# taz.de -- „Arte“-Themenabend übers Klima: Die Mär von der sauberen Ener… | |
> Zwei Dokus zeigen, wie Unternehmen die Klimaziele der EU unterlaufen – | |
> und die Politik dabei mithilft. Die Filme sind sehenswert, wenn auch | |
> schwer verdaulich. | |
Bild: Europas Hunger nach Energiepflanzen führt zur Vernichtung von Brasiliens… | |
Wolkenkratzer, die in den Himmel wachsen, Autokolonnen, die sich endlos | |
durch die Stadt wälzen: Shanghai, die bedeutendste Industriestadt Chinas, | |
ist das Symbol für den Aufstieg der Volksrepublik zu den führenden | |
Wirtschaftsmächten der Erde. Nirgendwo sonst auf der Welt ist der Bedarf an | |
Energie größer. China zahlt dafür einen hohen Preis. Es beutet seine | |
Kohlevorkommen ohne Rücksicht auf die Umwelt aus und verursacht dabei | |
Unmengen an klimaschädlichem Kohlendioxid. | |
In Europa ist der Hunger nach Energie auch gewaltig. Die Europäische Union | |
hat sich dagegen Klimaziele gesetzt. Was gut klingt, hat dennoch seine | |
Schattenseiten: Während europäische Unternehmen im heimischen Markt CO2 | |
einsparen, befördern sie im Ausland Raubbau an der Natur und am Menschen. | |
Der heutige Arte-Themenabend „Das Geschäft mit dem Klima“ verbindet beide | |
Aspekte und beleuchtet sie in zwei Dokumentationen in Erstausstrahlung. | |
In „Saubere Energie – Das falsche Versprechen“ von 2012 zeigen Steffen | |
Weber und Reinhard Hornung anhand von Biogas, Biosprit und Kohle, wie | |
zerstörerisch das Vorgehen europäischer Unternehmen ist. Da Mais ein | |
begehrter Rohstoff für Biogas und -sprit ist, wird er in Deutschland | |
zunehmend angebaut. Allein der Spritverbrauch für die 7.500 deutschen | |
Biogasanlagen erzeugt hochgerechnet 2,5 Millionen Tonnen CO2. Biomasse wird | |
zudem in immer größerem Maßstab aus dem fernen Ausland. | |
Ein bedeutender Handelspartner ist Brasilien. Für den wachsenden Bedarf an | |
neuen Maisanbauflächen werden dort Regenwälder abgeholzt, was ebenfalls | |
Massen an Kohlendioxid freisetzt. Genauso problematisch ist die Praxis des | |
„Co-Firing“: Konzerne wie E.On und GDF Suez mischen ihren Kohlekraftwerken | |
importierte Holzpellets bei. Sie waschen sich damit „grün“, erfüllen die | |
Kriterien der EU-Kommission und erhalten wertvolle Klimazertifikate. Die | |
Ökobilanz dieses Vorgehens ist dennoch niederschmetternd. | |
Denn durch solche Praktiken sinkt der CO-Ausstoß zwar in Europa, global | |
steigt er aber. Der Film macht deutlich: Die Europäische Union sieht dem | |
wenig „nachhaltigen“ Wirtschaften der in Europa sitzenden Unternehmen | |
tatenlos zu. Damit führt sie ihr Ziel ad absurdum, bis 2020 mindestens 20 | |
Prozent Treibhausgase einzusparen. | |
## Düstere Bilanz | |
Mit dem Handel mit Klimazertifikaten setzt sich die zweite | |
Arte-Dokumentation „Profit mit schmutziger Luft“ von 2012 auseinander. Die | |
Fernsehjournalistin Inge Altemeier, die mit dem Co-Autor des ersten Films, | |
Reinhard Hornung, eine Produktionsfirma führt, zieht darin eine düstere | |
Bilanz: 2005 in der Europäischen Union eingeführt, galten die als | |
Wertpapiere gehandelten CO-Ausstoßrechte anfangs als „Wunderwaffe gegen | |
Luftverschmutzung und Erderwärmung“. | |
Dadurch, dass die EU eine große Menge an Zertifikaten kostenlos in Umlauf | |
gebracht hat, ist ihr Wert aber gesunken – und damit auch die Motivation, | |
Kohlendioxid einzusparen. Altemeier zeigt, dass Politik und Wirtschaft in | |
Europa, aber auch in Staaten wie Indonesien und China ein Interesse daran | |
haben, dass es auch künftig dabei bleibt. | |
Sehenswert sind beide Dokumentationen. Weber, Hornung und Altemeier | |
erschlagen ihr Publikum jedoch auf zweifache Weise. Die Filmemacher | |
bombardieren den Zuschauer in jeweils 52 Minuten mit Informationen. Wer | |
sich für Energie interessiert, sich aber wenig damit auskennt, kommt bei | |
ihrem Tempo kaum mit. | |
Hinzu kommt: Ihr Szenario ist erschreckend, aber auch erschreckend | |
einseitig. Die klimafreundlichen Erfolge, die bereits mit Sonnen- und | |
Windenergie sowie Wasserkraft erreicht worden sind, lassen die Autoren | |
außen vor. Ein positiver Blick – ein „So könnte es funktionieren“ – f… | |
Das jedoch hätte ihren alles andere als leicht verdaulichen Filmen gut | |
getan. | |
Themenabend „Das Geschäft mit dem Klima“, Arte, Dienstag, ab 20.15 Uhr | |
14 May 2013 | |
## TAGS | |
CO2-Emissionen | |
CO2-Kompensation | |
Arte | |
Agrosprit | |
Raps | |
CO2-Emissionen | |
Bayerischer Rundfunk | |
Raps | |
Mais | |
Doha | |
EU-Kommission | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Agrardiesel auf dem Prüfstand: Wie bio ist der Biosprit? | |
Was die EU heute fördert, gilt morgen vielleicht schon als pfui. Nun stimmt | |
das EU-Parlament über die Biosprit-Förderung ab | |
Notbremse für die Umwelt: China will wieder atmen können | |
Das Land plant, seine Umweltverschmutzung einzudämmen. So soll der | |
CO2-Ausstoß binnen vier Jahren um 30 Prozent reduziert werden. | |
Neue BR-Jugendwelle „Puls“: Klassik statt Indierock | |
Der Bayerische Rundfunk startet seine neue Jugendwelle „Puls“. Sie soll | |
mehr Leute erreichen – nur wie? Eine UKW-Frequenz bekommt sie nicht. | |
Umweltbilanz Biosprit: Die Zukunft errechnen | |
Der Treibstoff vom Acker hat einen schlechten Ruf. Die Frage, wie schädlich | |
sein Anbau vor allem für Regenwälder ist, ist kaum zu beantworten. | |
Energie vom Acker: Potenzial für Mais und Raps | |
Ein neuer Atlas zeigt mögliche Flächen für Energiepflanzen in den | |
Bundesländern. Ihre Anbaufläche könnte sich fast verdoppeln. | |
Position der EU beim Weltklimagipfel: Beinahe lächerlich | |
Ob Emissionshandel oder CO2-Ausstoß, Europas Position als | |
Klimaschutz-Vorreiter bröckelt. Die EU ist isoliert, ihre aktuellen Ziele | |
sind unambitioniert. | |
EU-Förderung für Biosprit: Das Tier im Tank | |
Die EU-Kommission will Biosprit aus toten Tieren fördern. Doch Deutschland | |
sperrt sich. Die Tierfette würden von der Kosmetikindustrie gebraucht. |