| # taz.de -- Konfrontation bei Berliner Piratenfraktion: Von Vettern und Verrät… | |
| > Ein Abgeordneter soll Informationen über das Privatleben von Christopher | |
| > Lauer gestreut haben. Der will den Denunzianten finden und ausschließen. | |
| Bild: Könnte auch eine Szene aus einem Detlev-Buck-Film sein: Baum, Lauer und … | |
| BERLIN taz | Die Berliner Piratenfraktion droht auseinanderzubrechen. „Ich | |
| frage mich gerade, für wen ich den Scheiß hier mache“, sagt der Berliner | |
| Piraten-Fraktionsvorsitzende Christopher Lauer am Freitagabend auf einer | |
| kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Er sehe „keine Arbeitsgrundlage“ | |
| mehr für die Zusammenarbeit. | |
| Lauer sagte, jemand aus seiner Fraktion habe Informationen aus seinem | |
| Privatleben gestreut, und zwar „mit dem klaren Ziel, meine Person im | |
| Vorfeld der anstehenden Neuwahl des Fraktionsvorstands am 11. Juni zu | |
| beschädigen und diskreditieren“. Lauer sagte, dass „diese Informationen nur | |
| einem sehr kleinen Personenkreis zur Verfügung stehen. Vier Personen, fünf | |
| Personen maximal.“ | |
| Lauer ging nun selbst mit den Informationen an die Öffentlichkeit: Seine | |
| Freundin sei die persönliche Mitarbeiterin der Abgeordneten Susanne Graf. | |
| Die Mutter seiner Freundin sei die Pressesprecherin der Fraktion. | |
| Er habe seine Freundin jedoch erst im Dezember 2012 auf einer | |
| Weihnachtsfeier der Fraktion kennengelernt – nachdem sie als Mitarbeiterin | |
| eingestellt wurde und nachdem ihre Mutter als Sprecherin eingestellt wurde. | |
| Durch den zeitlichen Ablauf ergebe sich, dass jeder Vorwurf der | |
| Vetternwirtschaft haltlos sei. | |
| ## Konsequenzen angedroht | |
| Lauer sagte, diese Informationen seien „lückenhaft“ an die Presse | |
| weitergegeben worden. In den vergangenen Tagen habe es deshalb Anfragen | |
| mehrerer Medien gegeben (darunter auch von der taz). Nun soll die Quelle | |
| gefunden werden. „Sollte diese Person zu ermitteln sein, werden wir als | |
| Fraktionsvorstand sie gegebenenfalls dazu auffordern, die Piratenfraktion | |
| zu verlassen“, sagte Lauer. Er erläuterte, dass gemäß der Satzung der | |
| Fraktion ein Mitglied auch mit Zwei-Drittel-Mehrheit ausgeschlossen werden | |
| kann. | |
| Lauer stellte sich damit gegen das Programm der Piratenpartei, in dem es | |
| heißt, „[1][dass Whistleblowing eine Form der Zivilcourage] ist, die | |
| unbedingt unterstützt und geschützt werden muss“. Die Partei wende sich | |
| daher „gegen die Einteilung in gute und schlechte Whistleblower. Die | |
| Einschätzung von Whistleblowing kann und darf nicht von der eigenen | |
| Interessenlage abhängen.“ | |
| ## Ausschluss der Öffentlichkeit | |
| Am Dienstag soll auf der Fraktionssitzung nach der undichten Stelle | |
| gefahndet werden. „Ich bin da ziemlich zuversichtlich“, sagte Lauer. Die | |
| Debatte werde allerdings nicht öffentlich sein. „Es hat sich einiges | |
| geändert, seit wir hier ins Abgeordnetenhaus eingezogen sind“, sagte Lauer. | |
| „Wenn wir uns alle noch an die erste Sitzung der Piratenfraktion erinnern, | |
| dann hat zur Qualität dieser Sitzung nicht unbedingt beigetragen, dass | |
| unter jeder Nase ein Mikrofon klemmte, im Zuschauerraum 50 Journalisten | |
| waren und man seine Stimme nicht mehr gehört hat, weil die ganze Zeit | |
| Auslöser geklickt haben.“ | |
| Einen Widerspruch zu den Forderungen nach Transparenz in der Politik sah | |
| Lauer nicht: „Keiner hat einen Anspruch darauf, transparent mitzubekommen, | |
| wie wir uns hier in der Piratenfraktion wie die Kesselflicker streiten.“ | |
| Die Abgeordnete Susanne Graf machte am [2][Freitagabend in einem | |
| Blogbeitrag] deutlich, sie könne die Quelle der Information nicht sein – | |
| weil sie nicht gewusst habe, dass Lauer mit ihrer Mitarbeiterin zusammen | |
| sei und diese die Tochter der Pressereferentin sei. | |
| ## Abgeordnete spricht von „Angstmache“ | |
| Graf warf Lauer vor, diese Informationen zunächst nur dem Fraktionsvorstand | |
| mitgeteilt zu haben: „Ist ja nett, dass er Heiko und Andreas Bescheid sagt. | |
| Aber es geht hier um meine Mitarbeiterin und er erachtet es nicht für | |
| nötig, mit mir darüber zu sprechen?“, schrieb Graf. „Wie oft haben wir uns | |
| seitdem auf Fraktionssitzungen gesehen? Da hätte man durchaus mal davor, | |
| oder danach kurz an die Seite gehen können und etwas sagen können.“ | |
| Zugleich wandte sie sich dagegen, den „Schuldigen“ nun zu suchen und | |
| eventuell aus der Fraktion auszuschließen: „Wollten wir nicht neue | |
| Politiker sein? Politiker, die andere Wege gehen? Wo ist das geblieben? Ich | |
| fühle mich verraten. Ich schäme mich für uns.“ | |
| Graf denkt offenbar nun selbst über einen Austritt nach: „Ich möchte kein | |
| Mitglied einer Fraktion sein, die ihren Mitglieder damit droht, ihr Recht | |
| auf parlamentarische Teilnahme zu entziehen.“ Diese „Angstmache“ sei nicht | |
| hinnehmbar, ihr Vertrauen in Lauer sei verletzt: „Christopher, ich | |
| akzeptiere dich nicht mehr als meinen Fraktionsvorstand.“ | |
| 18 May 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Whistleblowerschutz | |
| [2] http://www.grafsusanne.de/wordpress/ich-mochte-kein-spielball-sein/ | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Heiser | |
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