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# taz.de -- Presseschau Piratenparteitag: „Utopische Schrulligkeit“
> „Flotte Penetranz und unbekümmertem Dilettantismus“: Die Piraten geben
> sich kämpferisch. Aber die deutsche Presse fällt auch nach dem Parteitag
> ein skeptisches Urteil.
Bild: Was fürs Herz: So niedlich kann Politik sein.
Piraten-Chef Bernd Schlömer ging vor dem Abschluss des Parteitags zum
Frontalangriff gegen die etablierten Parteien über: Die CSU, die
„bayerischen Horden“ der CDU, versinke in Vetternwirtschaft. Die FDP sei
ein Lobbyverein, die SPD beim Datenschutz ein „netzpolitischer
Geisterfahrer“. Die Grünen seien altbacken geworden.
„Wir bereiten diesem Treiben ein Ende. Piraten, auf in den Bundestag“, rief
Schlömer am Sonntag im oberpfälzischen Neumarkt. Von den 1.200 anwesenden
Mitgliedern wurde der oft kritisierte Parteivorsitzende dafür gefeiert. Die
deutsche Presse ist da weniger optimistisch.
Tagesspiegel: „Zerrissen zwischen utopischer Schrulligkeit und dem
erzwungenen Wunsch nach Verantwortungsbereitschaft, gepeinigt von
politikuntauglichen Egomanen, bleiben die Piraten selbst dort offline, wo
sie mal ein paar Zentimeter Wasser unterm Kiel haben: der
Online-Abstimmung, die per Handzeichen abgelehnt wird. Das hätten die
anderen auch nicht schlechter gemacht. Und solche Typen wie den Berliner
Abgeordneten, der seine Freundin als Mitarbeiterin beschäftigt, aber Fragen
danach als Zumutung ablehnt, die hat ja sogar schon die CSU.“
Frankfurter Rundschau: „Es gibt also zwei Arten von Protest. Den
populistischen der steten Nein-Sager, denen Parlament schon immer mehr
Schwatzbude als Ort der Mitbestimmung war. Und den aufklärerischen der
Piraten als Demokratiekritik im Sinne der Demokratie. Als Partei sind die
Piraten gescheitert. Ihre Kritik am politischen Prozess aber verdient mehr
'liquid feedback'.“
Hannoversche Allgemeine Zeitung: „Die bisherigen Parteien sollten aufhören,
aus lauter Ehrerbietung vor der ominösen Netzpolitik einen Diener vor den
Piraten zu machen. Gewiss kam aus dieser Ecke der eine oder andere
interessante Impuls. Doch was soll man halten von einer Partei, die nun den
Menschen neben straflosen 30 Gramm Haschisch in der Tasche ein
bedingungsloses Grundeinkommen verspricht und fröhliches kostenloses
Bahnfahren? Da passt Wilhelm Busch: Oft trifft man wen, der Bilder malt –
viel seltener wen, der sie bezahlt.“
Leipziger Volkszeitung: „Das Piratenboot hat schwere Schlagseite. Der
frische Wind, der die Internet-Aktivisten nach vorn puschte, ist abgeflaut.
Ober-Pirat Bernd Schlömer hat deshalb seine PC-bewährte Mannschaft gestern
noch einmal so richtig wach-gerockt. Mit einer scharfen politischen Attacke
gegen die politische Konkurrenz. Angriff ist die beste Verteidigung. In
Neumarkt haben die Piraten vor allem selbst kräftig für eine frische Brise
gesorgt. Ob das freilich ausreichen wird, um tatsächlich den Bundestag zu
entern, ist völlig offen.“
Weser-Kurier: „Und das Parteiprogramm? Ist hier Euphorie angebracht?
Sicherlich nicht, allerdings darf man durchaus Respekt zollen: Forderungen
nach abhörsicherer E-Mail-Kommunikation,nach Reformen im Urheberrecht und
nach bezahlbarem Wohnraum machen deutlich, dass die Piraten mehr können als
nur Internet. Vieles ist schwammig formuliert, aber das ist in Ordnung.
Eine junge Partei muss lernen dürfen.“
Westdeutsche Zeitung: „Die gute Nachricht zuerst: Die Piraten sind reifer
geworden. Ihr Parteitag in der bayrischen Provinz ist nicht ganz so
chaotisch verlaufen wie gedacht. Und mit ihrem detailverliebten
Wahlprogramm haben sie zumindest ihr inhaltliches Vakuum geschlossen.“
Ostsee-Zeitung: „Mit flotter Penetranz und unbekümmertem Dilettantismus
pochen die Piraten auf Transparenz in der Politik. Offenheit statt
Hinterzimmerkungelei, wirkliche Gewissensfreiheit statt verordnetem
Fraktionszwang. Die Piraten wären, sollten sie es wirklich ins Parlament
schaffen, eine große Herausforderung für die etablierten Parteien.“
Mannheimer Morgen: „Mit Katharina Nocun könnte jemand gefunden sein, der,
ähnlich wie 2011/12 Marina Weisband die Piraten überzeugend vertritt.
Dennoch wäre es illusorisch, von einer 26-Jährigen zu erwarten, eine stark
aus Egomanen und Nonkonformisten bestehende Partei zusammenzuhalten. Dafür
ist den Piraten der Protest als Weg und Ziel zu wichtig. So könnten sie
zwar den Grünen Stimmen wegnehmen, die diesen wehtun, ebenso wie die AfD
der CDU/CSU. Gleichzeitig erscheint die Chance, den Bundestag zu entern,
erheblich kleiner als das Risiko, dabei zu kentern.“
Nürnberger Nachrichten: „Groß sind die thematischen Lücken im Programm der
Piraten – es fehlen etwa Aussagen zu Kernfragen der Außen- und
Verteidigungspolitik. Zu sehr fokussiert sich die Partei auf Randthemen, in
Neumarkt wurde etwa die Abschaffung der Zeitumstellung ins Programm
aufgenommen. Zu sehr reibt sie sich in giftigen Diskussionen um reine
Verfahrensfragen auf – die Debatte um die Ständige Mitgliederversammlung
scheint die Partei fast zu zerreißen. Seriöse Politik sieht anders aus.“
13 May 2013
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