, die das Netz in den Fokus nehmen. Sie
war damals zu klein, sie ist es auch heute noch. Obwohl die Berliner
Internetkonferenz [1][Re:publica] in dieser Woche ein vielfältigeres
Spektrum versammelte als je zuvor, bleiben die wichtigen Aktivisten seit
Jahren die gleichen.
## Im Zweifel unterliegen die Interessen
Sie werden zwar ernst genommen, ein Teil von ihnen hat sich wichtige
Positionen erkämpft – als Lobbyisten im Bundestag, als Autoren bei der FAZ,
als Sachverständige beim Bundesverfassungsgericht. Aber im Zweifelsfall –
zuletzt bei der Diskussion über Bestandsdaten und Leistungsschutzrecht –
unterliegen die von ihnen vertretenen Interessen.
Inzwischen sind auch die konservativsten PolitikerInnen so weit mit dem
Netz vertraut, um erstens ihre eigenen Ideen dort zu vertreten und zweitens
zu erkennen, wie klein die netzpolitische Bewegung letztlich ist. Man lässt
sich nicht mehr so leicht beeindrucken, was es auch den libertären
Netzpolitikern schwer macht, die in den Parteien von Union bis Linke
sitzen. Womit sollen die Druck machen?
Das Kippen des intransparenten Handelsabkommens Acta gilt als
beispielhafter Erfolg netzpolitischen Widerstands, war aber die große
Ausnahme. Ein dauerhaftes Bündnis oder eine erweiterte Basis für die
Bürgerrechtler ist daraus bisher nicht geworden. Sie müssen weiterhin auf
Fehler der Gegenseite warten: So war es zuletzt ausgerechnet die dusslige
Telekom, die das sperrige Thema Netzneutralität griffig rüberbrachte.
## Aktionsformen nutzen sich ab
Wie andere soziale Bewegungen zuvor haben die Bürgerrechtler zudem das
Problem, dass sich ihre Aktionsformen abnutzen. Massenmails werden heute
leicht als Shitstorm abgetan. Und vor allem: Es fehlen die Bilder.
Früheren Bewegungen half der Aufstieg des Privatfernsehens, mit ihren
Aktionen und Symbolen, die öffentliche Meinung breitenwirksam zu
beeinflussen. Netzthemen sind da meist zu abstrakt.
Es braucht eine Partei wie die Piraten, die in den Parlamenten für
Veränderungen sorgt. Vielleicht erkennen sie das vor der Bundestagswahl
sogar noch selbst.
11 May 2013
## LINKS
[1] http://www.re-publica.de/
## AUTOREN
Daniel Schulz
## TAGS
Piraten
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