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# taz.de -- Neue BR-Jugendwelle „Puls“: Klassik statt Indierock
> Der Bayerische Rundfunk startet seine neue Jugendwelle „Puls“. Sie soll
> mehr Leute erreichen – nur wie? Eine UKW-Frequenz bekommt sie nicht.
Bild: Flo von den Sportfreunden Stiller moderiert bei Puls „Die Sportflo Show…
Mit der Jugend hat sich der Bayerische Rundfunk schon immer schwergetan.
Mit einem Durchschnittsalter von 64 hat der BR das älteste Publikum des
Landes. Als letzte der neun ARD-Anstalten brachte er 2007 eine Jugendwelle
an den Start, und als einzige gibt er ihr keine UKW-Frequenz, sondern
versteckt sie da, wo sie kaum jemand hört: im Digitalen – empfangbar via
Internet, Kabel, Satellit und DAB.
Puls heißt der neue Sender, der das Vorgängerprogramm on3-radio ablöst. On3
galt als Indiewelle unter den ARD-Jugendsendern: Täglich vier Stunden live
moderiert, sonst lief eine Mischung aus Indie und Elektro. Das ändert sich
nun. Mit täglich 17 Stunden Livesendung wird Puls zum Vollprogramm und soll
ein breiteres Publikum ansprechen: „Das Problem von on3 war die zu enge
Zielgruppe“, sagt Thomas Müller, neuer Chef von Puls. „Wir haben Themen
behandelt, für die man viel Vorwissen brauchte. On3 war ein Sender für die
hippen Studenten, aber das Gros der Leute ist kein hipper Student.“
Puls verjüngt sich, schraubt die Zielgruppe auf Anfang 20 und verpackt die
Themen in jugendgerechte Sprache: Fremdwörter sollen öfter erklärt,
englische Interviews übersetzt werden. Dazu gibt es halbstündlich
Nachrichten.
Auch die Musik öffnet sich dem Mainstream. Britney Spears war bei on3
unvorstellbar. Jetzt folgt sie auf schwedische Indiebands. Für Christoph
Lindemann, Musikchef von Puls, ist das kein Widerspruch: „Wir wollen gute
Popmusik spielen. Indie ist weiter wichtig, aber wieso sollten wir einen
Song ausschließen, nur weil er in den Charts steht?“ Vielleicht, um sich
von den Privatradios abzugrenzen? „Das ist doch Quatsch“, sagt Lindemann.
Die Zeit des „Indiesnobismus“ von on3 sei vorbei.
## Dritte Revolution in sechs Jahren
Mit Puls erfindet sich das bayerische Jugendprogramm zum dritten Mal
innerhalb von sechs Jahren neu. Als Ulrich Wilhelm vor gut zwei Jahren die
Intendanz des BR übernahm, schrieb er sich die Förderung der jungen
Programme auf die Fahnen. Mehr Geld gab es dafür aber nicht. Also wurde das
teure Jugendfernsehen entschlackt und das Radioprogramm ausgebaut. Nur, was
bringt all das, wenn Puls keine UKW-Frequenz bekommt? Wenig, glaubt Walter
Schmich, Programmleiter für BR-Jugend. Schmich zweifelt nicht daran, dass
die Zukunft des Radios im Digitalen liegt, „aber um Puls auf Anhieb
erfolgreich zu machen, bräuchten wir den UKW-Ausspielweg“, sagt er. Aber
der steht nicht in Aussicht.
Das Bayerische Rundfunkgesetz schreibt vor, dass der BR bis zu fünf
Hörfunkprogramme analog bespielen darf. Die sind momentan belegt mit Pop-
und Kulturwelle, Oldie-, Info- und Klassikkanal. Doch lediglich 1,3 Prozent
der Bayern hören täglich BR-Klassik. Kaum ein anderer der insgesamt rund 50
öffentlich-rechtlichen Radiosender in Deutschland wird von so wenig
Menschen gehört. Walter Schmich glaubt, dass ein Jugendprogramm über UKW
hingegen aus dem Stand 6 Prozent Reichweite erzielen könnte.
## Klangkörper müssen bleiben
Warum also nicht BR-Klassik durch Puls ersetzen? „BR-Klassik ist das
einzige reine Klassikprogramm in Deutschland. Diese Alleinstellung und das
breite Repertoire der BR-Klangkörper machen den Sender so wertvoll“, sagt
Pressesprecher Christian Nitsche. Die Klangkörper, das sind zwei Orchester
und ein Chor, die durch ihre Tourneen „ein kulturelles Markenzeichen“
Deutschlands geworden seien, meint Nitsche. Auch der Rundfunkrat hält an
dem Sender fest. Unter den 47 Mitgliedern sitzt aber auch nur ein Vertreter
für die Jugend.
Immerhin: Puls bekommt ein kleines Sendefenster bei Bayern 3, freitags von
22 bis 5 Uhr. Dann läuft Musik und ein Best-of der Woche. Aber wer von den
potenziellen Puls-Hörern sitzt schon in der Nacht von Freitag auf Samstag
vor dem Radio?
16 May 2013
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
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